Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Ostindien-Kompanie zurückweisen. Des Weiteren verlangen wir die Rückkehr des Faktoreivorstehers van Cleef und setzen Herrn Peter Fischer aus Magdeburg darüber in Kenntnis, dass er fürderhin aus unserem Staatsgebiet verbannt ist.›»
Die vier Offiziere sehen den ehemaligen Botschafter an. Fischer schluckt und bittet um Übersetzung.
«Und weiter: ‹Was die Herren Snitker, Fischer u.a. auch beteuern mögen, die gestrige Entführung wird von den japanischen Behörden als Verletzung ihrer Hoheitsrechte angesehen. Es ist mit rascher Vergeltung zu rechnen, was ich nicht zu verhindern vermag. Denken Sie nicht nur an die Mannschaft, Unschuldige in diesem politischen Ränkespiel, sondern auch an ihre Frauen, Eltern und Kinder. Es ist einzusehen, dass ein Kapitän der Royal Navy seinen Befehlen folgen muss, aber à l’impossible nul n'est tenu. Ihr ergebener Diener, Jacob de Zoet›. Alle Niederländer haben unterschrieben.»
Unten in der Messe ertönt heiteres, heiseres Gelächter. «Teilen Sie Fischer bitte das Wesentliche mit, Mr. Hovell.»
Während Hovell den Brief ins Niederländische übersetzt, stopft Major Cutlip seine Pfeife.
«Warum hat dieser Marinus unseren Preußen mit diesem Eselmist gefüttert?»
«Damit er», seufzt Penhaligon, «als der größte Esel von allen dasteht.»
«Was bedeutet das Froschfressergewäsch am Schluss des Briefes, Sir?», fragt Wren.
Talbot räuspert sich. «Man kann von niemandem Unmögliches verlangen.»
«Wie ich Leute verabscheue», sagt Wren, «die auf Französisch furzen und dafür auch noch Beifall erwarten.»
«Und was hat es mit dieser Posse von der ‹Republik› auf sich?», schnaubt Cutlip.
«Kampfgeist. Einige Bürger kämpfen mutiger als schreckhafte Handlanger. Dieser de Zoet ist nicht so dumm, wie Fischer uns weismachen wollte.»
Der Preuße schleudert Hovell einen Schwall empörter Dementis entgegen. «Er behauptet, Captain, de Zoet und Marinus hätten diesen Unfug gemeinsam ausgeheckt - die Unterschriften müssten gefälscht sein. Er sagt, Gerritszoon und Baert könnten nicht einmal schreiben.»
«Darum haben sie mit ihrem Daumenabdruck unterschrieben!» Penhaligon widersteht der Versuchung, Fischer den Brieföffner ins teigige, verschwitzte, verzweifelte Gesicht zu schleudern. «Zeigen Sie es ihm, Hovell! Zeigen Sie ihm die Daumenabdrücke! Daumenabdrücke, Fischer! Daumenabdrücke!»
Holz knarrt, Männer schnarchen, Ratten schmatzen, Lampen zischen. Penhaligon sitzt in seiner höhlenartigen Schlafkajüte an seinem Klappschreibtisch. Er reibt sich die juckende Stelle zwischen den Fingern der linken Hand und hört zu, wie die zwölf Wachen «Drei Glasen, alles ist wohl» rund um das Schanzkleid rufen. Gar nichts ist wohl verdammt , denkt der Kapitän. Zwei leere Briefbögen warten im Schein der Öllampe darauf, beschrieben zu werden: Der eine an Mr. - ‹Präsident› ?, denkt er, niemals! - Jacob de Zoet auf Dejima, der andere an Seine ehrwürdige Exzellenz, Statthalter Shiroyama von Nagasaki. Der einfallslose Schreiber kratzt sich am Kopf, aber es rieseln keine Worte auf das Löschpapier, sondern Schuppen und Läuse.
Eine Wartezeit von sechzig Tagen , er schüttet die Läuse in die Lampe, mag noch zu vertreten sein ...
Wetz befürchtet schwere Schäden, wenn die Phoebus im Dezember das Chinesische Meer durchsegelt.
... aber wenn ich unser Schießpulver abgebe, lande ich vor dem Militärgericht.
Ein Käfer zuckt im Schatten des Tintenfasses mit den Fühlern. Der Kapitän betrachtet den alten Mann im Rasierspiegel und liest ihm einen erfundenen Artikel vor, der in den Tiefen der Times of London des kommenden Jahres versteckt ist.
«John Penhaligon, ehemaliger Kapitän der Fregatte Seiner Majestät Phoebus, ist von der ersten britischen Seereise nach Japan seit der Regentschaft James I. zurückgekehrt. Da er weder militärische, wirtschaftliche noch diplomatische Erfolge erzielen konnte, wurde er seines Postens entbunden und ohne Pension in den Ruhestand geschickt.»
«Deine Zukunft heißt Presskommando», warnt ihn sein Spiegelbild, «und in Bristol oder Liverpool Matrosen schanghaien. Zu viele Hovells und Wrens lauern in den Startlöchern ...»
Zur Hölle, denkt der Engländer, mit dem Niederländer de Zoet ...
Penhaligon verfügt, dass der Käfer sein Lebensrecht verwirkt hat.
... zur Hölle mit seiner käseländischen Gesundheit und zur Hölle mit seiner Beherrschung meiner Sprache. Der Käfer entkommt der Faust des Homo
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