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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Liebling bist und seine Heiratspläne erfüllst.«
    Sidonias Miene wurde kalt. »Bring dein Studium zum Abschluss, und nimm Anteil an Vaters Geschäften, dann wirst du mich als sein Liebling ersetzen.«
    Lambert sprang vom Bett auf.
    »Mir sind die Schacherei um Geld und Glanz und sein hohler Glaube ein Gräuel. Peter Fliestedten sagt, dass unter dem Deckmantel des Glaubens die dunkelsten Sünden begangen werden. Fliestedten ...«
    »Wer ist Fliestedten?«, fragte Sidonia scharf und zog das Leinentuch eng um ihren Körper.
    »Fliestedten ist Student der Theologie. Ein wagemutiger Geist, ein Lutheraner, kein doppelzüngiger Pfaffe.«
    »Hat er dich auf die Idee mit der Fahne gebracht?«
    »Nein, so was nennt er Humpelwerk. Fliestedten hat größere Pläne, die Köln aus seiner Trägheit aufwecken werden, so wie Wittenberg, Augsburg, Nürnberg ...«
    »Vergiss große Pläne, vergiss sie ganz schnell«, warnte Sidonia, während Lunetta ihren Rücken trockenrieb. »Lies deine Bücher über die Halsgerichtsordnung und die Gesetze über das Ketzertum. Der Verdacht evangelischer Umtriebe in einem Kölner Haus genügt, um dem Henkerschwert zu verfallen und sein Vermögen zu verlieren. Treib es nicht zu weit, sonst wird Vaters Einfluss nicht reichen, um dich zu retten.«
    Lunetta unterbrach ihre Bemühungen, stahl sich unbemerkt zur Fensterbank und griff nach ihrem Kartenspiel.
    Lambert fluchte. »Ich pfeife auf seine Geschäfte und Verbindungen. Es muss Schluss sein mit der falschen Religion. Wo bleibt die christliche Nächstenliebe?«
    Sidonia griff nach einem Hornkamm und fuhr sich mit wütenden Strichen durchs Haar. Lunetta hielt ihr einen Spiegel hin.
    »Ach, Lambert, eben hast du unter Nächstenliebe verstanden, die Hand unter den Rock einer Magd zu schieben. Geh am Nachmittag zum Schützenfest, und kühle deinen Übermut beim Armbrustschießen auf den Holzvogel, damit kannst du Mädchen beeindrucken.«
    Lambert stürmte zur Kammertür. »Du weißt nichts von dem, was mich und meine Gefährten umtreibt. Du bist oberflächlich und eitel. Heirate du nur den Herrn Adrian von Löwenstein.«
    Klirrend ließ Lunetta den Spiegel fallen, der in hunderte Scherben zersprang.
    Lambert wütete weiter: »Ich werde euch zeigen, was es heißt, furchtlos für Gott zu streiten. Noch heute Abend wird Köln in seinen Grundfesten erschüttert.«
    Als sich die Tür hinter ihm schloss, wandte Sidonia sich tadelnd an Lunetta. »Der hübsche Spiegel!«
    Das Mädchen stand zitternd vor ihr, ein trauriger Narr, der zwei Karten aus der seidenen Hose zog.
    »Ach, Lunetta, wieder der Turm! Und was ist das?« Mit zusammengekniffenen Augen entzifferte sie den Namen der anderen Karte.
    » El sumo sacerdote. Ist das eine Art Priester oder Mönch?« Lunetta nickte vage. Sidonia ging nachdenklich zu ihrem Bett, wo sie ein Büchlein entdeckte, das Lambert aus der Tasche gefallen war. Sie schlug es auf und stöhnte.
    »Vom Papsttum zu Rom« las sie auf dem Deckblatt, darunter »von Dr. Martin Luther« , gedruckt zu Köln im Jahre des Herrn 1527. Der Drucker hatte darauf verzichtet, sein Zeichen ins Papier zu prägen. Seit acht Jahren herrschte strengste Zensur gegen alle reformatorischen Schriften in der Domstadt. Kölns Universität hatte die Schriften des Wittenberger Mönches als Erste verbrannt. »Papierhenker« und »Gedankenmörder« nannte der Drucker Pirckmann die Bücherwächter, die ihn um gute Verdienste brachten. Doch Luthers Schriften hätte er nicht zu verlegen gewagt. Mit heißen Fingern blätterte Sidonia in den Seiten.
    »Der Papst ist ein Sauhirte, seine Worte sind Blendwerk und Teufelsbuhlschaft ... das Papsttum ist noch lange nicht genug zerscholten und zerschrieben!« Sidonia ließ das Buch sinken. Lunetta betrachtete sie aufmerksam.
    »Fürwahr«, flüsterte Sidonia, »das würde genügen, um unser Haus einstürzen zu lassen.«
    Sie hatte die Gefahr, in die Lambert sich und die Familie brachte, unterschätzt. Sollte der brennende Turm sie warnen?
    »Verdammt, ich muss diesen Esel aufhalten.« Heute Abend, hatte Lambert gesagt, würde Köln erschüttert. Sie musste mit dem Vater reden. Zorn stieg in Sidonia hoch.
    Längst hätte ihr Bruder in das väterliche Geschäft einsteigen und reisen können, wohin es ihm beliebte. Antwerpen, London, Barcelona – überallhin hatte der Vater Verbindungen. Lambert könnte tätig sein, statt dumpf in Weinstuben zu hocken, wo Narren Reden über die Veränderung der Welt schwangen. Die Welt blieb

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