Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Tomine zeigte sich erstaunt über die Zerschlagung des niederländischen Reiches, und Botschafter Fischer säte viele Zweifel in ihm.»
Penhaligon berührt das Kästchen. «Ist hierin die Nachricht des Kammerherrn?»
Fischer versteht und spricht mit Hovell. «Er sagt, der historisch bedeutsame Brief sei von Kammerherr Tomine diktiert, von Statthalter Shiroyama genehmigt und von einem Oberdolmetscher ins Niederländische übersetzt worden. Er habe ihn zwar nicht lesen dürfen, aber er ist voller Zuversicht, dass sein Inhalt zu unserer Zufriedenheit sein wird.»
Penhaligon untersucht das Kästchen. «Eine schöne Arbeit, aber wie öffnet man es?»
«Es gibt sicher eine verborgene Feder, Sir», sagt Wren. «Darf ich?» Der Zweite Leutnant versucht es eine Weile, dann gibt er auf. «Verfluchte Asiaten.»
«Einem guten englischen Hammer», schnaubt Cutlip verächtlich, «wäre das Ding nicht gewachsen.»
Wren reicht das Kästchen an Hovell weiter. «Asiatische Schlösser zu knacken ist doch Ihre Stärke, Lieutenant.»
Hovell bewegt eines der Randfelder, und der Deckel springt auf. Im Kästchen liegt ein doppelt gefaltetes, versiegeltes Pergament.
Solche Briefe , denkt Penhaligon, retten Menschenleben ... oder vernichten sie.
Er bricht mit dem Brieföffner das Siegel und faltet das Pergament auseinander.
Der Brief ist auf Niederländisch verfasst. «Darf ich Sie noch einmal bemühen, Lieutenant Hovell?»
«Natürlich, Sir.» Hovell zündet mit einer Kerze eine zweite Lampe an.
«‹An den Kapitän des englischen Segelschiffes Phoebus. Statthalter Shiroyama teilt dem Engelsman mit, dass eine Änderung ...›», Hovell hält stirnrunzelnd inne, «... verzeihen Sie, Sir, aber die Grammatik ist hausgemacht, ‹... dass eine Änderung der Vorschriften bezüglich des Handels mit Ausländern nicht im Zuständigkeitsbereich des Statthalters von Nagasaki liegt. Dies ist das Privileg des Ältestenrates des Shōguns in Edo. Dem englischen Kapitän wird daher ...›, hier steht tatsächlich ‹befohlen›!, ‹... wird daher befohlen, sechzig Tage lang vor Anker zu bleiben, bis sich die zuständigen Behörden in Edo über die Möglichkeit eines Vertrages mit Großbritannien beraten haben.›»
Feindseliges Schweigen macht sich breit.
«Diese gelbsüchtigen Pygmäen», erklärt Wren, «halten uns wohl für eine Horde Heiducken!»
Fischer, der merkt, dass etwas nicht stimmt, bittet darum, den Brief des Kammerherrn sehen zu dürfen.
Hovell weist ihn mit einer Geste zurück. «Es kommt noch schlimmer, Sir. ‹Dem englischen Kapitän wird befohlen, alles Schießpulver an Land zu schicken -›»
«Bei allem, was uns heilig ist», beteuert Cutlip, «aber eher geben wir unser Leben!»
Wie konnte ich Dummkopf nur vergessen, denkt Penhaligon, dass Diplomatie nie ein Kinderspiel ist.
Hovell fährt fort: «‹- an Land zu schicken und Inspektoren an Bord zu lassen, welche die Einhaltung der Bedingungen sicherstellen. Es ist den Engländern untersagt, an Land zu gehen.› Der Satz ist unterstrichen, Sir. ‹Jeder Landeversuch ohne schriftliche Genehmigung des Statthalters ist eine Kriegshandlung. Abschließend sei der englische Kapitän darauf hingewiesen, dass Schmuggler nach den Gesetzen des Shōguns mit der Kreuzigung bestraft werden.› Der Brief ist von Statthalter Shiroyama unterzeichnet.»
Penhaligon reibt sich die Augen. Die Gicht schmerzt. «Zeigen Sie unserem ‹Botschafter›, was seine Schlauheit bewirkt hat.»
Peter Fischer liest den Brief mit wachsendem Unglauben und stammelt schrille Worte des Protests. Hovell übersetzt. «Fischer behauptet, Captain, der Kammerherr habe weder die sechzig Tage noch das Schießpulver erwähnt.»
«Zweifellos», sagt der Kapitän, «wurde Fischer aufgetischt, was man für zweckdienlich hielt.» Er öffnet den Umschlag mit dem Brief des Arztes. Er rechnet mit niederländischer Sprache, aber der Brief ist in einwandfreiem Englisch geschrieben. «Wenigstens ein Sprachkundiger an Land. ‹An Captain Penhaligon von der Royal Navy: Sir, ich, Jacob de Zoet, am heutigen Tage zum Präsidenten der provisorischen Republik Dejima gewählt ...›»
«Republik!», schnaubt Wren. «Dieses abgesperrte Nest aus Speichern?»
«‹... erlaube mir, Sie davon zu unterrichten, dass wir, die Unterzeichnenden, den Vertrag von Kew ablehnen, uns Ihrem Vorhaben widersetzen, sich auf unrechtmäßige Weise niederländischer Handelsinteressen in Nagasaki zu bemächtigen, und die Lockangebote der Englischen
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