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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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...»
    Du bist so vieles , denkt Jacob, aber niemals selbstsüchtig.
    «... aber Faktor de Zoets Sohn hat den Wunsch seines Vaters so galant ...»
    Orito sieht Yūan an - der Junge ist ganz vernarrt in die Hebamme - und lächelt.
    «... so galant und beharrlich vorgebracht, dass es mir unmöglich war zu gehen.»
    «Hoffentlich», Jacob wirft Yūan einen dankbaren Blick zu, «ist er Ihnen nicht allzu lästig gewesen.»
    «Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein so wohlerzogener Junge lästig werden könnte.»
    «Sein Lehrer - ein Künstler - gibt sich alle Mühe, ihm Disziplin beizubringen, aber nach dem Tode seiner Mutter fehlte ihm die nötige Erziehung, und ich befürchte, das hat bleibende Schäden hinterlassen.» Er wendet sich an Oritos Begleiterin und überlegt, ob sie Dienerin, Gehilfin oder Gleichrangige ist. «Mein Name ist de Zoet», sagt er. «Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.»
    Die junge Frau lässt sich von seiner fremdländischen Art nicht beeindrucken. «Ich heiße Yayoi. Ich darf nicht sagen, wie oft sie von Ihnen spricht, sonst ist sie den ganzen Tag lang böse auf mich.»
    «Aibagawa-sensei sagt», meldet sich Yūan zu Wort, «sie hätte Mutter gekannt, lange bevor du nach Japan gekommen bist.»
    «Ja, Aibagawa-sensei war so freundlich, deine Mutter und ihre Schwestern in den Maruyama-Teehäusern hin und wieder zu behandeln. Aber was, Sensei, führt Sie» - er wendet den Blick zum Friedhof - «an diesem traurigen Tag nach Nagasaki? Soweit mir bekannt ist, praktizieren Sie als Hebamme in Miyako.»
    «Das ist richtig. Dr. Maeno bat mich herzukommen, damit ich einen seiner Studenten berate, der eine Lehranstalt für Geburtshilfe gründen will. Ich war nicht mehr in Nagasaki, seit ... nun, seit ich die Stadt verließ, und ich fand, es wäre an der Zeit. Dass Dr. Marinus während meines Besuches verstorben ist, ist ein trauriger Zufall.»
    Sie spricht nicht davon, Dejima zu besuchen, und Jacob schließt daraus, dass sie es auch nicht vorhat. Er spürt die neugierigen Blicke der Trauergäste und zeigt auf die lange Steintreppe, die vom Tempeltor hinunter zum Fluss führt. «Sollen wir ein Stück gemeinsam gehen, Fräulein Aibagawa?»
    «Mit dem größten Vergnügen, Faktor de Zoet.»
    Yayoi und Yūan folgen ein paar Schritte hinter ihnen, und Iwase und Goto bilden den Abschluss der kleinen Gruppe, damit Jacob und die berühmte Hebamme sich einigermaßen ungestört unterhalten können. Vorsichtig gehen sie über die nassen, bemoosten Steine.
    Ich könnte dir Hunderte Dinge erzählen, und ich könnte dir nichts erzählen, denkt Jacob.
    «Ich höre», sagt Orito, «Ihr Sohn ist Lehrling bei dem Künstler Shunro?»
    «Ja, Shunro-sensei hat sich des ungeschickten Jungen erbarmt.»
    «Dann hat Ihr Sohn also die künstlerische Begabung seines Vaters geerbt.»
    «Ich habe keine Begabung! Ich bin ein Stümper mit zwei linken Händen.»
    «Verzeihen Sie, wenn ich widerspreche: Ich besitze den Beweis für das Gegenteil.»
    Das heißt, sie hat den Fächer aufbewahrt. Jacob kann sein Lächeln nicht ganz verbergen.
    «Es muss schwer gewesen sein, ihn nach Tsukinami-samas Tod großzuziehen.»
    «Bis vor zwei Jahren lebte er auf Dejima. Marinus und Eelattu gaben ihm Unterricht, und ich hatte eine Kinderfrau eingestellt. Jetzt wohnt er in der Werkstatt seines Meisters, aber der Statthalter hat erlaubt, dass er mich alle zehn Tage besuchen darf. Sosehr ich mir für Dejima wünschte, dass ein Schiff aus Batavia kommt, so sehr fürchte ich mich davor, ihn zurücklassen zu müssen ...»
    In der Nähe klopft ein unsichtbarer Specht in kurzen Salven gegen einen Baumstamm.
    «Maeno-sensei erzählte mir», sagt sie, «Dr. Marinus sei friedlich eingeschlafen.»
    «Er war sehr stolz auf Sie. ‹Schüler wie Fräulein Aibagawa›, pflegte er zu sagen, ‹geben meiner Arbeit recht, Domburger: Wissen existiert nur, wenn man es anderen schenkt ...›» So wie die Liebe , würde Jacob gerne anfügen. «Marinus war ein Zyniker, aber er war auch ein Träumer.»
    Auf halber Treppe hören und sehen sie den schäumenden kaffeebraunen Fluss.
    «Ein großer Lehrer», bemerkt sie, «erlangt in seinen Schülern Unsterblichkeit.»
    «Dasselbe könnte Aibagawa-sensei von sich und ihren eigenen Schülern sagen.»
    Orito sagt: «Sie beherrschen die japanische Sprache ganz ausgezeichnet.»
    «Solche Komplimente zeigen mir, dass ich immer noch Fehler mache. Das ist der Nachteil, wenn man den Rang eines Daimyōs besitzt: Niemand verbessert einen.»

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