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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Wasserhändler treibt den schwerfälligen Ochsen mit der Gerte an.
    Vielleicht ist sie hier , versucht Jacob sich zu beruhigen, um ins Krankenhaus zu gehen.
    Er bemerkt ihr aufgelöstes Äußeres: Sie trägt nur eine Sandale, und die sonst so makellose Frisur ist verrutscht.
    Aber wo sind die anderen Studenten? Warum wollen die Wachen sie nicht hereinlassen?
    Der Kapitän befragt Orito in scharfem Ton.
    Ihre Bestimmtheit schwindet, ihre Verzweiflung wächst: Das ist kein gewöhnlicher Besuch.
    Tu etwas!, befiehlt sich Jacob. Zeige den Wachen, dass sie erwartet wird, hole Dr. Marinus, hole einen Dolmetscher: Vielleicht entscheidet dein Eingreifen über ihr Schicksal.
    Die drei Priester schreiten langsam im Kreis um die blutbefleckte Erde.
    Sie will nicht dich , flüstert der Stolz. Sie will nur der Gefangenschaft entgehen.
    Vor der Landpforte wendet der Hauptmann unbeeindruckt Oritos Ausweis.
    Stell dir vor, es wäre Geertje, flüstert das Mitgefühl, die Zuflucht in Zeeland sucht!
    Aus dem klangvollen Wortschwall des Hauptmanns hört Jacob den Namen «Enomoto» heraus.
    Auf der anderen Seite des Edo-Platzes erscheint eine kahlgeschorene Gestalt in himmelblauem Gewand.
    Der Mann erblickt Orito, ruft etwas über die Schulter und gibt ihr ein Zeichen: Beeilung!
    Eine meergraue Sänfte erscheint: Die acht Träger weisen den Eigentümer als Person von höchstem Rang aus.
    Jacob hat das Gefühl, als platze er in den letzten Akt einer Theatervorstellung.
    Ich liebe sie , sagt eine innere Stimme, so wahrhaftig wie das Sonnenlicht.
    Jacob rast die Treppe hinunter und schürft sich an einem Eckpfosten das Schienbein auf.
    Er überspringt die letzten sechs, acht Stufen und rennt über den Fahnenplatz.
    Alles geschieht gleichzeitig und zu langsam und zu schnell.
    Jacob schneidet einem verdutzten Priester den Weg ab und erreicht die Landpforte, die eben geschlossen wird.
    Der Hauptmann schwingt seine Pike und warnt ihn, keinen Schritt weiterzugehen.
    Die Pforte schließt sich langsam ...
    ... und er sieht nur noch Oritos Rücken, als sie über die Holland-Brücke geführt wird.
    Jacob will ihren Namen rufen ...
    ... doch die Landpforte schlägt zu.
    Der gutgeölte Bolzen gleitet lautlos in sein Lager.

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    TEIL II
    Eine Bergfestung
    Der zehnte Monat im elften Jahr der Kansei-Zeit

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    XIV

    Oberhalb des Dorfes Kurozane im Lehen Kyōga

    Spät am zweiundzwanzigsten Tag des zehnten Monats
     
    Die Dämmerung ist kalt, die Luft riecht schon nach Schnee. Der Waldrand verschwimmt und löst sich auf. Auf einem Felssporn wartet ein schwarzer Hund. Er wittert scharfen Fuchsgestank. Seine silberhaarige Besitzerin steigt mühevoll den gewundenen Pfad hinauf.
    Auf der anderen Seite des tosenden Baches knackt unter den Hufen eines Hirsches ein toter Zweig.
    Im Zedernbaum oder dort drüben in der Tanne schreit eine Eule ... einmal, zweimal, nah ... fort.
    Otane trägt ein Zwanzigstel Koku Reis mit sich, genug für einen Monat.
    Ihre jüngste Nichte hat auf sie eingeredet, sie möge unten im Dorf überwintern.
    Die Ärmste, denkt Otane. Sie braucht Verbündete gegen ihre Schwiegermutter.
    «Und schwanger ist sie auch wieder, hast du gesehen?», fragt sie den Hund.
    Die ganze Familie müsse sich wegen ihres Starrsinns Sorgen um sie machen, hat die Nichte ihr vorgehalten. «Mir passiert nichts», wiederholt die alte Frau ihre Antwort, diesmal zu den wurzelbewachsenen Stufen. «Ich bin zu alt für Banditen und zu welk für Mordgesellen.»
    Darauf führte ihre Nichte an, dass es für die Patienten doch bequemer sei, sie unten im Dorf aufzusuchen. «Wer will schon mitten im Winter den halben Shiranui hinaufwandern?»
    «Niemand muss irgendwo hinaufwandern! Bis zu meinem Haus ist es kaum mehr als ein Kilometer.»
    Eine Singdrossel in einer Eberesche erzählt von Dingen, die zu Ende gehen.
    Ein kinderloses altes Weib , gibt Otane zu, kann sich glücklich schätzen, Verwandte zu haben, die es bei sich aufnehmen ...
    Aber sie weiß auch, dass es einfacher ist, ihre Hütte zu verlassen, als dorthin zurückzukehren.
    «Im Frühling», murmelt sie, «heißt es dann: ‹Tante Otane kann unmöglich in diese Bruchbude zurückgehen!›»
    Weiter oben knurren zwei Waschbären mörderische Drohungen.
    Die Kräuterheilerin von Kurozane setzt den Aufstieg fort, der Sack wird mit jedem Schritt schwerer.
     
    Otane kommt zu der bepflanzten Felsplatte, auf der ihr kleines Haus steht. Unter der niedrigen Traufe wachsen Zwiebeln, dahinter ist Feuerholz

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