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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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aber du hattest recht.«
    Er sah sie mit einem zweifelnden Lächeln an. »Das ist toll«, begann er. »Er ist ein sehr …«
    »Er ist ein wundervoller Mann«, fiel sie ihm ins Wort. »Er ist klug, warmherzig und liebevoll. Und er liebt mich. Das hat er mir gesagt.«
    Wen willst du überzeugen, altes Haus? Mich oder dich? fragte sich Nick. Sie wandte den Blick ab, und ihr Gesicht wirkte verschlossen.
    »Hast du seine Familie schon kennengelernt?«
    »Nein, noch nicht. Sie scheinen es ihm nicht leichtzumachen im Moment. Offensichtlich gefällt es Wills ältestem Sohn nicht, daß er sich mit mir trifft. Ich schätze, ich hab nicht den richtigen Stammbaum.«
    »Ach, wirklich? Und für wen hält sich der kleine Angeber?« fragte Nick ärgerlich. »Er könnte von Glück sagen, jemanden wie dich in seiner Familie zu haben. Diese blöden Amerikaner mit ihren lächerlichen gesellschaftlichen Ambitionen! Zwei Generationen, die mit Holz Geld gemacht haben, und schon halten sie sich für Aristokraten.«
    Fiona lächelte über seine Schmeichelei. »Und was bist du dann, du feiner Pinkel?« neckte sie ihn. »Der Herzog von Strengdorf? Der Kronprinz von Grillhausen?«
    »So was in der Richtung«, antwortete er, plötzlich verlegen. Die spaßhaften Namen hatten trotzdem etwas Vertrautes an sich. Es war lange her, daß ihn jemand mit seinem richtigen Titel angesprochen hatte, und er zweifelte, ob das je wieder geschehen würde. Ihm sollte es recht sein. Seine Herkunft hatte ihm nichts als Kummer eingetragen. Als er England verließ, hatte er ihn für immer abgelegt.
    »Sieh nur, Prinz Nörgelbrei, da ist das Haus wieder.«
    »Hm?« fragte er, froh über den Wechsel des Themas.
    »Das baufällige Haus. Wir sind zweimal daran vorbeigekommen. Wie kann jemand ein Haus einfach verfallen lassen?« Sie ging darauf zu und sah es an. Nick blickte ebenfalls darauf und fragte sich, was sie so interessant daran fand. Es war nichts als eine Ruine, obwohl im Vorgarten ein hübscher Rosenbusch stand und über der Tür eine rotblühende Kletterpflanze rankte.
    »Mr. Soames?« rief der Makler.
    »Komm, Fee«, sagte Nick. »Man ruft uns. Wir müssen uns wieder Räume ansehen, die zu dunkel, zu klein und zu schäbig sind.«
    Der Makler zeigte ihnen vier weitere Objekte, wovon ihnen keines gefiel, dann verabschiedete er sich und versprach, Bescheid zu geben, sobald er neue Angebote hätte.
    »Sollen wir einen Happen essen gehen, Fee?« fragte Nick, der glaubte, sie stünde neben ihm. Was aber nicht zutraf. Sie stand ein Stück weit von ihm entfernt – wieder vor dem baufälligen Haus. Die Hände auf den Eisenzaun gelegt, der den Vorgarten vom Gehsteig trennte, starrte sie abwesend zu den hohen, mit Brettern vernagelten Fenstern hinauf.
    »Was siehst du dir denn da an?« fragte er.
    »Das Haus muß früher mal herrlich gewesen sein.«
    »Aber jetzt nicht mehr. Komm, bevor der Giebel runterfällt und uns beide erschlägt.«
    Aber sie ließ sich nicht fortlocken. »Jemand muß es einmal geliebt haben. Die Rosen sind nicht von allein gewachsen, und sieh dir diesen …« Sie beugte sich über den Zaun und berührte einen großen blauen Rittersporn. »Jemand hat es einfach aufgegeben, Nick. Wie ist das nur möglich?«
    Nick seufzte ungeduldig. Er wollte fort. Er war müde und hungrig und hatte zudem das unbehagliche Gefühl, beobachtet zu werden. Obwohl er sich einzureden versuchte, daß er sich täuschte, sah er zwei Häuser weiter unten einen Mann den Gehsteig kehren, der sie argwöhnisch anstarrte.
    »He! Was machen Sie da? Hier wird nicht rumgelungert!» rief er.
    »Wir lungern nicht rum«, antwortete Fiona und ging ein paar Schritte auf ihn zu. »Wir bewundern das Haus.«
    »Ich nicht«, murmelte Nick.
    »Wissen Sie, warum es mit Brettern vernagelt ist?« fragte sie den Mann.
    »Na klar weiß ich das. Ich bin der Hausmeister.«
    Fiona stellte sich vor. Nick blieb nichts übrig, als ihr zu folgen. Der Hausmeister nannte seinen Namen – Fred Wilcox – und erklärte ihnen, daß er sich im Auftrag einer älteren Dame namens Esperanza Nicholson um das Anwesen kümmere.
    »Warum hat sie es aufgegeben?«
    »Warum interessiert Sie das?« fragte Wilcox.
    »Weil ich es traurig finde, daß es zerfällt.«
    »Das ist traurig«, erwiderte Wilcox ein wenig zugänglicher. »Vor etwa fünfzig Jahren bekam es Miss Nicholson von ihrem Vater zur Hochzeit geschenkt. Sie wollte mit ihrem Mann dort leben, nachdem sie von der Hochzeitsreise zurückgekehrt waren. Es wurde

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