Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Sitzländer, die Aktionäre und die Gläubiger der Banken die letzte dieser Lösungen vorziehen und deshalb eine Bankenunion propagieren. Natürlich tun sie das nicht mit der Begründung, dass sie Lasten auf Dritte verschieben wollen, sondern mit objektiven Argumenten wie dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Regulierung und der Behauptung, dass sonst die Welt untergehe.
Eine Vergemeinschaftung der Bankrisiken lässt sich aus ökonomischer Sicht mit dem Versicherungsargument begründen. Da man nicht weiß, wer den Schaden haben wird, schließen sich Menschen zu einer Solidar- oder Versicherungsgemeinschaft zusammen, um sich die Lasten zu teilen, wenn ein Schaden auftritt. Das ist ein legitimes volkswirtschaftliches Argument für die Kollektivierung von Risiken, freilich eines, das dort an seine Grenzen stößt, wo die Kollektivierung zu opportunistischem Verhalten führt, das die zu versichernde Gefahr noch vergrößert (moralisches Risiko).
Selbst dieses so eingeschränkte Versicherungsargument greift aber nur, wenn das Schutzversprechen getroffen wird, bevor der Schaden eingetreten ist. Für ein brennendes Haus kann man keine Brandversicherung mehr kaufen.
Natürlich würde man dem Nachbarn in diesem Fall trotzdem helfen und sich an den Löscharbeiten beteiligen. In diesem Sinne sollte man in der EU und in der Eurozone den bedrängten Ländern schon mit Liquiditätshilfen zur Seite stehen. Wie das geschehen kann, wird im nächsten Kapitel noch eingehend erörtert. Aber man würde dem Nachbarn doch nicht so viel Geld geben, dass er sich davon wieder ein neues Haus bauen kann. Das täte man nur, wenn man sich mit ihm und anderen zuvor formell an einer Versicherung auf Gegenseitigkeit beteiligt hätte.
Eine solche Versicherung ist indes in der EU und in der Eurozone bislang nicht zustande gekommen, schon gar nicht für die Geschäfte des privaten Sektors. Sie wird im Gegenteil durch das Beistandsverbot des Maastrichter Vertrages (Art. 125 AEUV) explizit ausgeschlossen. Um eine Versicherung geht es im vorliegenden Fall also nicht, sondern um die Suche nach dem Dummen, der anstelle der insolventen Schuldner die Abschreibungslasten übernimmt.
DIE SCHULDEN DER BANKEN UND STAATEN
Manch einer mag denken, dass es bei all der Schuldensozialisierung in Europa auf die paar Banken der Südländer nun auch nicht mehr ankomme. Man könne die Schulden der Banken nun ebenso absichern wie die Schulden der Staaten und insofern Abschreibungsverluste bei den Inhabern der Forderungen gegen die Banken vermeiden. Aber weit gefehlt: Die Lasten, die hier drohen, sind um ein Vielfaches größer als die möglichen Lasten aus der Vergemeinschaftung der Staatsschulden.
Abbildung 10.2 gibt einen Überblick über die Staats- und Bankenschulden der Krisenländer. Die obere linke Säule zeigt die Staatsschulden. Die Summe dieser Schulden lag zuletzt bei 3,379 Billionen Euro. Die lange Säule rechts davon zeigt die Bankenschulden der Krisenländer, also das Geld, das die Banken sich geliehen haben, um es selbst weiterzuverleihen.
Die Schulden der Banken sind in der Abbildung in drei Kategorien aufgeteilt, die jeweils hellere Farbe zeigt die Einlagen, also die Spar- und Girokonten von Ansässigen des Eurogebiets, wobei der eingerahmte Teil nur die Girokonten zeigt. Die Säulenteile in der jeweils kräftigeren Farbe zeigen jene Schulden der Banken, die nicht zu den Einlagen gehören, also insbesondere Kredite, die die Banken vom Kapitalmarkt bekommen haben, sowie Bankschuldverschreibungen und andere Anlagen, die sie selbst zu ihrer Finanzierung ausgegeben haben. Auch die Refinanzierungskredite, die sie von der jeweiligen nationalen Notenbank bezogen, zählen dazu.
Abbildung 10.2: Staatsschulden und Bankenschulden der GIIPSZ-Länder (Milliarden Euro; Kenntnisstand August 2012)
Bemerkung: Der Teil der Bankenschulden, der auf die Einlagen von Ansässigen im Euro-Währungsgebiet (ohne monetäre Finanzinstitute und Zentralstaaten) entfällt, ist jeweils in einer aufgehellten Farbe dargestellt. Diese Einlagen haben ein Volumen von 3715 Milliarden Euro. Bei den besonders hervorgehobenen Teilstücken der Einlagen handelt es sich um Girokonten (insgesamt 1418 Milliarden Euro).
Hinweis: Da die dargestellten Einzelziffern gerundet sind, ist ihre Summe nicht genau gleich der gerundeten Summe der exakten Einzelziffern.
Quelle: Eurostat, Wirtschaft und Finanzen , Sektor Staat; Deutsche Bundesbank, Zeitreihen-Datenbank , ESZB-Zeitreihen, Bilanzstatistik
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