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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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daß Joe in die Küche gekommen war.
    »Fee?« sagte er sanft und kniete sich neben sie.
    Sie hob den Kopf. »O Joe«, flüsterte sie. In ihren Augen stand so viel Leid, daß auch ihm die Tränen kamen. Er nahm sie in den Arm und hielt sie fest, während sie weinte, wiegte sie sanft und streichelte ihr übers Haar, als sie zu schluchzen begann.
    Als sie nicht mehr weinen konnte, nahm er ihr Gesicht zwischen die Hände und wischte ihr mit den Daumen die Tränen ab. »Mein armes Mädchen«, sagte er.
    »Warum, Joe? Warum mein Pa?« fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Ich weiß es nicht, Fiona. Ich wünschte, ich hätte eine Antwort für dich.«
    Fiona blickte ihn an und sah, daß er müde und abgekämpft aussah. »Peterson läßt dich wohl hart arbeiten?«
    »Ja. Die Erntewagen kommen gerade an. Wir laden sie rund um die Uhr ab. Sonst wär ich schon früher gekommen. Gestern früh hab ich den Brief von meiner Mutter bekommen, aber ich hab nicht weggehen können, sonst hätte man mich rausgeschmissen. Tommy Peterson schert sich nicht um die Beerdigungen anderer Leute. Ich hab kein Auge zugetan, seit ich es erfahren hab. Es tut mir leid, Fee. Wenn ich nur früher hätte kommen können.«
    Fiona nickte, sie verstand. Jetzt war er ja da.
    »Wann mußt du zurück?«
    »Heut abend. Nicht gleich, aber später. Harry ist für mich eingesprungen, aber morgen früh kriegen wir eine weitere Lieferung.«
    Sie war enttäuscht. Sie hatte gehofft, er könnte bleiben. Mein Gott, wie sehr sie sich wünschte, er wäre noch im Haus seiner Eltern statt am anderen Ende von London. Sie brauchte ihn jetzt so sehr – um mit ihm zu reden, getröstet zu werden. Auch in den nächsten Tagen würde sie ihn brauchen. Aber er wäre nicht da.
    Als hätte er ihre Gedanken erraten, legte er ihr einen Shilling in die Hand. »Hier. Für Papier und Briefmarken. Du kannst mir schreiben. Jeden Abend. Wenn du es nicht mehr aushältst, schreib mir einfach einen Brief, und dann ist es so, als wenn wir uns unterhalten würden, in Ordnung?«
    »Ja, gut.«
    »Ich hab noch Zeit für einen Spaziergang«, sagte er und stand auf. »Laß uns hier rausgehen. Das ganze Geflüster und die ewige Heulerei tun dir nicht gut. Wir gehen zum Fluß runter und seh’n uns die Schiffe an. Wir haben noch eine Stunde, bis es dunkel wird.«
    Fiona stand auf und nahm ihren Schal vom Haken an der Hintertür. Er hatte recht, es wäre gut, aus dem Haus zu kommen. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, daß ihr Pa unten am Wasser war, gegenwärtig in allen Dingen, die er liebte – den grauen Wellen, den schnell dahinziehenden Wolken, den kreischenden Möwen, dem kühnen Bug eines Schiffes hinaus auf dem Weg ins Meer. In diesem Haus der Qual war er nicht, er war dort unten beim Fluß – dessen war sie sich sicher. Und als Joe ihre Hand nahm und sie aus dem Haus führte, beruhigte sie diese Gewißheit und gab ihr ein wenig Frieden.

   11   
    K ate überprüfte die Hausnummer auf dem Zettel in ihrer Hand: Steward Street fünfundsechzig. Das war auch die Nummer an der Tür. Warum öffnete niemand? Sie klopfte noch einmal.
    »Einen Moment bitte!« rief eine Stimme von drinnen. »Hab’s schon gehört.«
    Die Tür wurde aufgerissen, und sie stand einer dicken Frau mit zerzaustem Haar gegenüber, die allem Anschein nach geschlafen hatte und nicht erfreut war, geweckt zu werden.
    »Sind Sie Mrs. Colman?«
    »Ja.«
    »Ich bin Mrs. Finnegan. Ich bin wegen dem Zimmer hier.«
    »Kommen Sie rein«, antwortete die Frau und führte sie in eine dunkle Diele, in der es nach Kohl stank. »Das Zimmer ist oben. Im obersten Stockwerk. Die Tür ist offen. Es ist ein schönes Zimmer, Mrs. Flanagan«, sagte die Frau. Ihre Zähne waren schwarz. Sie roch nach Whiskey.
    »Finnegan.«
    »Flanagan, Finnegan, das ist mir egal. Gehen Sie nur rauf.«
    »Danke, Mrs. Colman«, erwiderte Kate und stieg die Treppe hinauf. Das Geländer wackelte unter ihrer Hand, als sie zum ersten Absatz hinaufstieg. Die Treppe zitterte und knarzte. Durch eine offene Tür sah sie eine junge Frau, die an einer Brotrinde nagte, während sie ihr Baby stillte, durch eine andere einen Mann, der ausgestreckt auf einem Bett lag und schnarchte.
    Sie ging zum zweiten Absatz hinauf. Eine der drei Türen stand weit offen. Sie ging hinein. Etwas knirschte unter ihren Füßen. Vermutlich ein Stück Putz, dachte sie. Das Zimmer war dunkel, denn vor dem einzigen Fenster waren die Läden vorgezogen. Sie schlug sie zurück und schrie auf.
    Der

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