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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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bewegt sich und nimmt die Gestalt einer Katze an.
    «Wo hast du dich denn versteckt? Wir haben uns gerade über Fräulein Aibagawas ersten Besuch unterhalten. Am folgenden Neujahrstag schickte sie uns getrocknete Seebrasse. Ihr Diener kam extra den weiten Weg aus der Stadt.» Der rußige Kessel pfeift, und Otane denkt an den zweiten Besuch im sechsten Monat des folgenden Jahres, als die Pestwurz blühte. «Sie war verliebt in diesem Sommer. Ich habe nicht gefragt, aber sie ließ es sich nicht nehmen, einen jungen Niederländischdolmetscher aus einer guten Familie namens Ogawa zu erwähnen. Ihre Stimme veränderte sich» - die Katze blickt auf -, «als sie seinen Namen sagte.» Draußen ächzen die Bäume in der Nacht. Otane schenkt sich Tee ein, bevor das Wasser kocht und die Blätter bitter werden. «Ich betete dafür, dass Ogawa-sama ihr nach der Hochzeit erlauben würde, weiter ins Lehen Kyōga zu kommen, um mein Herz zu erfreuen, und hoffte, dass ihr zweiter Besuch nicht der letzte gewesen war.»
    Sie trinkt den Tee und denkt an den Tag zurück, als sie auf Umwegen über Diener und Verwandte die Nachricht erhielt, das Familienoberhaupt der Ogawas habe seinem Sohn untersagt, Doktor Aibagawas Tochter zu heiraten. Im neuen Jahr erfuhr sie dann, dass Dolmetscher Ogawa sich mit einer anderen Frau vermählt hatte. «Trotz dieser unglücklichen Wendung», Otane schürt das Feuer, «vergaß mich Fräulein Aibagawa nicht. Sie schickte mir einen Schal aus wärmster fremdländischer Wolle, als Neujahrsgeschenk.»
    Der Hund windet sich auf dem Rücken, weil ihn die Flohstiche jucken.
    Otane erinnert sich an den Besuch im vergangenen Sommer, der sonderbarste von Fräulein Aibagawas drei Ausflügen nach Kurozane. Zwei Wochen zuvor, als die Azaleen blühten, hatte ein Salzhändler in der Harubayashi-Herberge berichtet, Doktor Aibagawas Tochter hätte dem totgeborenen Kind von Statthalter Shiroyama durch ein «niederländisches Wunder» Leben eingehaucht. Als sie schließlich kam, wanderte das halbe Dorf hinauf zu Otanes Haus, in der Hoffnung auf weitere Wunder. «Medizin ist Wissen», erklärte Fräulein Aibagawa den Dorfbewohnern, «und keine Zauberei.» Sie gab den Leuten Ratschläge, und die Leute bedankten sich, aber sie zogen enttäuscht davon. Als die beiden allein waren, vertraute ihr die junge Frau an, sie habe ein schwieriges Jahr hinter sich. Ihr Vater war krank gewesen, und dass sie sorgfältig vermied, Ogawa den Dolmetscher zu erwähnen, zeugte von einem tief verletzten Herzen. Erfreulich war hingegen, dass der dankbare Statthalter ihr die Erlaubnis erteilt hatte, beim niederländischen Arzt auf Dejima zu studieren. «Ich muss wohl sehr besorgt ausgesehen haben.» Otane streichelt die Katze. «Man hört so viele Geschichten über Fremdländer. Aber sie versicherte mir, dass der niederländische Arzt ein hervorragender Lehrer sei und dass sogar Fürstabt Enomoto seinen Namen kenne.»
    Neben dem Rauchfang schlagen Flügel.
    Dann, vor sechs Wochen, erreichte Otane die schrecklichste Nachricht der letzten Zeit.
    Fräulein Aibagawa sollte Ordensschwester im Shiranui-Schrein werden.
     
    Am Abend bevor Fräulein Aibagawa auf den Berg gebracht wurde, wollte Otane sie in der Harubayashi-Herberge besuchen, aber weder ihre Freundschaft mit der Samuraitochter noch die Arzneien, mit denen Otane den Schrein zweimal jährlich belieferte, konnten den Mönch dazu bewegen, sich über das Verbot hinwegzusetzen. Nicht einmal einen Brief durfte sie hinterlassen. Man sagte ihr, die jüngste der Schwestern hätte für die nächsten zwanzig Jahre mit der Unteren Welt nichts zu schaffen. Was für ein Leben , denkt Otane, wird sie dort führen? «Niemand weiß es», murmelt sie vor sich hin, «und das macht mir Sorgen.»
    Sie zählt das wenige auf, das über den Shiranui-Schrein bekannt ist.
    Er ist der geistliche Sitz von Fürstabt Enomoto, dem Daimyō des Lehens Kyōga.
    Die Göttin des Schreins sorgt dafür, dass die Flüsse und Reisfelder Kyōgas fruchtbar bleiben.
    Niemand darf den Schrein betreten außer den Meistern und Novizen des Ordens.
    Insgesamt leben dort ungefähr sechzig Mönche und etwa zwölf Schwestern. Die Schwestern wohnen in einem eigenen Haus innerhalb der Schreinmauern, beaufsichtigt von einer Äbtissin. Die Diener der Harubayashi-Herberge berichten von Verunstaltungen und Gebrechen, die so schrecklich sind, dass die meisten Mädchen verdammt wären zu einem Leben als Sensation in einem Bordell, und sie preisen Abt

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