Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Hovell.»
Hovell sucht die Bucht mit seinem eigenen Fernrohr ab. «Ich wünschte, ich könnte es, Sir.»
Major Cutlip verkneift sich die derben Schimpfworte und pfeift durch die Zähne.
«Mr. Wren, entdecken die schärfsten Augen von Clovelly etwas, das unseren entgeht?»
Wrens Frage «Sehen Sie unseren Indienfahrer?» wird den Fockmast hinauf weitergegeben.
Die Antwort wird nach unten übermittelt und von Wren wiederholt: «Kein Indienfahrer gesichtet, Sir.»
Dann gibt es keinen schnellen Reibach auf Hollands Kosten. Penhaligon senkt das Fernrohr, während die schlechte Nachricht sich in Sekundenschnelle von der Längssaling bis hinunter ins Orlopdeck verbreitet. Auf dem Batteriedeck brüllt ein Liverpooler seinem schwerhörigen Kameraden zu: «Das scheiß Schiff is’ nich da, Davy, und kein Schiff heißt kein Prisengeld, und kein Prisengeld heißt, wir fahrn als dieselben armen Schlucker nach Hause, die wir warn, bevor die scheiß Marine uns geschanghait hat!»
Daniel Snitker, das Gesicht verborgen unter einem breiten Schlapphut, braucht keine Übersetzung.
Wren ist der Erste, der seinen Zorn an dem Niederländer auslässt. «Sind wir etwa zu spät gekommen? Ist das Schiff schon ausgesegelt?»
«Dieses Unglück trifft ihn ebenso wie uns, Lieutenant», ruft Penhaligon ihn zur Räson.
Snitker zeigt auf die Stadt und wendet sich auf Niederländisch an Hovell. «Er hält es für wahrscheinlich, Captain», übersetzt der Leutnant, «dass die Niederländer uns gestern Abend gesichtet und den Indienfahrer versteckt haben, vermutlich in einem Meeresarm östlich der Flussmündung, dort drüben hinter dem bewaldeten Hügel mit der Pagode ...»
Penhaligon spürt, dass die Mannschaft wieder leise Hoffnung schöpft.
Plötzlich kommt ihm der Gedanke, dass die Phoebus möglicherweise in eine Falle gelockt wurde.
Gouverneur Cornwallis hat sich von Snitkers Geschichte über seine tollkühne Flucht in Macao täuschen lassen ...
«Sollen wir die Phoebus näher heranführen, Sir?», fragt Wren. «Oder sollen wir mit dem Beiboot ablegen?»
Könnte dieser beschränkte Flegel eine so schwierige Aufgabe überhaupt bewältigen?
Navigator Wetz ruft vom Steuer: «Soll ich Anker werfen, Captain?»
Penhaligon denkt kurz nach. «Halten Sie vorerst weiter Kurs, Mr. Wetz. Mr. Hovell, bitte fragen Sie Mr. Snitker, warum die Niederländer ihr Schiff verstecken, obwohl wir unter niederländischer Flagge segeln. Gibt es vielleicht ein geheimes Signal, das wir nicht gesetzt haben?»
Snitker wirkt anfangs unsicher, aber dann spricht er mit wachsender Überzeugungskraft. Hovell nickt. «Er sagt, als die Shenandoah im vergangenen Herbst auslief, seien keine geheimen Signale verabredet gewesen, Sir, und er bezweifele, dass dies jetzt der Fall sei. Er sagt, Faktor van Cleef habe das Schiff vielleicht aus reiner Vorsicht versteckt.»
Penhaligon blickt hinauf zu den Segeln, um die Windstärke abzuschätzen. «Wir könnten den Meeresarm in wenigen Minuten erreichen, aber das Wendemanöver für die Ausfahrt würde sehr viel länger dauern.» Spinatgrüne Wellen schwappen in die Ritzen der mit Algen bewachsenen Felsen. «Lieutenant Hovell, fragen Sie Mr. Snitker Folgendes: Angenommen, das Schiff aus Batavia wäre aufgrund von Schiffbruch oder eines Krieges in diesem Jahr ausgeblieben. Würde das Kupfer, das für seinen Frachtraum vorgesehen war, auf Dejima lagern?»
Hovell übersetzt die Frage. Snitker antwortet mit einem entschiedenen Ja.
«Wäre dieses Kupfer japanisches oder niederländisches Eigentum?»
Diesmal ist Snitkers Antwort weniger verbindlich: Die Übereignung des Kupfers, übersetzt Hovell, sei abhängig von den Konditionen, die der Faktor ausgehandelt habe, und diese würden sich von Jahr zu Jahr ändern.
In der Stadt und entlang der Bucht ertönt tiefes Glockenläuten. Snitker erklärt Hovell den Anlass. «Das Geläut ist eine Danksagung an die heimischen Götter für die sichere Ankunft des niederländischen Schiffes und für den Geldsegen, den es Nagasaki bringen wird. Wir können also davon ausgehen, dass unsere Tarnung funktioniert, Sir.»
In etwa hundert Yards Entfernung stößt ein Kormoran von den steilen schwarzen Felsen ins Wasser.
«Erläutern Sie uns noch einmal, wie ein niederländisches Schiff von unserer Position aus vorgehen würde.»
Snitkers Antwort wird von Gesten und Fingerzeigen begleitet.
«Ein niederländisches Kompanieschiff, Sir», sagt Hovell, «würde bis eine halbe Meile hinter die
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