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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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entscheiden und notfalls das ganze Geld bei einem einzigen Mitgliedsland eintreiben, ohne dass dieses Land eine Einrede erheben könnte.
    Es scheint, als wurde der Punkt übersehen, oder er war so heikel, dass man ihn lieber ausgeklammert hat. Mit viel Sorgfalt muss die Entscheidung, ob man einem Land Kredit gibt, vorbereitet und dann auch mit einer qualifizierten Mehrheit von 85 % der Stimmen beschlossen werden. Dagegen kann sich der deutsche Repräsentantwehren, weil Deutschland über die Sperrminorität verfügt.  33 Aber bei der entscheidenden Frage, wie die Verluste aus dem Geschäftsbetrieb entstehen können und entstehen dürfen, schweigt sich der Vertrag aus. Insofern stellt Deutschland anderen Staaten mit dem ESM einen Blanko-Scheck aus.

DIE BANKENUNION
    Etwas eigenartig mutet Artikel 15 Absatz 1 des ESM-Vertrages an, nach dem eine Zweckbindung der intergouvernementalen Hilfen für die Banken eines Staates möglich ist. Da niemand eine solche Zweckbindung dem Hilfe empfangenden Staat hätte verweigern wollen, fragt man sich, was diese Regel eigentlich soll.
    Die Antwort gab der EU-Gipfel vom 28./29. Juni 2012, denn es wurde dort vereinbart, dass der ESM seine Mittel auch direkt an dienotleidenden Banken eines Landes auszahlen darf. Im Beschlusstext heißt es:
    »Sobald unter Einbeziehung der EZB ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets eingerichtet worden ist, hätte der ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit, Banken direkt zu rekapitalisieren.«   44
    Das ist weniger harmlos, als es klingt, denn gemeint ist natürlich nicht, auf welches Konto die Hilfsmittel überwiesen werden, sondern wer haftet, wenn etwas schiefgeht und das Kapital, das der Fonds zur Verfügung stellt, verloren geht. Nach der bisherigen Formulierung des Vertrages haftet immer der Staat, der den Hilfsantrag gestellt hat. Im konkreten Fall müsste also Spanien einen Hilfsantrag stellen und müsste ein sogenanntes Memorandum of Understanding unterschreiben, mit dem seine Souveränität eingeschränkt wird. Erst dann könnte es Hilfskredite empfangen, die es als Eigen- oder Fremdkapital an seine Banken weiterreicht. Für die Rückzahlung der Kredite bliebe der spanische Staat verantwortlich, unabhängig davon, ob die spanischen Banken zurückzahlen können. Nach der neuen Vereinbarung soll aber nicht mehr Spanien für die Rückzahlung des den Banken zur Verfügung gestellten Kapitals haften, sondern die Staatengemeinschaft.
    Deutschland wäre danach mit 27 % an den Verlusten, die der Fonds in Spanien erleidet, beteiligt, doch Spanien selbst nur mit 12 %. Falls Spanien als Garantiegeber für den ESM ausfällt, würde Deutschland gar zu 31 % haften. Falls auch alle anderen Garantieländer ausfielen, was ein sicherlich unrealistischer Fall ist, würde Deutschland, wie im vorigen Abschnitt erläutert wurde, im vollen Umfang der Haftungsgrenze notfalls auch allein für die Verluste haften, die der Fonds durch die Finanzierung der spanischen Banken ansammelt.
    Die Haftung für die Banken beginnt allerdings noch nicht sofort, sondern erst, wenn ein gemeinsames europäisches Recht zur Bankenaufsicht nebst einer Behörde geschaffen wurde, die die Bankenaufsicht übernimmt. Diese Behörde, die einige direkt bei der EZB ansiedeln wollen, hätte das Recht, Banken notfalls zu schließen oder zu zerschlagen, aber eben auch das Recht, Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
    Grundsätzlich ist die Schaffung einer gemeinsamen Bankenaufsicht für die EU-Länder oder notfalls auch die Euroländer sicher ratsam, denn der Wettbewerb der nationalen Bankenregulierungssysteme droht regelmäßig zu einem Laschheitswettbewerb zu verkommen.  45 Bei der Wahl zwischen einer strengen Regulierung, die die Gläubiger der Banken schützt, und einer laschen Regulierung, die den Banken hilft, entscheiden sich die nationalen Regulierungsbehörden, die im Standortwettbewerb mit anderen nationalen Regulierungsbehörden stehen und das Bankgeschäft ins jeweilige Inland ziehen möchten, allzu häufig für eine Parteinahme zugunsten der eigenen Banken. Auf diese Weise schafft man Arbeitsplätze zu Hause und hilft den Eigentümern der Banken, die politisch zumeist gut organisiert sind. Zu den Gläubigern, zu deren Lasten die lasche Regulierung geht, gehören Banken aus aller Welt, die ihre Interbankenkredite zur Verfügung gestellt haben, und andere internationale Investoren, die die Bankschuldverschreibungen der

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