Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
das haftende Eigenkapital soll die Käufer der Anleihen vor dem Insolvenzrisiko der Staaten schützen, die Hilfe empfangen.
Wie anhand von Abbildung 9.1 schon dargelegt wurde, waren durch die Vorläufer des ESM inklusive der Mittel der EZB und des IWF bis zum Sommer 2012 bereits für 1421 Milliarden Euro Kredite ausgereicht und für 1552 Milliarden Euro zugesagt worden. Beim Ausfall und Austritt der GIIPSZ-Länder impliziert dies, wie gezeigt, einen möglichen deutschen Verlust von 537 Milliarden Euro bzw. 578 Milliarden Euro. Durch die ESM-Mittel erweitert sich der Haftungspegel der Staatengemeinschaft um das Ausleihvolumen von 500 Milliarden Euro. Addiert man ferner bislang schon in Aussicht gestellte, aber noch nicht abgerufene Kreditmittel des IWF in Höhe von 183 Milliarden Euro, ergibt sich über alle Programme ein Ausleihvolumen von 2236 Milliarden Euro und eine deutsche Haftung im Fall des Austritts und der Pleite der GIIPSZ-Länder von 779 Milliarden Euro. Dabei ist eine Haftung für den deutschen IWF-Anteil in Höhe von 18 Milliarden Euro und für den ESM in Höhe der erwähnten 190 Milliarden Euro angenommen worden.
Bei dieser Rechnung ist berücksichtigt, dass der bisherige Luxemburger Fonds EFSF parallel zum ESM weiterlaufen wird. Ursprünglich hieß es, dass der ESM die Mittel der EFSF umschließt und an dessen Stelle tritt. Aber das wurde mit den Beschlüssen der Finanzminister vom 30. März 2012 geändert. Nun sollen beide Rettungssysteme bis zum 30. Juni 2013 gleichzeitig genutzt werden, und erst einmal soll der alte Fonds verbraucht werden. So gesehen, stehen also auf der Basis des Datenstandes vom 10. August 2012 zusätzlich zu den schon ausgereichten Mitteln in Höhe von 1421 Milliarden Euro weitere 815 Milliarden Euro zur Verfügung, wobei mögliche neue Hilfen über Staatspapierkäufe der EZB und Target-Kredite, die schon absehbar sind, nicht berücksichtigt wurden, weil ihr Volumen von den weiteren Beschlüssen des EZB-Rates abhängt.
Der Verlust Deutschlands läge im Extremfall eines Konkurses und Austrittes der sechs Krisenländer und einer Ausschöpfung des ESM und der vom IWF bereitgestellten Mittel durch diese Länder, jedoch ohne eine Ausweitung der EZB-Hilfen, bei 779 Milliarden Euro. Dabei ist freilich unterstellt worden, dass der Eurodiese Konkurswelle überlebt. Wenn er nämlich überlebt, teilen sich die restlichen Euroländer die Lasten nach ihren Kapitalanteilen.
Abbildung 10.1: Der Haftungspegel mit ESM und IWF-Hilfen (Milliarden Euro; Ausschöpfung aller Hilfsprogramme ohne Erhöhung der EZB-Kredite, Kenntnisstand August 2012)
* Datenstand: 10. August 2012.
** Griechenland, Irland, Portugal, Zypern: Ende Mai 2012; Italien, Spanien: Ende Juli 2012.
*** Stand: Ende Mai 2012.
**** Bei Zahlungsausfall und Austritt der GIIPSZ-Länder.
Hinweis: Da die dargestellten Einzelziffern gerundet sind, ist ihre Summe nicht genau gleich der gerundeten Summe der exakten Einzelziffern.
Quelle: ifo Haftungspegel.
Falls der Euro zu Bruch geht, kommen, wie oben in Zusammenhang mit Abbildung 9.2 schon dargelegt wurde, nochmals 139 Milliarden Euro hinzu. Die Gesamthaftung Deutschlands liegt dann bei 918 Milliarden Euro.
Zieht man in Betracht, dass die EZB ihre Ankündigung wahrmacht, notfalls unbegrenzt Staatspapiere der südlichen Länder zu kaufen, ist natürlich auch der Haftungspegel im Grunde nur noch durch die gesamten Staatsschulden der anderen Euroländer begrenzt. Die genannte Summe würde sich dann um den deutschen Anteil an den noch nicht erworbenen Staatsschuldenpapieren der Krisenländer, also 27% von ca. 3,2 Billionen Euro oder ca. 860 Milliarden Euro erhöhen.
Es sei noch einmal betont, dass diese Rechnungen nicht ausdrücken sollen, dass diese Ereignisse wahrscheinlich sind. Vermutlich werden harte Konkurse vermieden. Aber wenn das so ist, dann möglicherweise nur deshalb, weil die Staatengemeinschaft im Sinne der im vorigen Kapitel analysierten Pfadabhängigkeit der Politik immer wieder genug neue Hilfen bereitstellen wird, um den Kollaps zu verhindern – wie der erwähnte Bankdirektor, der den Konkurs seines notleidenden Kunden mit immer wieder erneuerten Krediten verhindert oder hinauszögert. Die durch diese Pfadabhängigkeit erzwungenen neuen Hilfen machen die Lasten für die Retter aber nicht kleiner, sondern vermutlich eher größer als das, was die Zahlen besagen, weil die Politikmaßnahmen, die dem Fass einen Boden einziehen würden, unterbleiben.
Auch der ESM
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