Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
sich eine beträchtliche Summe von Numa ...», Numa, einer der Lieblingsgeldverleiher des Abtes, verbeugt sich in seiner Ecke, «... um ein Sumpfgebiet trockenzulegen: Im siebten Monat dieses Jahres ernteten seine Kleinbauern den ersten Reis. In einer Zeit, da die Regierung in Edo die Gehälter mit Verspätung zahlt und sie obendrein noch kürzt, verfügt Numas Kunde über dankbare, wohlgenährte Bauern, die seine Speicher füllen. Seine Schulden bei Numa werden ... wann getilgt sein?»
Numa verbeugt sich wieder. «Volle zwei Jahre früher als erwartet, Exzellenz.»
«Der überhebliche Nachbar des Daimyōs, der sich geschworen hatte, niemandem auch nur ein Reiskorn schulden zu wollen, verfasst hingegen immer drängendere Bettelbriefe an den Ältestenrat ...», Enomoto platziert einen Inselstein zwischen seine beiden Ostgruppen, «... dessen Diener sie zum Feuermachen verwenden. Kredite sind der Keim des Wohlstands. Die klügsten Köpfe Europas studieren das Geld- und Kreditwesen innerhalb eines Faches, das sie», Enomoto verwendet einen ausländischen Begriff, «‹Nationalökonomie› nennen.»
Das , denkt Shiroyama, bestätigt nur meine Meinung über die Europäer
«Ein junger Freund in der Akademie hat eine bemerkenswerte Schrift übersetzt, Der Wohlstand der Nationen. Sein Tod war, glaube ich, nicht nur für uns Gelehrte eine Tragödie, sondern für ganz Japan.»
«Ogawa Uzaemon?» Shiroyama erinnert sich. «Ein erschütternder Vorfall.»
«Wenn er mir nur gesagt hätte, dass er auf der Ariake-Straße reisen wollte! Ich hätte ihm eine Eskorte zur Verfügung gestellt. Aber der bescheidene junge Mann unternahm eine Pilgerreise für seinen kranken Vater und wollte auf alle Bequemlichkeit verzichten ...» Enomoto fährt mit dem Daumennagel mehrmals über seine Lebenslinie. Der Statthalter hat die Geschichte schon aus verschiedenen Quellen gehört, aber er lässt den Fürstabt fortfahren. «Meine Leute haben die verantwortlichen Banditen gefasst. Den einen, der gestanden hatte, ließ ich enthaupten, die anderen wurden an Eisennägeln, die ich durch ihre Füße treiben ließ, aufgehängt, damit die Wölfe und Krähen ihr Werk verrichten konnten. Dann», er seufzt, «starb Ogawa der Ältere, bevor er einen Erben bestimmen konnte.»
«Es ist furchtbar», pflichtet Shiroyama bei, «wenn ein ganzer Familienzweig ausstirbt.»
«Ein Vetter aus einer unbedeutenden Seitenlinie lässt das Haus wiederaufbauen - ich habe eine Schenkung gemacht -, aber er ist nur ein gewöhnlicher Messerschmied, und der Name Ogawa ist für immer von Dejima verschwunden.»
Shiroyama hat dem nichts hinzuzufügen, aber es wäre unhöflich, das Thema zu wechseln.
Die Türen zur Veranda werden aufgeschoben. Im Süden türmen sich weiße Wolken auf.
Über einem brennenden Feld an der hügeligen Landspitze steigen Rauchschwaden auf.
Man ist hier, und man ist fort, denkt Shiroyama. Gemeinplätze sind Tiefgründigkeiten .
Das Go-Spiel behauptet seine Autorität. Gestärkte Seidenärmel rascheln. «Es ist üblich», bemerkt Enomoto, «dass man dem Statthalter ob seiner Geschicklichkeit im Go-Spiel schmeichelt, aber Sie sind wahrlich der beste Spieler, dem ich in den letzten fünf Jahren begegnet bin. Ich erkenne den Einfluss der Honinbo-Schule.»
«Mein Vater ...», der Statthalter sieht, wie der Geist des alten Vaters Enomotos Geldverleiher finstere Blicke zuwirft, «... kam in der Honinbo-Schule bis zum 2. Kyü. Ich bin ein unwürdiger Schüler ...», Shiroyama greift einen alleinstehenden Stein des Fürstabts an, «... wenn meine Zeit es erlaubt.» Er nimmt die Teekanne, aber sie ist leer. Er klatscht in die Hände, und Kammerherr Tomine erscheint. «Tee», sagt der Statthalter. Tomine dreht sich um und klatscht nach einem Diener, der geräuschlos ins Zimmer gleitet, das Tablett vom Tisch nimmt und mit einer Verbeugung in der Tür verschwindet. Der Statthalter stellt sich vor, wie das Tablett die Leiter der Knechtschaft hinuntergereicht wird, bis es bei der zahnlosen Alten in der weit entlegenen Küche ankommt, wie das Weib das Wasser exakt auf die richtige Temperatur erhitzt und es dann über die makellosen Teeblätter gießt.
Kammerherr Tomine bleibt im Raum: eine Geste sanften Widerspruchs.
«Nicht wahr, Tomine: Es wimmelt im Land von Grundbesitzern, die Grenzstreitigkeiten führen, von kleinen Beamten, deren flatterhafte Neffen eine Stellung benötigen, und von misshandelten Ehefrauen, die um die Scheidung betteln. Und alle bieten
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