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Die Tage sind gezählt

Die Tage sind gezählt

Titel: Die Tage sind gezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Autogramm und ein paar markige Worte des berühmten Maurice Lafleur. Von mir, wie?«
    »Ja, warum …«
    »Warten Sie.« Er stand auf und riß mit einem Griff einen ganzen Bücherstapel aus dem Regal, den er in Mauriceʼ geöffnete Arme warf. »Hier«, sagte er dabei. »Das ist für Sie. Sie können damit Ihren Kamin anheizen, wenn Sie wollen. Es sind alles Vorzugsausgaben, numeriert und handsigniert. Bitte schön.«
    Als Maurice einige Minuten später verblüfft durch die Straßen des nächtlichen Paris wanderte, fiel ihm die Wahrheit wie ein Pflasterstein auf die Füße.
    Und als er danach im Flugzeug saß – auf dem Weg nach Montreal – fiel dieser Pflasterstein noch ein wenig tiefer, nämlich in dem Moment, wie Maurice Lafleur der Ältere, der auch in der Maschine saß, zu ihm kam, um mit ihm zu reden.
    In Montreal des Jahres 1970 fiel er allerdings nicht mehr. Dafür lag er schwer in Mauriceʼ Magen. Er beschloß, der Sache ein Ende zu machen, und klingelte bei Deschamps an.
    Wie erwartet, saß bei Deschamps der ältere Lafleur. »Ich sehe, daß ich gerade richtig komme«, sagte er dumpf, in der Tür stehend. »Guten Tag, Herr Lafleur.«
    »Tag«, sagte der ältere Lafleur ein wenig verdutzt.
    »Sie kennen einander?« fragte Deschamps.
    »Ja, ja«, sagte der ältere Lafleur.
    »Ja, ja«, lachte Maurice.
    »Aha«, meinte Deschamps. »Nun erinnere ich mich. Sie sind gekommen, um nachzusehen, ob alles richtig verlaufen ist, nicht wahr?«
    »Genau.« Maurice lachte vergnügt. Es stimmte alles.
    »Nun, wie Sie sehen …«
    »Fein«, sagte Maurice. »Nun zur Sache, meine Herren. Ich verabschiede mich.« Deschamps geleitete ihn wieder nach draußen. Etwas später hörte Maurice, wie die Tür geöffnet wurde und Deschamps seinen Namen rief. Er stand an der Tür. Maurice kehrte zurück.
    »Sie haben es nun endlich begriffen?« fragte Deschamps.
    »Ja, Maurice Lafleur«, grinste Maurice.
    »Fein. Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, Maurice. Wenn du richtig mitgedacht hast, wirst du wissen, daß ich das alles habe ebenfalls durchmachen müssen. Früher.«
    »Also bist du derjenige von uns beiden, der die Möglichkeit erfunden hat, ohne Arbeit sein Auskommen zu haben?«
    »Mhmmm.«
    »Und ich muß wieder zurück, um zwanzig Jahre lang für dich zu schreiben, he?«
    »Inder Tat. Aber was bedeutet das schon? Du bist ich, und ich bin du.«
    »Okay«, meinte Maurice, dem nun doch ein wenig schwindlig war.
    »Es ist alles bestens geregelt«, fuhr der andere fort. »Du schreibst für mich, aber weil das Unglück nun mal geschehen ist, wirst du an Gedächtnisverlust leiden und nichts davon wissen. Und … die zwanzig arbeitsamen Jahre … Sie waren doch auch ganz nett, oder nicht?«
    »Nun ja«, gab Maurice zu.
    »Na, siehst du. Für mich waren die zwanzig Jahre ein seliges Nichtstun.«
    Maurice dachte kurz nach. »Da ist noch etwas, das ich nicht begreife«, sagte er. »Als ich ins Jahr 1950 zurückkehrte, war ich derselbe Maurice, der damals auch gelebt hat. Ich … kam in meiner eigenen Vergangenheit an. Aber nun sind wir mit zwei Maurice Lafleurs in der gleichen Zeit. Wie kann das angehen?«
    »Ich kann es nicht erklären«, sagte der andere einfach. »Ich weiß nur, daß es prima klappt, denn auch ich habe das alles mitgemacht, das darfst du nicht vergessen …«
    »Okay«, sagte Maurice und gab auf. »Aber wo, in Gottes Namen, kommt diese Zeitmaschine her?«
    »Von wem bekamst du sie?«
    »Von dir … also von mir selbst.«
    »Eben. Und von wem, glaubst du, habe ich sie bekommen? Natürlich auch von mir selbst.«
    »Ähm«, machte Maurice nach einer Weile, »ich habe den Eindruck, daß selbst jahrhundertelange Nachforschungen hier keine Lösung bringen werden. Wenn ich richtig verstanden habe, muß ich jetzt zurück ins Jahr 1950, um die Bücher herauszubringen?«
    »In der Tat.«
    »Und dann?«
    »Und dann? Weißt du das wirklich nicht?«
    »Nein.«
    Dann gehst du hin und stiehlst dein eigenes Geld. Du erinnerst dich doch.« Verdammt noch mal! Das stimmte ja! Der Dieb. Deschamps junior. Und Deschamps war Lafleur, also … Maurice nahm Abschied, ein wenig durcheinander.
    Im Jahre 1950 hatte er nicht die geringste Mühe, die Bücher herauszubringen. Er kam gut ins Geschäft.
    Danach ging er kühl in das Hotel, in dem er, wie er wußte, sich selbst und seine Frau antreffen würde. Er stahl die zwanzigtausend Dollar. Immer noch kühl, weil ihm nun etwas klargeworden war. Weil Liliane ihm am Abend zuvor etwas erzählt

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