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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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deswegen so kratzbürstig.«
    Fiona dachte darüber nach. »Meinst du, das ist es?«
    »Schon möglich. Hab Geduld. Laß ihm ein wenig Zeit.«
    Madame Eugénie kam mit einer Schachtel zurück. Simone folgte ihr mit Fionas Kleid. Wie angewurzelt blieb Madame stehen, sah auf das Korsett auf dem Boden, die Tränenspuren in Fionas Gesicht und blickte dann Mary an.
    »Die Nerven«, flüsterte Mary.
    Madame schenkte ihr einen wissenden Blick und wandte sich Fiona zu. »Sehen Sie, chérie, was Ihr zukünftiger Gatte geschickt hat.« Sie öffnete die Schmuckschachtel in ihrer Hand und hielt eine atemberaubende Perlenkette mit einem Diamantmedaillon hoch. Fiona riß die Augen auf. Mary und Maddie blieb die Luft weg. »Aus Paris. Von Cartier. Zu Ihrem Kleid«, fügte Madame hinzu. »Sie ist erlesen, nicht wahr? Probieren Sie sie an.« Sie befestigte die Kette an Fionas Hals. »Ein Mann, der solche Dinge schickt …«, sie zuckte die Achseln, weil ihr die Worte fehlten. »Nun, eine Frau, die einen solchen Mann hat, muß keine Tränen vergießen.«
    Fiona betrachtete das Halsband im Spiegel. Überwältigt faßte sie es an. Nie in ihrem Leben hatte sie so etwas Schönes gesehen. Will war so unglaublich gut zu ihr, so aufmerksam. Sie hatte Emilys Perlen bewundert, als sie sie und ihre Brüder vor ein paar Wochen in Hyde Park kennengelernt hatte. Das hatte er mitbekommen und schenkte ihr jetzt ihre eigenen Perlen. Er war reizend zu ihr, Emily war reizend zu ihr gewesen, so wie seine ganze Familie. Selbst Will junior hatte sich bemüht, ihr das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Madame hatte recht. Wohl kaum eine Frau würde ein paar Tage vor der Hochzeit mit einem Mann wie Will weinen. Was war schon eine dumme kleine Teestube, verglichen mit seiner Liebe zu ihr? Mit ihrer Liebe zu ihm? Und ich liebe ihn, beharrte sie. Ganz gleichgültig, was Nick denkt.
    Sie drehte sich zu Madame um, die das verhaßte Korsett hielt, und streckte pflichtschuldig die Arme aus. Als es wieder angelegt war, nahm Simone ihr Kleid – ebenfalls ein Geschenk von Will – vom Bügel und half ihr hinein. Es war bereits anprobiert worden, und jetzt wurde nur noch überprüft, ob weitere Änderungen nötig waren. Madame schloß die lange Reihe von Knöpfen an ihrem Rükken, glättete das Mieder, zupfte am Rock und trat dann lächelnd zurück. »Perfekt!« erklärte sie. »Wie ich immer sage – je hübscher das Mädchen, um so einfacher das Kleid. Nur die Reizlosen haben den vielen Putz nötig«, fügte sie mit gallischer Offenheit hinzu. »Um abzulenken.«
    Fiona drehte sich zum Spiegel um. Seit sie Will kannte, hatte sie sich eine Reihe hübscher Kleider gekauft. Verglichen mit diesem Kleid, waren es Lumpen. Es bestand aus elfenbeinfarbener belgischer Spitze über einem seidenen Unterrock und war mit Tausenden winziger Perlen bestickt. Madame hatte ihr die übertriebenen Puffärmel, den hohen Kragen und die vielen Verzierungen ausgeredet, die gerade beliebt waren, und ihr zu einem einfacheren Schnitt geraten, der gerade in Mode kam. Das Kleid besaß einen viereckigen Ausschnitt, der ihren anmutigen Hals zur Geltung brachte, Dreiviertelärmel, eine elfenbeinfarbene Seidenschärpe mit einer Schließe aus Seidenrosen und eine Schleppe, die von der Taille zum Boden reichte. Dazu würde sie einen elfenbeinfarbenen, bis zum Saum reichenden Tüllschleier tragen. Als sie sich in dem Kleid, mit den Juwelen und dem hochgesteckten Haar betrachtete, sah Fiona eine Frau, die bald Ehefrau sein würde. Kein Mädchen mehr.
    »Mein Gott, du siehst umwerfend aus, altes Haus. Beinahe hätte ich dich nicht erkannt.«
    Sie drehte sich um. »Nick!« rief sie aus, zum erstenmal seit Tagen wieder strahlend. Mit einem wehmütigen Ausdruck in den Augen lehnte er mit dem Hut in der Hand an der Tür. Sie raffte ihre Röcke, lief auf ihn zu und blieb ein paar Schritte vor ihm stehen. »Ich dachte schon, du kommst nicht … ich dachte …«
    »Ach, du dummes Huhn. Natürlich bin ich gekommen.«
    Eine Weile blieben sie so stehen, und Fiona drehte den Ring an ihrem Finger. Nick sah auf seinen Hutrand hinab.
    »Ich wollte nicht …«, begann er.
    »Ist schon gut«, unterbrach sie ihn schnell.
    Nick sah ihr in die Augen. »Freunde?« fragte er.
    »Immer«, antwortete sie und umarmte ihn fest. So blieben sie lange stehen, bevor sie sich wieder losließen.
    Madame wandte sich an Mary und Maddie. »Ist das der zukünftige Gatte? Er sollte sie noch nicht sehen!«
    »Nein, das ist der

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