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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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etwas unternehmen. Sonst gibt es bald eine Statue, die Ping macht, obwohl man ein Hallo von ihr erwartet.
    Er eilte zu Roland und legte ihm rasch das Zaumzeug an. Für den Sattel blieb nicht genug Zeit. Anschließend führte er das Pferd so leise wie möglich in die Richtung, aus der das Klimpern kam.

 

     
    D er Zänker war so alt, daß er sich gar nicht mehr an seine Jugend erinnerte. Undeutlich entsann er sich an andere Zänker, aber damals hatte er sie mit einer schier unerschöpflichen Kraft vertrieben.
    Später gab es Leute, die ihn für eine Art Gott hielten und ihm einen Tempel bauten, in dem er wohnen konnte. Man verehrte ihn, weil seine Anwesenheit so verheerend wirkte. Dafür gibt es in der langen Tradition von Verehrungen viele Beispiele, aber langfristig gesehen funktionieren derartige Religionen nicht, und das war auch hier der Fall: Er verwandelte Dutzende von Personen in Statuen, und die übrigen flohen und ließen ihn allein im Tempel zurück.
    Jetzt hatte er keine Gesellschaft mehr. Selbst die Tiere hielten sich vom Tempel fern. Er wanderte umher und rief immer wieder nach seinen Artgenossen im Süden. Eine Antwort blieb aus. Vermutlich war er der letzte lebende Zänker im Teppich.
    Manchmal versuchte er, der Einsamkeit zu entkommen. In diesem Zusammenhang war ihm alles recht, wenn es nur lebte. Er verzichtete sogar darauf, es zu fressen. Trotzdem mußte er immer wieder Enttäuschungen hinnehmen. Er brauchte sich nur dem anderen Leben zu nähern, und schon wurde es aus irgendeinem Grund steif und kalt und unfreundlich.
    Er kehrte nun zu den Ruinen seines Tempels zurück und zog den Schwanz hinter sich her. Dicht vor dem Portal nahm er plötzlich den Geruch wahr: das fast vergessene Aroma von Gesellschaft.
    Snibril hatte den Tempel kurz zuvor erreicht, und Rolands Hufe pochten nun über ein hartes Holzpflaster hinweg. Ein mattes Glühen zeigte dem Munrung teilweise geborstene Mauern, und zwischen den Trümmern standen und lagen viele Statuen. Einige von ihnen hielten Schachteln in den ausgestreckten Händen und verneigten sich tief; anderen waren halb umgewandt, die Hände zu den Augen gehoben. Auch wilde Tiere sah Snibril, und keins von ihnen rührte sich …
    In der Mitte des Tempels erhoben sich die Reste eines Altars, und von dort kam das Glühen. Wahre Schätze lagen auf der Steinplatte: Salzkristalle und Gagat, Schatullen mit klarem Lack und Rotholz, mit Schnitzereien verzierte Knochenringe, Kronen aus Bronze – alles bildete einen großen Haufen.
    Snibril band Roland an einer Säule fest und erschauerte.
    Jemand anders hatte sein Roß dort vor ihm angebunden, und es stand noch immer da. Es wirkte wie ein Pony, war jedoch nicht größer als ein Munrung-Hund und verfügte über sechs Beine.
    Glurks Bruder, hätte es einfach hochheben können, und er betrachtete das seltsame Tier verblüfft. Eine dünne Staubschicht hatte sich darauf gebildet. Roland senkte den Kopf und schnüffelte verwirrt an der reglosen Schnauze.
    Snibril wandte sich schließlich ab, trat zu dem Schatz und riß voller Ehrfurcht die Augen auf. Auch Münzen lagen hier, keine Tarnerii, sondern große Holzscheiben mit seltsamen Zeichen. Er sah lange Schwerter und mit Salzsteinen besetzte Truhen, die Schotter enthielten. Er starrte und starrte – und dann sah er aus den Augenwinkeln eine Gestalt.
    Es handelte sich um einen Krieger, und er hatte die Hand ausgestreckt …
    Deshalb war er gekommen. Doch bevor er einen Teil des Schatzes stehlen konnte, fiel er dem Zänker zum Opfer.
    Etwas klimperte, und Snibril sah ein Spiegelbild im glänzenden Schild der Statue. Er zeigte ihm etwas Schuppiges und Unförmiges.
    Das Ungeheuer steht im Portal , dachte der Munrung. Direkt hinter mir …
    Aber wenn ich mich jetzt umdrehe …
    Er griff nach dem Schild des Kriegers und hielt ihn so, daß er über die eigene Schulter sehen konnte.
    Das Klirren wiederholte sich. Am ledrigen Hals trug der Zänker Ketten aus Lack und Rotholz. An jeder Klaue funkelten Ringe. Arm- und Fußreifen schmückten den langen schuppigen Schwanz. Das Klimpern erklang immer dann, wenn er den mit einem großen Schnabel ausgestatteten Kopf bewegte.
    Der Zänker blickte in den Tempel und schnupperte. Seine Augen jagten Snibril selbst als Abbild im Spiegel einen gehörigen Schrecken ein. Sie waren groß, blau und trüb. Solche Augen konnten dafür sorgen, daß man sich selbst verlor – oder zu Stein erstarrte.
    Roland wieherte und verstummte jäh. Die Statue eines

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