Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
Vom Netzwerk:
ein solches Rosa gesehen? Und die blaßgelbe …« Sie lief von Strauch zu Strauch und hielt die Nase in die Blüten.
    Nick schnupperte an einer Rose, schloß die Augen und sog den Duft ein. Einen Moment lang fühlte er sich nach Oxford zurückversetzt. Als er die Augen wieder öffnete, eilte Fiona auf ihn zu. Sie steckte ihm eine Rose hinters Ohr, schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.
    »Meine Güte, altes Haus, ich hab gar nicht gewußt, daß Rosen eine derartige Wirkung auf dich ausüben!«
    »Doch, das tun sie«, sagte sie und ergriff seine Hand. »Genauso wie schöne alte Häuser am Gramercy Park. Und Tee. O Nick, das ist es! Begreifst du denn nicht? Das Haus wird deine Galerie … und meine Teestube!«

   45   
    D ürfte ich sie vielleicht fünf Minuten sprechen?« bat Fiona. »Ich verspreche, sie nicht länger aufzuhalten.«
    »Miss Nicholson empfängt keinen Besuch.«
    »Aber ich möchte nur wegen ihres Hauses am Gramercy Park mit ihr sprechen …«
    »Dann setzen Sie sich mit ihrem Anwalt, Mr. Raymond Guilfoyle, in Verbindung, Lexington Avenue achtundvierzig.« Miss Nicholsons Butler schickte sich an, die Tür zu schließen, aber Fiona stellte den Fuß dazwischen.
    »Das habe ich bereits getan. Er hat mir erklärt, sie wolle das Objekt nicht vermieten.«
    »Dann wurde Ihnen ja bereits Auskunft gegeben.«
    »Aber …«
    »Nehmen Sie bitte Ihren Fuß weg, Miss Finnegan. Guten Tag.«
    Als die Tür zufiel, hörte Fiona eine Frau mit schriller, unwirscher Stimme rufen: »Harris, wer ist da? Was gibt’s?«
    »Ungebetener Besuch, Madam.« Die Tür fiel ins Schloß, und Fiona blieb auf Miss Nicholsons Schwelle stehen. Das war’s dann, dachte sie niedergeschlagen. Sowohl Wilcox als auch Guilfoyle hatten ihr erklärt, daß Miss Nicholson das Haus nicht vermiete, aber dummerweise hatte sie angenommen, bei der Frau vorgelassen zu werden und sie vom Gegenteil überzeugen zu können. Sie hatte große Hoffnungen darauf gesetzt, aber die waren jetzt zerstört.
    Eine Brise erfaßte ihren Hut. Sie nahm die Hutnadel und befestigte ihn wieder. »Verdammt!« fluchte sie. Seit sie das Haus vor über einer Woche zum erstenmal gesehen hatte, wollte sie es unbedingt haben – sie hatte an nichts anderes mehr denken können. Es war eine Ruine, aber wenn es ein bißchen renoviert würde, wäre es wundervoll. Wilcox hatte behauptet, die Installationen seien in Ordnung. Sie seien erneuert worden, als Miss Nicholsons Vater das Haus gekauft habe, und er lasse regelmäßig das Wasser laufen, um die Rohre freizuhalten. Das Mauerwerk müßte ausgebessert und das Dach repariert werden. Man müßte die Wände, die Böden und die Holztreppen herrichten, auch die Küche war veraltet, aber im großen und ganzen war das Haus intakt. Obwohl sich Miss Nicholson nicht darum scherte, was damit geschah, gab Wilcox zu, wie sehr ihn der Verfall schmerze und daß er versuche, es wenigstens vor dem vollständigen Verfall zu bewahren.
    Sie und Nick hatten sich ausgemalt, wie sie es aufteilen würden. Sie würde das Erdgeschoß mit dem Hof und den ersten Stock nehmen, er die beiden oberen Stockwerke – den zweiten Stock für seine Galerie, den dritten als Wohnung. Sie würden sich die Miete teilen und die First-Merchants-Bank um einen Kredit bitten, um die Renovierung zu bezahlen. Zwar hätten sie ihren Plan lieber ohne geborgtes Geld realisiert, aber es ging eben nicht anders. Im Moment hatten sie beide kein flüssiges Kapital.
    Fiona hatte viel Geld in TasTea gesteckt. Allein im letzten Monat hatte sie zwei Verkäuferinnen eingestellt, einen Wagen und Pferde angeschafft und einen Kutscher dafür angeheuert. Und die Entwicklung und Werbung für ihre neuen aromatisierten Tees hatten ein kleines Vermögen verschlungen. Wochenlang hatten sie und Stuart experimentiert – Mischungen getestet und wieder verworfen –, bevor ihnen eine Mischung gelungen war, die intensiv genug war, um dem gewünschten Geschmack zu entsprechen, aber nicht zu intensiv, um den ursprünglichen Geschmack völlig zu überdecken.
    Sie hatte auch viel Geld in Burton-Aktien investiert. Die Londoner Dockarbeiter hatten schließlich die Arbeit niedergelegt. Nach monatelangem Kampf um bessere Löhne und einen Achtstundentag hatte die Gewerkschaft zum Streik aufgerufen, nachdem einer Gruppe von Männern die Zusatzprämie verweigert worden war. Die Arbeiter hatten sich zusammengeschlossen – Facharbeiter, Hilfsarbeiter und Schauerleute – und alle Tätigkeiten

Weitere Kostenlose Bücher