Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
öffnete auf Sidonias Geheiß einen Spaltbreit die Tür und unterbrach das Flüstern. »Ihr könnt nicht hinein, junger Herr, Eure Schwester nimmt ein Bad!« Lambert schob sich an der Magd vorbei und zog die Tür hinter sich zu.
»Gerettet«, rief er, als Lunetta prustend aus dem Wasser hochkam. »Wer ist das?«
Sidonia schlang einen Arm um das Kind. »Ein spanisches Gauklermädchen, das heute bei unserem Fest auftreten wird.«
»Du badest mit einem Bettlermädchen, also wirklich! Was, wenn sie eine Pest am Leib hat? Außerdem ist es schamlos.«
»Spar dir deine Tadel, sie ist kerngesund, sagt der Arzt. Was hast du wieder angestellt, dass Vater so brüllt?«
Der Schlaks grinste dumm. Sidonia schäumte einen Brocken Rindergallenseife auf und verteilte sie in Lunettas Haar.
»Wenn du es mir nicht verrätst, rufe ich Vater.«
Lambert ließ sich auf die Decken ihres Pfostenbettes fallen, das die Magd eben mit Korianderwasser gegen den Besuch von Flöhen imprägnierte. »Du bist eine Erpresserin«, maulte Lambert, »schick erst dein neues Spielzeug und Tringin fort.«
»Das Mädchen ist kein Spielzeug, Lambert. Außerdem ist sie stumm, sie kann keine Geheimnisse verraten. Sicher versteht sie nicht einmal unsere Sprache.«
Lunetta senkte den Blick.
Drohend trat die Magd Tringin ans Bett heran. »Geht, Herr Lambert. Ich muss Sidonia beim Ankleiden für das abendliche Fest helfen.«
»Das kann ich doch tun, geh du«, scherzte Lambert.
Tringin sog entsetzt die Luft ein. »Es schickt sich nicht, dass Ihr allein mit der Schwester auf der Mädchenkammer seid.«
Lambert schüttelte den Kopf. »Ts, ts, ts, Tringin, was für schmutzige Gedanken du in deinem Kopf hast! Könnte das daran liegen, dass du nachts allein mit unserem Vater auf seiner Schlafkammer bleibst, damit er dir beim Entkleiden hilft?«
Spielerisch haschte er nach den Röcken der Magd, ließ eine Hand darunter fahren und zwickte Tringin in den Schenkel. Die Magd sprang zur Seite, schüttete ihm das Korianderwasser über den Kopf und floh aus dem Zimmer. Lambert schüttelte sich. »Womit hab ich das wieder verdient! Ich hab zurzeit keine Flöhe.«
Sidonia strich Lunetta das nasse Haar aus der Stirn, dann ließ sie sich in die Wanne sinken.
»Du hast eine Maulschelle verdient, Lambert. Du weißt genau, dass Tringin kaum nein sagen kann, wenn Vater seine Lust an ihr stillen will.«
Lambert spielte mit den Fransen des Bettvorhangs. »Alles Heuchelei. Tringin gefällt doch, was Vater mit ihr tut, wie den meisten groben Weibern.«
»Was weißt du Milchbart schon von Frauen!«
»Genug! ›Darum hat das Mädlein ihr Pünzlein, dass es dem Mann ein Heilmittel bringt‹, sagt Luther.«
Sidonia richtete sich in der Wanne auf.
»Nimm den Namen dieses Leuteverführers nicht dauernd in den Mund. Du solltest dich schämen. Und Luther erst recht! Er ist doch Augustinermönch.«
Lambert legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend. »Genau darum weiß er alles über verdorbene Menschen.« Würdevoll setzte er sich im Bett auf. »Wie er verabscheue auch ich ungezügelte Wollust. Nur im Stand der Ehe sollten Mann und Weib einander fleischlich erkennen.«
Sidonia unterdrückte mit Mühe ein Lächeln. »Welch löbliche Moral. Ich hoffe nur, Vater gibt Tringin ein paar Stechpfennige für die Nachtdienste.«
»Sidonia! So schamlos darfst du nicht reden, du darfst von diesen Dingen nicht einmal wissen.« Lambert schaute ehrlich entsetzt.
»Dann erwähne derlei Heimlichkeiten nicht vor einer jungen Braut. Und jetzt erzähl, was du verbrochen hast.«
»Leider nichts! Für den Umzug am Nachmittag hab ich für unsere Juristen-Burse eine antikatholische Fahne sticken lassen. Vater muss sie entdeckt haben. Es wäre ein Hauptspaß gewesen, sie durch die Stadt zu tragen. Die Kölner hassen die Heuchelei der Pfaffen. Der Mord an Vaters Reliquienhändler war ein Zeichen!«
Sidonia stand auf, das nasse Badehemd schmiegte sich um ihre Brüste, deren Spitzen keck hervorragten. Lambert errötete und wandte den Blick ab. Lunetta sprang aus der Wanne und schlüpfte in das Narrenkostüm. Sidonia lachte.
»Was bist du nur für ein aufgepusteter Frosch, Bruder! Fasse dich, ich bin bald verheiratet, und du solltest nicht mit Themen spielen, die für ein Bübchen drei Nummern zu groß sind.« Sie wickelte sich in ein Leinentuch, das Lunetta für sie entfaltet hatte, und stieg aus dem Zuber.
Lambert ballte die Fäuste. »Du denkst, du bist mir überlegen, weil du Vaters
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