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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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zeigen Sie ihm, was es bedeutet.»
     
    Fünf Minuten vor zwölf spricht Penhaligon, geschmückt mit goldbetresstem Rock und Dreispitz, auf dem Spardeck zu seiner Mannschaft. «In fremden Breiten, Männer, überschlagen sich die Ereignisse wie im Krieg. Wir werden heute Vormittag ein Gefecht erleben. Es besteht kein Anlass für eine große Ansprache, wie sie am Vorabend einer Schlacht gehalten wird. Ich rechne mit einer kurzen, lärmenden, einseitigen Angelegenheit. Gestern noch haben wir den Japanern die Hand der Freundschaft gereicht. Sie haben darauf gespuckt. Ungalant? Ja. Töricht? Ich glaube. Strafbar nach den Gesetzen zivilisierter Nationen? Leider nein. Und so lautet unsere Pflicht an diesem Vormittag, die Niederländer zu bestrafen ...», von einigen der älteren Seeleute kommen raue Jubelrufe, «... diese Horde von Gestrandeten, denen wir Arbeit und freie Heimfahrt anboten. Sie haben mit einer Unverschämtheit darauf reagiert, die kein Engländer auf sich sitzen lassen kann.»
    Dichter Sprühregen fällt auf die wolkenverhangenen Berge.
    «Lägen wir vor Hispaniola oder vor der Malabarküste, würden wir von den Niederländern Wiedergutmachung fordern und diese Bucht in King George Harbour umbenennen. Die Niederländer glauben nicht, dass ich die beste Mannschaft, die ich je hatte, durch einen ihrer Meinung nach aussichtslosen Angriff auf Dejima in Gefahr bringe, und sie wissen: Die Japaner haben mehr Krieger als die Phoebus Kanonenkugeln.»
    Eines der beiden Wachtboote rudert zurück nach Nagasaki.
    Rudert, so schnell ihr könnt , denkt der Kapitän, ihr werdet meiner Phoebus nicht entkommen.
    «Aber wir werden Dejima in Schutt und Asche legen und die Mär von der niederländischen Stärke zerstören. Wenn sich, vielleicht schon im nächsten Jahr, der Staub gelegt hat und die richtigen Schlüsse gezogen sind, wird man die britische Delegation nicht mehr so brüsk zurückweisen.»
    «Was ist», fragt Major Cutlip, «wenn die Einheimischen versuchen, unser Schiff zu entern?»
    «Feuern Sie Warnschüsse ab. Zeigen diese keine Wirkung, dürfen Sie die Kraft und Präzision britischer Geschütze demonstrieren. Töten Sie so wenig Menschen wie möglich.»
    «Sir», Hauptkanonier Waldron hebt die Hand, «es werden sicher manche Schüsse über das Ziel hinausgehen.»
    «Unser Ziel heißt Dejima, aber wenn Geschosse unbeabsichtigt auf Nagasaki niedergehen ...»
    Penhaligon spürt förmlich, wie sich Hovell neben ihm die Nackenhaare sträuben.
    «... werden die Japaner ihre Verbündeten in Zukunft klüger auswählen. Lassen Sie uns diesem despotischen rückständigen Land eine Kostprobe des neuen Jahrhunderts geben.» Penhaligon entdeckt unter den Gesichtern in der Takelage Hartlepool, der zu ihm hinunterschaut wie ein brauner Engel. «Zeigen Sie diesem pestverseuchten heidnischen Hafen, welche Wunden ein britischer Kriegshund seinem Feind beibringen kann, wenn sein gerechter Zorn entfacht ist!»
    Knapp dreihundert Seeleute blicken ihren Kapitän mit ehrfürchtiger Bewunderung an.
    Er wendet sich Hovell zu, aber der Blick des Leutnants ist auf Nagasaki gerichtet.
    «Geschützmannschaften an ihre Posten! Bringen Sie uns näher heran, Mr. Wetz!»
    Zwanzig Mann drehen die Winde, das Tau ächzt, der Anker hebt sich.
    Wetz brüllt den Matrosen Befehle zu, während sie in die Wanten klettern.
    «Ein gut geführtes Schiff, sagte Captain Golding immer, ist eine schwimmende Oper ...»
    Die Spriet- und Klüversegel öffnen sich: Dem Klüverbaum gefällt die Vorstellung.
    «... die vom Captain inszeniert, aber vom Navigator dirigiert wird.»
    Hinab sausen die Fock- und die Großsegel, dann die Kreuzsegel ... Die Knochen der Phoebus spannen sich, und ihre Gelenke knirschen vor Anstrengung.
    Wetz bewegt das Steuer, bis die Phoebus auf Backbordhalsen liegt.
    Ledbetter, der Lotgast mit dem passenden Namen, hält sich an einem Schothornseil fest und misst die Wassertiefe.
    Auf halbem Weg in den tropfenden Himmel setzen sich die Männer rittlings auf die Kreuzrahen.
    Der Bug dreht sich um hundertvierzig Grad ...
    ... und mit einem kurzen Schlingern bewegt sich die Fregatte auf Nagasaki zu.
    Ein wettergegerbter Däne macht aus einem Klaufall Tausalat. «Würden Sie mich einen Augenblick entschuldigen, Sir?» Hovell zeigt auf den Dänen.
    «Nur zu», antwortet Penhaligon. Sein schroffer Ton signalisiert: Und lassen Sie sich Zeit.
    «Kommen Sie», sagt er zu Wren, «wir wollen den Ausblick vom Bug genießen.»
    «Eine ausgezeichnete

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