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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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war wirklich der Ansicht, dass sie von der elfenhaften Schönheit Avas ganze Welten trennten.
    Francis Gesicht verdunkelte sich für einen Moment.
    »Kennen Sie sie vielleicht?« Die Eifersucht traf sie völlig unvermittelt. Es war, als ob ein Schwert sich in ihr Herz bohrte. Im gleichen Augenblick schämte sie sich dafür. Wie konnte sie nur eine so alberne Frage stellen?
    Aber Francis legte ihr sofort eine Hand auf den Arm. »Es gibt für mich niemanden auf der Welt, der es mit Ihnen aufnehmen kann, Betty.« Er zögerte. »Wenn Sie mich besser kennenlernen und länger hier sind, werden Sie vieles verstehen, was Ihnen jetzt vielleicht rätselhaft erscheint. Aber, um es einmal ganz allgemein zu sagen: Diese Mädchen in den Klosterschulen haben sehr wenig mit Ihnen gemein. Die meisten kommen hierher, wenn sie siebzehn oder achtzehn sind, und bleiben dann bis zur Volljährigkeit. Oder bis sie heiraten. Für ein jüngeres Mädchen wäre Darjeeling wohl auch kein geeigneter Ort, es ist doch sehr entlegen. Einige dieser Mädchen haben in ihrer Heimat große Schwierigkeiten, nennen wir es einmal gesundheitliche Schwierigkeiten . Ein Teil der Mädchen stammt aus reichen chinesischen Familien und ist einmal opiumabhängig gewesen oder ist es noch. Die große Hoffnung ihrer Eltern
ist, dass sie sich hier erholen und ihre Sucht vergessen. Sie müssen hier sein, ob sie es wollen oder nicht.« Er stockte. »Aber das trifft natürlich nicht auf alle Klosterschülerinnen zu. Es gibt dort auch Mädchen aus Indien oder England, deren Eltern kein Geld haben.«
    »Sie kommen alle wegen der Bergluft?«
    Francis schüttelte den Kopf. »Die Mädchen lernen dort so viel wie an manchen Universitäten, nur dass diese Universitäten natürlich keine Frauen aufnehmen würden. Aber es kommt noch etwas anderes hinzu. In einer der Klosterschulen und auch in einem der Sanatorien auf dem Weg nach Siliguri werden den Mädchen große Mengen an schwarzem Tee gegeben, so lange, bis sie davon eine Art Abhängigkeit entwickeln. Manche Menschen vergessen darüber angeblich ihre Leidenschaft für das Opium. Andere nicht.« Er seufzte. »Die Wahrheit ist, dass ich nicht weiß, ob das ein Heilmittel gegen die Sucht ist.«
    Francis läutete nach einem der Diener, damit der nächste Gang aufgetragen wurde. Die Hindus gingen immer aus dem Raum, wenn gegessen wurde, erklärte Francis, und einen besonderen Kidnutbar, einen Tafeldiener, habe er nicht mehr. Der letzte habe lieber in den Teegärten arbeiten wollen, weil er sich das teure Getränk für seine teesüchtige Frau selbst sonst nicht leisten könne. Bevor die ersten Teepflanzer mit dem Teeanbau begonnen hätten, habe es in dieser Gegend der Welt vornehmlich Tee aus Tibet gegeben, der über Tausende von Meilen transportiert worden war. »Das ist ein harter, faseriger schwarzer Tee«, sagte Francis, »er wird in große Ziegel von sechseinhalb Pfund Gewicht gepresst und in ungegerbte Tierhäute eingenäht. Aus den Nähten stechen oft noch die har ten Teezweige hervor wie Dornen. Ein Pfund von diesem Zeug kostet nur zwei Schilling.« Er lächelte. »Wollen Sie wissen,
wie man ihn zubereitet hat? Man hat mit einem Messer ein paar Brocken von dem Ziegel heruntergekratzt und zusammen mit Salz, Butter und etwas Buchweizenmehl in einem riesigen Topf mit drei Gallonen Quellwasser gekocht. Jedes Familienmitglied trug eine eigene hölzerne Tasse in den Falten seines Gewandes und bekam dann reichlich eingeschenkt!« Francis schien es zu schaudern. »Das Schlimmste aber waren die Mengen, die von diesem Gebräu trinken mussten. Zwölf Tassen verlangte die Höflichkeit.«
    Betty war der Erzählung so aufmerksam gefolgt, dass es sie nun ebenfalls schüttelte.
    Francis sah sie liebevoll an. »Aber wir wollen uns an unserem ersten gemeinsamen Abend nicht über diese dunklen Themen unterhalten. Erzählen Sie mir lieber von der Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben.«
    »Das dürfte allerdings auch in den Bereich der dunklen Themen gehören.« Betty war selbst erstaunt, dass sie lächelte. In der Gegenwart von Francis fühlte sie sich auf einmal leicht und beschwingt, vielleicht gerade, weil er selbst so ernsthaft wirkte. Sie erzählte und erzählte und Francis folgte ihren Schilderungen der Zeit in Hamburg mit großer Aufmerksamkeit. Er habe sie über Monate dort gesucht, erklärte er, aber nicht gefunden, vermutlich auch deswegen, weil sie bei dem anderen Zweig der Familie Tollhoff untergekommen war. An einem Tag sei er

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