Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Fuß.
«Dick wie ein Bovist, aber Mr. Nash hat mich bis an die Kiemen mit seinem Heilmittel vollgepumpt, sodass ich mich für heute über Wasser halten kann, und das sollte ausreichen.»
«Ja, Sir? Wie das?»
«Ich habe heute Nacht zwei Schreiben verfasst. Würden Sie sie bitte sorgfältig durchlesen? Es sind wichtige Briefe, trotz ihrer Kürze. Ihr Gehalt soll nicht durch Rechtschreibfehler geschmälert werden, und Sie sind der gebildetste Mann, den wir auf der Phoebus haben.»
«Es ist mir eine Ehre, Sir, aber der Kaplan ist belesener -»
«Lesen Sie bitte laut vor, damit ich höre, wie sie wirken.»
Hovell liest vor: «‹An Mr. Jacob de Zoet: Erstens ist Dejima keine provisorische Republik , sondern eine abgelegene Handelsniederlassung, deren vormalige Eigentümerin, die Niederländische Ostindien-Kompanie, nicht mehr existiert. Zweitens sind Sie kein Präsident, sondern ein Krämer, der, indem er sich in Abwesenheit des stellvertretenden Faktors Peter Fischer über selbigen gestellt hat, gegen die Satzung besagter Kompanie verstoßen hat.› Ein gutes Argument, Captain. ‹Drittens, obschon ich den Befehl habe, Dejima auf diplomatischem oder militärischem Wege einzunehmen, sehe ich mich, sollte dies nicht gelingen, dazu gezwungen, den Handelsposten unbrauchbar zu machen.›» Hovell blickt überrascht auf.
«Wir sind gleich am Ende, Lieutenant Hovell.»
«‹Streichen Sie bei Erhalt dieses Briefes Ihre Fahne und lassen Sie sich bis zwölf Uhr auf die Phoebus bringen, wo man Ihnen die Privilegien eines Kriegsgefangenen von Stand gewähren wird. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, verurteilen Sie Dejima zu ...›», Hovell hält inne, «‹... zu seiner vollständigen Zerstörung ... Hochachtungsvoll und so weiter ...›»
Über der Kapitänskajüte trocknen Matrosen mit Schwabbern das Achterdeck.
Hovell gibt den Brief zurück. «Es sind keine Grammatik oder Stilfehler darin, Sir.»
«Wir sind unter uns, Robert, Sie brauchen kein Blatt vor den Mund zu nehmen.»
«Könnte manch einer ein solches Täuschungsmanöver nicht als ein wenig zu ... kühn erachten?»
«Das ist kein Täuschungsmanöver. Entweder Dejima wird britisch, oder es gehört niemandem.»
«Sind das die Befehle, die der Gouverneur von Bengalen ausgegeben hat, Sir?»
«‹Plündern Sie oder treiben Sie Handel, je nachdem, was die Umstände dulden und was Ihre Tatkraft Ihnen rät.› Die Umstände schließen Plünderung und Handel aus. Mit eingezogenem Schwanz das Feld zu räumen, ist keine angenehme Aussicht, also greife ich auf meine Tatkraft zurück.»
Irgendwo in der Nähe bellt ein Hund, und ein Affe kreischt.
«Captain - Sie haben die Folgen gründlich bedacht?»
«Es ist höchste Zeit, dass Jacob de Zoet zu spüren bekommt, was das Wort Folgen bedeutet.»
«Sir, da Sie mich aufgefordert haben, meine Meinung zu äußern, muss ich sagen, dass ein grundloser Angriff auf Dejima das Ansehen Großbritanniens in Japan für die nächsten beiden Generationen beschmutzen wird.»
«Beschmutzen» und «grundlos», denkt Penhaligon, sind unbedachte Worte. «Haben Sie die vorsätzlichen Beleidigungen im Brief des Statthalters überhört?»
«Der Brief entsprach nicht unseren Erwartungen, aber die Japaner haben uns schließlich nicht nach Nagasaki eingeladen.»
Wer nicht wie sein Feind werden will , denkt Penhaligon, muss sich davor hüten, ihn zu verstehen.
«Der zweite Brief ist an Statthalter Shiroyama gerichtet, vermute ich?»
«Sie vermuten richtig.» Der Kapitän reicht ihm das Blatt.
«‹An Statthalter Shiroyama. Sehr geehrter Herr: Mr. Fischer reichte Ihnen im Auftrag der Krone und der Regierung Großbritanniens die Hand der Freundschaft. Diese Hand wurde zurückgewiesen. Ein britischer Kapitän gibt niemals sein Schießpulver heraus oder duldet ausländische Inspektoren auf seinem Schiff. Die von Ihnen vorgeschlagene Quarantäne für HMS Phoebus verstößt gegen die unter zivilisierten Völkern üblichen Sitten. Ich bin jedoch willens, diese Beleidigung zu übersehen, vorausgesetzt, Eure Exzellenz erfüllt folgende Bedingungen: Sie liefern bis zwölf Uhr den Niederländer Jacob de Zoet an die Phoebus aus, setzen Botschafter Fischer als Faktoreileiter auf Dejima ein und ziehen die unannehmbaren Forderungen bezüglich unseres Schießpulvers und der Inspektion unseres Schiffes zurück. Alle drei Bedingungen sind einzuhalten, oder die Niederländer werden auf nach Kriegsrecht angemessene Weise für ihre
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