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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sprechen, um sich dann zu erinnern. Oder?
    »Ich bin Noral der Ofenmeister«, sagte der Schlaue links von Glurks Bruder.
    »Mein Name …«
    »Ja.«
    »Wir …«
    »Ja.«
    »Es kam zu …«
    »Ich weiß.«
    » Woher? «
    »Nach dem Essen erzählst du mir davon.«
    »Oh.« Snibril trachtete danach, einen klaren Gedanken zu fassen. Pismire hatte recht. Es war fast unmöglich, sich mit jemandem zu unterhalten, der bereits das ganze Gespräch kannte. »Wißt ihr wirklich über alle zukünftigen Ereignisse Bescheid?« brachte er schließlich hervor.
    Im Schatten unter der Kapuze zeichnete sich ein Lächeln ab. »Nicht über alle. Wie kann man alles wissen? Nun, viele Dinge sind uns tatsächlich bekannt.«
    Snibril sah sich verzweifelt um. Bane und Pismire sprachen mit anderen Schlauen und schenkten ihm überhaupt keine Beachtung.
    »Aber, aber … Angenommen, ihr kennt Zeitpunkt und Umstände des eigenen Todes. Angenommen, euch erwartet der Angriff eines wilden Tiers.«
    »Ja?« fragte Noral höflich.
    »Dann könntet ihr einfach nicht zugegen sein, oder?«
    »Beim eigenen Tod fehlen?« erwiderte der Schlaue. »Das wäre ein guter Trick.«
    »Nein! Ich meine, ihr könntet vermeiden …«
    »Ich weiß, was du meinst. Aber das ist nicht unmöglich. Es ist schwer zu erklären. Besser gesagt: Es ist leicht zu erklären, aber schwer zu verstehen. Wir müssen dem Faden folgen. Dem einen Faden. Und er darf nicht reißen.«
    »Gibt es überhaupt keine Überraschungen für euch?« erkundigte sich Snibril.
    »Ich weiß nicht. Was ist eine Überraschung?«
    »Kannst du mir mitteilen, was mich – beziehungsweise uns alle – erwartet? Ihr wißt, was geschehen ist, was geschieht und was geschehen wird. Es wäre recht nützlich für uns, einen Blick in die Zukunft zu werfen.«
    Die dunkle Kapuze wandte sich ihm zu.
    »Das bezweifle ich. Dadurch kann das Leben ziemlich problematisch werden.«
    »Wir brauchen Hilfe«, drängte Snibril. Er sprach jetzt leise, flüsterte fast. »Wer oder was ist der Schreckliche Scheuerer? Wo sind wir sicher? Was sollen wir jetzt unternehmen? Kannst du uns Auskunft geben?«
    Der Schlaue beugte sich ein wenig näher.
    »Bist du imstande, ein Geheimnis zu hüten?« fragte er in verschwörerischem Tonfall.
    »Ja!« bestätigte Snibril sofort.
    »Ich meine, kannst du es wirklich für dich behalten? Selbst wenn alles in dir danach verlangt, davon zu erzählen? Auch wenn das Schweigen so heiß brennt wie eine glühende Kohle in der Hand? Bist du auch dann fähig, das Geheimnis zu wahren?«
    »Äh, ja.«
    »Gut«, sagte der Schlaue und lehnte sich wieder zurück. »Wir sind ebenfalls dazu in der Lage.«
    »Aber …«
    »Laß es dir schmecken.«
    »Wird mir die Mahlzeit gefallen?«
    »Wenn ich mich recht entsinne, warst du von ihr begeistert.« Der Schlaue drehte sich halb um, zögerte und richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf Snibril. »Den Gürtel kannst du behalten.«
    »Oh, du weißt davon.«
    »Jetzt ja.«
    Der Munrung runzelte die Stirn. »He, wart mal! Das habe ich nur gesagt, weil du …«
    »Du solltest nicht versuchen, es zu verstehen«, sagte Noral sanft.
    Snibril aß eine Zeitlang, doch ihm fielen immer neue Fragen ein.
    »Alles passiert«, verkündete der Ofenmeister. »Es ist wie ein Faden des Teppichs. Nichts kann verändert werden. Selbst die Veränderungen sind bereits Teil der Zukunft. Mehr brauchst du nicht zu wissen.«
    Snibril fühlte sich sonderbar: Er konnte nie wissen, ob sein Gesprächspartner dem lauschte, was er in zehn Minuten sagen würde. Zu einer erheblichen Verbesserung der Stimmung kam es, als einer der Schlauen Glurk eine Axt reichte. Sie stammte von seinem Großvater, obgleich Griff und Klinge mehrmals ersetzt worden waren.
    Bane und Pismire schwiegen, als sie schließlich zum Lager der Munrungs zurückkehrten.
    »Haben die Schlauen euch etwas verraten?« fragte Snibril.
    »Nein«, antwortete der Schamane. »Sie verraten nie etwas. Aber …«
    »Ihr Verhalten gibt Aufschluß«, ließ sich Bane vernehmen. »Sie können es nicht vermeiden, mit ihrem Gebaren den einen oder anderen Hinweis zu liefern.«
    »Was auch immer sie uns nicht sagen«, brummte Pismire, »es macht ihnen große Sorgen.«

 

     
    E ine Woche verging. Die Wagen rollten weiter nach Norden, und um sie herum veränderte sich der Teppich. Zu beiden Seiten des schmalen Weges ragten die Haare auf, und jetzt waren sie dunkelrot. Die Fusselbüsche und das Staubgestrüpp wuchsen ebenfalls in unterschiedlichen

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