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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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wollte dich nur bitten, mir ein Kästchen Tee mitzubringen, wenn möglich!« Die kleinen Hände der alten Dame zitterten. »Dass du mir das bitte versprichst. Dann könnte ich daran denken, während ich hier vertrockne.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, entgegnete Betty förmlich. »Dass Sie so an mich glauben.« Henny von Mux tat ihr mit einem Male unendlich leid. Aber sie konnte nicht das Mindeste für sie tun. Das Beste wäre es, wenn sie möglichst schnell wieder nach Hause zurückschleichen und dann diesen seltsamen Ausflug durch die Nacht vergessen könnte. »Kann ich Anton noch sehen, bevor ich wieder rübergehe?«
    Henny von Mux schüttelte traurig den Kopf. »Der ist nicht hier. Schon seit mehr als sechs Wochen nicht mehr. Er macht in Hamburg beim Teehandelshaus Remburg eine Lehre! Habe ich mir schon gedacht, dass dir keiner was gesagt hat. Anton war bei seiner Abreise etwas traurig. Allerdings kann man nicht sagen, dass er sich sehr gewehrt hätte. Sein Vater ist dankbar und froh, dass er jetzt immerhin seine Widerstände gegen eine
Kaufmannslehre aufgegeben hat. Nur Tee schicken konnte er mir noch nicht, sie lassen ihn noch nicht ins Lager. Das hat er mir schon vor einer Woche geschrieben.«
    Betty fühlte, wie sich der Boden unter ihren Füßen be wegte. Vor einer Woche? Warum hatte er nicht zuerst ihr geschrieben? Er musste doch wissen, dass sie unter Stubenarrest stand. »Wie geht es ihm denn?«, fragte sie matt. »Fühlt er sich wohl?«
    »Aber heute ist auch nun ein Brief für dich angekommen«, fuhr Henny von Mux fort, ohne auf Bettys Frage einzugehen, »den wollte ich dir doch geben. Anton hat ihn einem Brief an mich beigelegt, er dachte wohl, dass dein Vater ihn dir sonst nicht aushändigt, wenn er ihn direktemang schickt!« Henny von Mux griff in eine Schatulle auf dem Tischchen und zog mit ihren dürren Fingern ein gelbliches Stück Papier hervor.
    Betty streckte den Arm aus und wollte den Brief schon in ihre Tasche stecken. Auch ohne ihn länger in der Hand gehabt zu haben, konnte sie spüren, dass er nicht erst seit heute in der Schatulle gelegen hatte. Er roch mehr nach dem orientalischen Parfüm der alten Dame als nach der Reise, die er hinter sich hatte, oder gar nach Anton.
    Die Alte schien ihren Blick richtig zu deuten. »Na gut, vielleicht habe ich gestern nicht gleich daran gedacht, ihn dir zu geben. Nun lies ihn schon vor!«, schnarrte sie. »Wir wollen doch wissen, was der junge Mann seiner guten Freundin zu erzählen hat.«
    Gute Freundin, wie das schon klang. »Ich denke, dass Antons Schreiben etwas sehr Persönliches ist«, entgegnete Betty und hielt den Brief eisern fest.
    Henny von Mux ließ ein zittriges Lachen hören. »Wohl kaum, mein Kind. Das mit dem Persönlichen sollte ein junges Mädchen wie du bei einem jungen Mann wie Anton nicht überbewerten.
Du solltest mehr auf die Botschaften achten, die andere Leute dir geben, und weniger auf das, was du dir wünschst, dass sie fühlen könnten. Und nun lies endlich vor!«
    Betty seufzte und öffnete den Brief. Er war nur sieben Zeilen lang. Anton schrieb, dass er bei den Rembergs gut untergekommen sei und dass alle ihn sehr nett behandelten. Das Beste aber sei, dass er auf dem Jungfernstieg einen Fotografen getroffen habe, der ihm erlaube, an seinen freien Tagen bei der Erstellung von Fotografien mitzuhelfen. In Hamburg sei es wunderbar. Die Remburgs seien eine nette Familie, sie hätten ihn aufgenommen wie einen Sohn. Der Brief schloss mit den Worten: »Beste Grüße, dein alter Jugendfreund Anton.«
    Bettys Augen brannten. Was meinte er mit einer Formulierung wie »dein alter Jugendfreund«? Klang das nicht wie et was Abgeschlossenes? Betty musste an ihr Poesiealbum denken und an die Eintragungen ihrer Schulfreundinnen, als sie nach der achten Klasse alle die Schule verlassen hatten. Und warum schrieb er nicht, dass er ihre Spaziergänge vermisse? Oder dass er wünsche, sie könne all das sehen, was er nun sähe? Immer hin brannte sie darauf, zu erfahren, wie es in einer großen Stadt wie Hamburg war. Oder er könnte doch schreiben, dass es ihm leidtäte, dass sie nun Stubenarrest habe. Schließlich hatte er doch das Talglicht auf dem Zwischenboden brennen lassen und nicht sie! Immer wieder glitten ihre Augen über Antons große weiche Schrift. Wie vertraut er ihr war. Fast wie ein Bruder. Aber sein Brief enthielt so gar nichts Vertrauliches. Was war nur mit ihm geschehen?
    »Und dann adieu, mon amour!«, schnarrte Henny

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