Die Templerin
Bruder Tobias auf sie zueilen wollte, von Jeromé jedoch mit einer raschen Bewegung daran gehindert wurde. »Du willst uns etwas sagen, nicht wahr? Etwas, das wichtig für dich ist.« Robin nickte, aber sie war nicht ganz sicher, daß Jeromé die Bewegung wirklich als das erkannte, was sie war, denn sie wurde noch immer von einem heftigen Hustenkrampf geschüttelt. Allmählich bekam sie es mit der Angst zu tun. Der Husten wollte nicht aufhören, und irgend etwas in ihrer Kehle schien wieder aufgerissen zu sein, denn sie schmeckte frisches Blut.
»Ich denke, daß das jetzt genug ist«, mischte sich Tobias ein. »Seht ihr nicht, wie schlecht es ihr geht?«
Jeromé wollte abermals auffahren, aber diesmal kam Robin ihm zuvor. Mühsam stemmte sie sich hoch, kämpfte den Hustenanfall mit aller Kraft nieder und streckte die Hand in Jeromés Richtung aus. Der Tempelritter machte zwar ein fragendes Gesicht, hob aber dann die Schultern und kam gehorsam näher. Robin griff mit der rechten Hand nach seinem Rock, zupfte zweimal daran und deutete gleichzeitig wieder auf ihren Hals. Sie schüttelte heftig den Kopf und riß und zerrte weiter an Jeromés Rock.
»Was… was soll das?« fragte Jeromé verwirrt, aber auch in leicht ärgerlichem Ton. Er griff nach ihrer Hand, um sie zur Seite zu schieben, aber Robin riß sich los und fuhr fort, immer hektischere, pantomimische Gesten zu machen.
»Was ist in dich gefahren?« fragte Jeromé. Er klang nun wirklich zornig. Geduld gehörte offenbar nicht zu seinen großen Stärken. »Hast du den Verstand verloren?«
»Warte, Jeromé.« Abbé hob besänftigend die Hand und trat zugleich mit einem raschen Schritt zwischen sie; wohl, um den direkten Blickkontakt zwischen ihnen zu unterbrechen. »Ich glaube fast, ich … ich weiß, was sie uns sagen will.« Er schüttelte ein paarmal den Kopf. »Aber es fällt mir schwer, zu glauben.«
»Was?« fragte Jeromé scharf.
Abbé ignorierte ihn. »Dieser Mann mit der Narbe im Gesicht«, sagte er. Seine Stimme wurde leiser, aber zugleich auch eindringlicher. Etwas in seinen Augen … flackerte. »Es war der, der versucht hat, dich zu töten, nicht wahr?«
Robin nickte.
»Aber du willst uns sagen, daß er nicht… zu Gernots Leuten gehörte.« Das winzige Stocken in seiner Stimme war kein Zufall. Abbé blieb äußerlich ruhig, aber Robin spürte, daß es hinter dieser Maske vollkommen anders aussah. Abbé hatte längst begriffen, was sie ihnen sagen wollte - aber er weigerte sich anscheinend mit aller Macht, es sich selbst einzugestehen.
»Was soll das heißen: Nicht zu Gernots Leuten?« fragte Jeromé. »Er ist der Waffenmeister auf Burg Elmstatt!«
»Aber in dieser Nacht war er es nicht«, antwortete Abbé düster. »In der Nacht, in der Robins Dorf überfallen wurde, trug er die gleiche Kleidung wie wir. Die Kleidung eines Tempelritters. Das ist es doch, was du uns sagen willst, oder?«
Robin nickte.
»Das … das ist unmöglich«, sagte Jeromé. »Sie muß sich irren. Das - oder sie lügt.«
»Welchen Grund sollte sie haben?« Abbé schüttelte müde den Kopf. »Ich fürchte, sie sagt die Wahrheit.«
»Unsinn!« widersprach Jeromé. Er begann heftig zu gestikulieren; vielleicht ein wenig zu heftig. Seine Stimme war zu laut. »Dann phantasiert sie! Sie war dem Tode näher als jeder von uns! Vielleicht hat das Fieber ihren Verstand verwirrt, oder sie hat Angst!«
»Vielleicht sagt sie aber auch die Wahrheit«, sagte Abbé.
»Welchen Sinn sollte das ergeben?« gab Jeromé heftig zurück. »Niemand würde es wagen, sich für einen der unseren auszugeben…«
»…und in der Maske eines Tempelritters ein Gemetzel unter unschuldigen Bauern und Fischern anzurichten?« unterbrach ihn Abbé. »Das stimmt. Niemand, der nicht verrückt ist - oder dem nicht sehr viel daran gelegen ist, uns zu diskreditieren.«
»Aber warum sollte Gunthar von Elmstatt das wollen?« protestierte Jeromé. »Burg Elmstatt und unsere Komturei sind seit langen Jahren in Freundschaft verbunden! Du selbst hast seinem ältesten Sohn die Weihen erteilt, als er in den Orden aufgenommen wurde! Das ergibt… überhaupt keinen Sinn!« Er wies anklagend auf Robin. »Du willst doch Freiherr Gunthar nicht mit einer so … so ungeheuerlichen Anschuldigung konfrontieren, nur auf das Wort eines Bauernmädchens hin, das niemand von uns kennt!«
»Und das vor zwei Tagen mit durchgeschnittener Kehle praktisch vor unserer Haustür gefunden wurde«, fugte Abbé hinzu, schüttelte aber
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