Die Tage sind gezählt
Schmutzfink mit seinen Drinks! Wenn Claudan das erfuhr!
Die Halswunde brannte, und sie fragte sich, wie sie dazu gekommen war. Vielleicht durch einen von Luccars spitzen Ringen? Sie ging zum Waschbecken hinüber und aktivierte es. Kein Wasser da. Verdammtes Mistding! Schon wieder ein Defekt. Das bedeutete, daß sie zu Evyn hinübergehen mußte, um sich zu erfrischen.
Während sie in ihr Kleid schlüpfte, überlegte sie sich bereits eine Ausrede, mit der sie den Schnitt an ihrem Hals erklären konnte.
Auf der Suche nach Luccar hatte Gott bereits eine ganze Reihe von Korridoren durchquert, als er in den unteren Etagen auf eine Horde frei herumlaufender Tierdiener stieß. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wieso sie nicht eingeschlossen waren, brüllte er: »Aus dem Weg! Macht Platz für Gott! Hinweg mit dem Geschmeiß!«
Todesmutig warf er sich ihnen entgegen, während das Vibromesser in seiner Hand drohend summte. Lautes Johlen antwortete ihm. Ein Feuerstrahl zeichnete einen schwarzbrennenden Streifen neben ihn in die Wand.
Er sprang ihnen entgegen und kreischte: »Ich bin Gott!« Wie ein durchdrehender Automat hieb er mit dem Messer auf sie ein. Schmerzensschreie ertönten, die Klinge färbte sich rot. Etwas traf ihn in der Magengegend und stieß ihn nach hinten. Flammen züngelten plötzlich an seinen Kleidern empor.
Dann waren die Tierdiener wie ein reißendes Wolfsrudel über ihm. Claudan trat um sich. Ziellos stach er mit dem Messer, dessen Klinge längst abgebrochen war, in die Runde. »Das kann nicht sein«, flüsterte er wirr und spuckte Blut. »Ich bin … Gott … ich bin …«
Er fühlte, wie die Elektropeitschen auf ihn niedersausten, so lange, bis er bewegungslos dalag, mit einem ungläubigen, entsetzten Ausdruck in den Augen.
Die beiden nonCobs bogen gerade um die Ecke, als sie die beiden liegenden Gestalten sahen. Sie zogen sofort ihre Lähmer, aber ihre Vorsicht erwies sich als überflüssig. Die beiden scheinbaren Schläfer erwiesen sich bei näherem Hinsehen als unfähig, auch nur den kleinsten Finger zu rühren.
Einer der nonCobs machte sich die Mühe und legte sie auf den Rücken. Es waren Greise mit faltenübersäten Gesichtern und aufgerissenen Augen. Einer der beiden war beinahe kahl, der andere hatte grauweißes, strähniges Haar. Beide atmeten flach und mit pfeifenden Lungen, als hätten ihre Körper die größten Schwierigkeiten, diese existentielle Lebensfunktion zu erfüllen. Beide Männer wiesen keinerlei Verletzungen auf. Sie schienen in einer Art Hypnoseschlaf zu liegen.
Die nonCobs sprachen auf sie ein und schüttelten sie, jedoch ohne erkenntlichen Erfolg. Schließlich meldeten sie ihre Entdeckung der Alphor und erhielten zur Antwort, daß selbst der Esper diese Geschichte nicht begriff. Die Männer brachen wieder auf, ohne sich weiter um die narkotisierten Greise zu kümmern. Offenbar befanden sie sich zumindest auf dem richtigen Weg – in der bewohnten Sektion der Kuppelstadt.
Vegal öffnete die Tür, ohne den Summer zu betätigen, denn sie wußte, daß Evyn darauf keinen Wert legte.
»Evyn?« rief sie. Und noch einmal: »Evyn?«
Die im Sessel sitzende Gestalt antwortete ihr nicht, nicht einmal dann, als Vegal ihre Schulter berührte. Etwas stimmte mit Evyn nicht. Vegal suchte ihren Blick, kniete vor dem Mädchen nieder und fragte: »Evyn, stimmt irgend etwas nicht?«
Evyns Blick ging in die Leere. Sie zeigte keinerlei Reaktion. Vegal stand auf. Sie fühlte sich hilflos. Sie mußte jemanden holen. Als sie sich auf die Tür zubewegte, drangen tierische Laute vom Gang her an ihre Ohren. Sie verlor keine Sekunde, warf sie ins Schloß und verriegelte sie. Zitternd hörte sie, wie der blutdurstige Trupp in Richtung auf den Hauptkontrollraum durch den Korridor trampelte.
Fäuste schlugen wütend gegen die Tür, aber ihr erschien dies eher ein Ausdruck von Freude oder Wut zu sein, als der Versuch, in den dahinterliegenden Raum hineinzugelangen. Sie konnten nicht wissen, daß sich jemand hinter der Tür verbarg.
Vegal atmete auf, als die Schritte sich entfernten. Ich muß hier weg , dachte sie hysterisch. Aber wohin? Wahrscheinlich haben sie bereits alle Waffenschränke geplündert. Ich muß nach unten. Dort kann ich mich verstecken.
Dieser Gedanke nahm sie völlig gefangen. Sie rannte durch die Korridore in Richtung Maschinenraum.
Eine Weile später stand Evyn mühsam auf und verließ wie ein Schlafwandler ebenfalls den Raum. Die Lichterstrahlen der Kugellampen
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