Die Teerose
was das ist – es ist eine Posse! Jemanden auf diese Weise zur Heirat zu zwingen. Das wissen Sie, und jeder im Gerichtssaal weiß das auch!«
»Das reicht!« brüllte Eames und sprang auf. »Ich erwarte, daß Sie zumindest meinem Amt gebührenden Respekt erweisen, wenn Sie mich in meinem Gerichtssaal ansprechen!« schrie er. »Wache! Entfernen Sie Miss Bly und alle Presseleute aus dem Saal. Sofort!«
Nachdem die Presse hinausgeleitet worden war und schließlich wieder Ruhe einkehrte, fuhr Eames mit der Verurteilung der Verhafteten fort. Mit Teddy Sissons’ Hilfe gelang es Fiona, das Gerichtsgebäude durch den Hintereingang zu verlassen und die Reporter auf ihrem Weg nach Hause auszutricksen, wo sie ihre und Nicks Papiere holen wollte. Teddy versuchte, ihr die Heirat auszureden. Was Eames fordere, sei illegal, sagte er, der Mann habe kein Recht, eine solche Auflage zu verhängen. Er und Stephen würden sich darum kümmern, versprach er. Es würde höchstens ein paar Tage, vielleicht eine Woche dauern.
Fiona streckte den Arm aus, um eine Droschke anzuhalten. »Eine Woche?« fragte sie. »Ich soll ihn eine Woche in den Tombs lassen? Haben Sie sein Gesicht gesehen? Gott weiß, ob das alles war, was sie ihm angetan haben.« Eine Droschke drosselte ihr Tempo, und sie lief darauf zu.
»Ich bin in zwei Stunden zurück«, rief sie. »Bleiben Sie bei ihm und hindern Sie ihn daran, irgendwas Dummes zu tun.«
»Für ihn ist es ohnehin zu spät«, seufzte Teddy, als der Wagen abfuhr. »Ich versuchte, Sie daran zu hindern.«
»Elgin? Ich dachte Ihr Familienname sei Soames«, sagte Cameron Eames und sah auf Nicks Geburtsurkunde.
»Er ist Elgin. Aber ich trage den Namen meiner Mutter.«
Fiona sah Nick an. Das war ihr neu. Bald würde auch sie Elgin heißen. Oder würden sie Soames benutzen? Sie spürte, wie ihr schwindelig wurde. Einen Moment lang glaubte sie, ohnmächtig zu werden. Was kein Wunder wäre. Sie hatte nicht geschlafen, nichts gegessen, und jetzt die Hochzeit mit Nick.
»Was ist das?« fragte Eames und deutete auf eine Abkürzung vor Nicks Namen.
»Das … ähm … das steht für Vicomte.«
Was macht er denn jetzt? fragte sich Fiona erschöpft. Es war zu spät für weitere Tricks. Die hatten sie schon alle ausprobiert. Glaubte er wirklich, er könnte den Richter einschüchtern, wenn er vorgab, adelig zu sein?
»Vicomte?« fragte Eames.
»Ja.«
»Was ist ein Vicomte genau?«
»Der älteste Sohn eines Herzogs.«
»Ihr Vater ist ein Herzog?«
»Der sechste Herzog von Winchester.«
Fiona warf ihm einen bösen Blick zu. »Hör auf«, sagte sie tonlos. Der Sohn des Herzogs von Winchester. Also wirklich! Als nächstes würde sie sagen, sie sei eine Prinzessin.
Er schenkte ihr ein schüchternes Lächeln. Wenigstens war es schüchtern, dachte sie. Was schwer zu sagen war bei seinen verschwollenen Augenlidern. Dennoch sah er inzwischen besser aus. Der Richter hatte ihm erlaubt, sich das Gesicht zu waschen, er hatte sich gekämmt und die frischen Kleider angezogen, die sie mitgebracht hatte. Er sah ganz passabel aus. Zumindest wie ein junger Mann aus gutem Haus und nicht wie ein Krimineller.
Auch Fiona hatte es geschafft, sich umzuziehen. Unbemerkt war sie in Michaels Wohnung geschlüpft, glücklicherweise war Mary mit den Kindern ausgegangen. Dort hatte sie ihre zerknitterten Sachen abgelegt und eine weiße Spitzenbluse und ein türkisfarbenes Seidenkostüm angezogen. Dann hatte sie sich schnell gekämmt und einen Hut aus dem Schrank geholt. Als sie in einer Schublade nach ihrer Geburtsurkunde suchte, war sie auf die Eheringe ihrer Eltern gestoßen, die sie in ihre Tasche steckte. Auf dem Weg nach draußen schreckte sie zusammen. Gerade, als sie ins Wohnzimmer trat, ging die Eingangstür auf, und Michael kam herein. Schnell schlüpfte sie wieder in ihr Zimmer zurück, als er durch den Gang zur Toilette ging. Wenn er davon Wind bekommen hätte, hätte er versucht, die Sache zu verhindern. Sie schlich hinaus, während er noch auf der Toilette war, dann eilte sie die Seventh Avenue hinunter und erwischte eine Droschke zum Gramercy Park. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie Nicks kleine Ledermappe fand, in der er seine Papiere aufbewahrte, aber schließlich hatte sie sie unter seinem Bett entdeckt. Dann hatte sie ein frisches Hemd und eine Jacke aus seinem Schrank genommen und war zum Gerichtsgebäude zurückgeeilt. Wenn Peter Hylton und seine Mannschaft Bilder machen wollten, dann sollten sie sie bekommen,
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