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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Lage, in der wir uns gerade befinden, die angemessene Strafe wäre.» Er führt den Apfel zum Mund -
     
    Diesmal werden sie von der Wucht des Kanonenfeuers umgerissen.
    Jacob liegt zusammengerollt am Boden wie ein Junge, der sich aus Furcht vor Spukgestalten unter der Bettdecke versteckt.
    Es regnet gesprengte Dachziegel. Mein Apfel ist weg , denkt er.
    «Bei Jesus Christus, Mohammed und Fhu Tsi Weh», stöhnt Marinus, «das war knapp.»
    Ich habe zweimal überlebt , denkt Jacob, aber aller schlechten Dinge sind drei.
    Die beiden Niederländer helfen sich gegenseitig auf die Beine.
    Die Tore der Landpforte wurden weggerissen, und die Soldaten auf dem Edo-Platz stehen nicht mehr in Reih und Glied. An zwei Stellen haben Geschosse Löcher in den Aufmarsch gerissen: Als hätten Murmeln , Jacob muss an das Spiel aus seiner Kindheit denken, meine Holzsoldaten getroffen.
    Fünf, sechs, sieben Soldaten liegen zuckend und schreiend am Boden.
    Auf dem Platz wird geschrien, Menschen rennen in Panik durcheinander, rote Flecken leuchten im Staub.
    Ein weiterer Erfolg deiner Prinzipientreue , spottet eine innere Stimme, Präsident de Zoet.
    Die Matrosen der Phoebus haben die höhnischen Rufe eingestellt.
    «Schauen Sie.» Der Arzt zeigt auf das Dach unter ihnen. Eine Kanonenkugel hat es durchschlagen. Die Treppe hinunter zum Fahnenplatz ist zur Hälfte weggeschossen. Das Dach gibt nach und stürzt in das Zimmer darunter. «Armer Fischer», bemerkt Marinus. «Seine neuen Freunde haben ihm sein ganzes Spielzeug zerbrochen. Hören Sie, Domburger, Sie haben Ihren Widerstand geleistet, und es ist nichts Ehrenrühriges daran -»
    Holz ächzt, und die Treppe zum Wachtturm fällt krachend in sich zusammen.
    «Tja», sagt Marinus, «vielleicht sollten wir es wagen ... und in Fischers Zimmer springen ...»
    Ich denke nicht daran , Jacob richtet das Fernrohr auf Penhaligon, jetzt davonzulaufen.
    Er sieht, dass die Geschützmannschaften an Deck kommen. «Karronaden, Herr Doktor.»
    Penhaligon richtet das Fernrohr auf ihn.
    Einer der englischen Offiziere scheint dem Kapitän Vorhaltungen zu machen.
    Der Kapitän geht nicht darauf ein. Die Rohre der tödlichsten Nahkampfgeschütze werden an den Luken postiert. «Kettenkugeln, Herr Doktor», sagt Jacob. «Springen Sie!»
    Er senkt das Fernrohr: Es hat keinen Sinn, weiter hinzusehen.
    Marinus schleudert den Apfel in Richtung der Phoebus . «Cras ingens iterabimus aequor.»
    Jacob stellt sich vor, wie die schweren Kugeln sich im Flug auf ihre volle Kettenlänge ausdehnen ...
    ... und auf die Plattform zurasen. Sie werden seine Kleidung, seine Haut, seine Eingeweide, seinen gesamten Körper zerfetzen ...
    Lass nicht zu , tadelt sich Jacob, dass der Tod dein letzter Gedanke ist.
    Er vergegenwärtigt sich in umgekehrter Reihenfolge die verschlungenen Wege, die zu diesem Augenblick geführt haben ...
    Vorstenbosch, Zwaardecroone, Annas Vater, Annas Kuss, Napoleon ...
    «Stört es Sie, wenn ich den dreiundzwanzigsten Psalm spreche, Herr Doktor?»
    «Wenn es Sie nicht stört, dass ich mitspreche, Jacob.»
    Sie stehen nebeneinander im Regen und halten sich am Geländer fest.
    Der Pastorenneffe nimmt Grotes Hut ab und wendet sich an seinen Schöpfer.
    «‹Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.›»
    Marinus’ Stimme klingt wie ein altes Cello, Jacobs Stimme zittert.
    «‹Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquickt meine Seele ...›»
    Jacob schließt die Augen und stellt sich die Kirche seines Onkels vor.
    «‹Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.›»
    Geertje steht neben ihm. Jacob wünscht sich, sie hätte Orito kennengelernt ...
    «‹Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal ...›»
    ... Jacob trägt immer noch die Schriftrolle bei sich und Es tut mir leid, es tut mir leid ...
    «‹... fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab ...›»
    Jacob wartet auf den Knall, die Geschosse, die ihn zerfetzen werden.
    «‹... trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch ...›»
    Jacob wartet auf den Knall, die Geschosse, die ihn zerfetzen werden.
    «‹... im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl ...›»
    Marinus ist verstummt: Sicher hat ihn sein Gedächtnis im Stich gelassen.
    «‹... und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ...›»
    Marinus lacht leise in sich hinein.
    Jacob öffnet die Augen und sieht, dass die Phoebus wendet.
    Die

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