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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Tuch, bat ihre Gefährten Platz zu nehmen, reichte ihnen Servietten und Besteck und servierte ihnen dann das Mittagessen.
    »Mann, Millie, du hast ja genügend Essen, um eine ganze Kompanie satt zu machen«, rief Joe aus.
    »Eine Kompanie namens Harry«, antwortete sie und schnitt eine Schweinefleischpastete an. Das ist die Schuld meiner Tante Martha – Harrys Mutter. Sie hat mir geschrieben und mich gebeten, dafür zu sorgen, daß ihr Liebling genügend zu futtern kriegt, und mir eine Liste seiner Lieblingsgerichte geschickt.«
    »Aber sie wollte nicht, daß ich alle auf einmal esse! Nicht mal ich könnte diese Berge vertilgen«, sagte Harry.
    Abgesehen von der großen Schweinefleischpastete gab es panierte Eier, Würstchen im Teigmantel, Fleischplätzchen, gebratenes Hühnchen, kaltes Lamm, Salzheringe, dunkles Brot, Stilton- und Cheddarkäse, Ingwerbrot und Zitronenplätzchen. Joe und Harry waren hungrig, und sobald Millie ihnen ihre Teller gereicht hatte, gaben sie sich genüßlich den Gaumenfreuden hin.
    »Das ist herrlich, Millie, danke«, sagte Joe.
    »Ja«, pflichtete ihm Harry kauend bei. »Verdammt viel besser als der Fraß aus der Garküche.«
    Während Joe und Harry aßen, erkundigte sich Millie nach ihrer Arbeit und erzählte lustige Geschichten aus ihrer und Harrys Kindheit, die alle zum Lachen brachten. Joe erfuhr, daß Harrys Mutter die einzige Schwester von Millies verstorbener Mutter und daß Harry nur sechs Monate älter als sie war. Daß die beiden seit ihrer Kindheit Spielkameraden waren, sich aber in den letzten Jahren weniger gesehen hatten, weil Harrys Familie nach Brighton gezogen war.
    Joe sah von Millie zu Harry – beide hatten blondes Haar und fröhliche Gesichter. Sie ähnelten sich sehr. Wie Millie war Harry ein heller Typ, allerdings groß und muskulös. Er interessierte sich für Sport, Pferde und hübsche Mädchen, weniger fürs Geschäft, hatte er Joe gestanden und ihn schwören lassen, nichts davon seinem Onkel zu erzählen. Harry wollte Entdecker werden. Er wollte nach Indien und Afrika gehen, was er im Dezember, wenn er zwanzig würde, auch in die Tat umsetzen wollte.
    Sobald Joe seinen Teller leer gegessen hatte, lud ihm Millie eine neue Portion auf. Er trank einen Schluck Ingwerbier, lehnte sich in einen der Sessel zurück und entschloß sich, den Nachschlag ein bißchen langsamer zu essen. Eine angenehme Mattigkeit überkam ihn, während der Nachmittag verstrich. Das Essen, das lodernde Feuer und Millies lebhafte Gesellschaft hatten die Düsternis des Tages und sein Heimweh vertrieben. Ihm war warm, er hatte gut gegessen und fühlte sich zufrieden. Noch nie hatte er einen solchen Tag erlebt, ohne Arbeit und Sorgen, mit nichts anderem zu tun, als mit zwei Freunden vor einem Feuer zu sitzen. Gemeinsam mit Millie und Harry hatte er das Gefühl, als würde nichts auf der Welt ihn belasten.
    Er sah die fröhlich plaudernde Millie an und fragte sich, ob sie Sorgen hatte, ob sie jemals welche gehabt hatte. Obwohl ihr Blick auf Harry gerichtet war, saß sie so nahe bei ihm, daß er ihr Parfüm riechen konnte. Flieder. Ihre Wangen schimmerten rosig, das blonde Haar leuchtete im Feuerschein. Er schloß die Augen und dachte an Fiona und wie sehr sie all die Köstlichkeiten genießen würde – das Ingwerbier, den Stiltonkäse, die Zitronenplätzchen. Er wünschte, sie wäre hier. Er konnte ihr schreiben und ihr von allem berichten. Nein, lieber nicht, dachte er. Die Tatsache, daß er einen ganzen Nachmittag mit Millie verbracht hatte, würde nicht gut ankommen. Selbst wenn er erklärte, daß Millie nur ihren Cousin besucht habe, was natürlich stimmte, würde Fiona eifersüchtig reagieren. Sie verstand nicht, daß Millie einfach nur ein nettes, liebes Mädchen war. Er würde es für sich behalten.
    Joe spürte ein leichtes Zupfen an seinem Bein, hörte Millie und Harry kichern, und stellte fest, daß sie über ihn lachten.
    »Na, Bristow, halten wir dich vom Schlaf ab?« fragte Harry.
    Joe öffnete die Augen und lächelte. »Überhaupt nicht«, antwortete er und streckte sich. »Ich ruh bloß meine Augen aus.«
    »Wie spät ist es, Harry?« fragte Millie.
    »Kurz nach fünf.«
    »Ich muß mich auf den Weg machen«, sagte sie und begann, die Reste einzuwickeln. »Ich hab Harris gesagt, er soll mich um fünf abholen. Wahrscheinlich wartet er schon.«
    Harry ergriff ihre Hand. »Nein, tut mir leid, aber du darfst nicht gehen. Du mußt für immer bei uns bleiben.«
    »Das würde sich wohl

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