Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
von einer Kurtisane verwöhnt: Peter Fischer behauptet, er halte sich auf Kosten der Kompanie einen ganzen Harem.
«Hass frisst die Hassenden», hat Meredith einst zu dem kleinen Tristram gesagt, «so wie Ungeheuer kleine Jungs verspeisen.»
Möge Meredith im Himmel weilen und Kissen besticken ...
Das rhythmische Kurbeln der Kettenpumpe hebt an.
Wetz muss Hovell angewiesen haben, den Kielraum im Auge zu behalten.
Der Himmel ist eine heikle Angelegenheit , denkt er, und man erfreut sich an ihm besser aus der Ferne.
Kaplan Wily hält sich bedeckt, wenn er ihn fragt, ob die Meere des Himmels denen auf der Erde gleichen.
Wäre Meredith nicht glücklicher , fragt er sich, wenn sie ein eigenes Häuschen hätte?
Schlaf küsst seine Lider. Das Traumlicht ist gesprenkelt. Er geht gemächlich die Treppe zum Haus seiner alten Geliebten in der Brewer Street hinauf. Ihre Stimme flirrt. «Du stehst in der Zeitung, Johnny!» Er nimmt die Times von heute und liest:
«Admiral Sir John Penhaligon, ehemaliger Kapitän der Fregatte Seiner Majestät Phoebus , berichtete Ihren Lordschaften, er habe sofort falsches Spiel gewittert, als er den Befehl des Statthalters von Nagasaki erhielt, sein Schießpulver herauszugeben. ‹Da auf De jima keine Beute zu holen war›, erklärte Admiral Penhaligon, ‹und sowohl Niederländer als auch Japaner uns daran hinderten, via Dejima Handel zu treiben, war es unumgänglich, unsere Geschütze gegen Dejima zu richten.› Im Unterhaus rühmte Mr. Pitt das mutige Handeln des Admirals, der damit dem niederländischen Handel in Fernost den Todesstoß versetzt habe.»
Penhaligon setzt sich in seiner Kajüte auf, stößt sich den Kopf und bricht in schallendes Gelächter aus.
Der Kapitän steigt, gestützt von Talbot, mühevoll zum Spardeck hinauf. Sein Stock ist nicht mehr Hilfsmittel, sondern Notwendigkeit: Die Gicht schmerzt wie ein Verband aus Stechginster und Brennnesseln. Es ist trocken an diesem Morgen, aber die Luft ist feucht: Dickbäuchige, muschelbesetzte Wolken sind angefüllt mit Regen. Drei chinesische Schiffe gleiten am gegenüberliegenden Ufer entlang auf die Stadt zu. Wie es aussieht , verspricht er den Chinesen, könnt ihr euch auf ein herrliches Spektakel gefasst machen ...
Auf dem Mittschiff sitzen zwei Dutzend Landratten und führen die Befehle des Segelmachers aus. Sie grüßen ihren Kapitän und bemerken den verbundenen Fuß, der zu geschwollen ist für einen Stiefel oder Schuh. Er humpelt zum Posten der Wachoffiziere am Steuer, wo Wetz eine Schale Kaffee gegen das sanfte Schaukeln der Phoebus balanciert. «Guten Morgen, Mr. Wetz. Gibt es etwas zu melden?»
«Wir haben zehn Tonnen mit Regenwasser gefüllt, Sir, und der Wind hat nach Norden gedreht.»
Aus dem Abzug der Kombüse dringen fettiger Dampf und ein Schwall Obszönitäten.
Penhaligon blickt hinaus zu den Wachtbooten. «Und unsere nimmermüden Wachhunde?»
«Haben uns die ganze Nacht lang umkreist, Sir.»
«Ich würde gerne Ihre Meinung zu einem spekulativen Manöver hören, Mr. Wetz.»
«Ach so, Sir? Vielleicht übernimmt dann Lieutenant Talbot das Steuer.»
Wetz geht zur Heckreling auf dem Achterdeck, wo sie ungestört sind. Penhaligon humpelt hinterher.
«Wäre es möglich, bis auf dreihundert Yards an Dejima heranzusegeln?»
Wetz zeigt auf die chinesischen Dschunken. «Was die können, können wir auch.»
«Könnten Sie das Schiff drei Minuten lang auf der Stelle halten, ohne Anker zu werfen?»
Wetz schätzt die Windstärke ein. «Ein Kinderspiel.»
«Und wie schnell könnten wir aus der Bucht hinaus aufs offene Meer segeln?»
«Müssten wir uns den Weg freikämpfen ...», der Navigator schätzt die Entfernung in beide Richtungen ab, «oder könnten wir ungestört wenden, Sir?»
«Meine Hauswahrsagerin ist schwer erkältet: Es ist kein Ton aus ihr herauszukriegen.»
Der Navigator schnipst mit dem Finger wie ein Pflüger, der seine Stute antreibt. «Wenn das Wetter hält, Captain ... sind wir in fünfzig Minuten draußen.»
«Robert», sagt Penhaligon mit der Pfeife im Mund. «Ich habe Sie aus dem Schlaf geholt. Treten Sie ein.»
Der unrasierte Erste Leutnant ist eben aus der Koje gestiegen. «Sir.» Hovell schließt die Kajütentür, um das Getöse der einhundertfünfzig Matrosen zu dämpfen, die Schiffszwieback mit Ghee frühstücken. «Man sagt, ein ausgeschlafener Erster Offizier ist ein unachtsamer Erster Offizier. Darf ich mich nach Ihrem ...» Er blickt auf Penhaligons verbundenen
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