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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Schamane. »Was passiert da drüben? Haben die Tölpel überhaupt keine Ahnung, wie man einen König begrüßt?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Snibril. »Er ist recht tapfer und leicht erregbar. Außerdem hört er einem kaum zu.«
    »Klingt ganz nach einem König«, meinte Pismire.
    Brocando befand sich im Zentrum einer Menge aus schwatzenden, starrenden Munrungs. Er lächelte gutmütig.
    »Tja, da stand ich nun«, erzählte er. »Nur einen Schritt vom Schatz entfernt. Und plötzlich klimperte etwas! Das Ungeheuer näherte sich mir von hinten, und ich …«
    Mit den Ellbogen bahnte sich Pismire einen Weg durch das Gedränge, nahm den Hut ab und verbeugte sich so tief, daß sein Bart den Boden berührte. In dieser Haltung verharrte er und bot dem überraschten Brocando sein weißes Haupt dar.
    »Ich grüße dich, o König«, sagte der Schamane. »Es ehrt uns sehr, daß der Sohn einer so vornehmen Familie unseren Stamm für würdig … äh, für würdig hält. Wir sind bereit, alles mit dir zu teilen, kühner Herr. Ich bin Pismire, ein bescheidener Philosoph. Das ist …«
    Er schnippte fast verzweifelt mit den Fingern und sah zu Glurk hinüber. Mit offenem Mund beobachtete das Stammesoberhaupt einen Pismire, der noch immer verneigt vor dem Zwergenkrieger stand.
    »Na los, worauf wartest du noch? Das Protokoll ist sehr wichtig. Verbeug dich vor dem König!«
    »Was ist ein König?« fragte Glurk und blickte sich verwirrt um.
    »Zeig Respekt!« riet ihm der Schamane.
    »Wieso? Mein Bruder hat ihn gerettet, oder?«
    Snibril sah Bane, der weiter hinten stand, mit verschränkten Armen und grimmiger Miene an. Er verband keine sehr angenehmen Erinnerungen mit der Schule in Tregon Marus, aber er hatte dort einige Dinge gelernt und wußte: Die Dumii verabscheuten Könige. Sie zogen Gebieter vor, weil man sie leichter loswerden konnte.
    Auf dem Rückweg vom Tempel hatte er Brocando gefragt, was der Hinweis bedeutete, sein Volke zähle nicht. Die Antwort ließ keinen Platz für Zweifel: Der Krieger und die anderen seiner Art hielten nichts von den Dumii.
    Brocando nahm in dieser Hinsicht kein Blatt vor den Mund. »Ich hasse sie. Habe gegen sie gekämpft, weil sie überall gerade Straßen anlegen, Dinge numerieren und Karten von Orten zeichnen, die nicht auf Karten erfaßt werden sollten. Sie verwandeln alles in etwas, das gezählt werden kann. Sie würden die Haare des Teppichs in säuberlichen Reihen wachsen lassen, wenn sie dazu in der Lage wären. Schlimmer noch: Sie gehorchen Befehlen. Sie gehorchen lieber Befehlen als nachzudenken. Auf diese Weise funktioniert ihr Reich. O ja, die Dumii sind fair, beim Kampf und bei allem anderen. Aber sie wissen nicht, wie man lacht, und wenn's nach ihnen ginge … Dann stünde alles in Reih und Glied. Dann gäbe es überhaupt keinen Spaß mehr im Leben.«
    Und jetzt sollte der Krieger einem Dumii vorgestellt werden.
    Brocando überraschte Snibril. Er trat auf Glurk zu und schüttelte ihm freundlich die Hand. Als er sprach, klang seine Stimme ganz anders als im Tempel. Es war jene Art von Stimme, die einem dauernd auf den Rücken klopft.
    »Du bist also das Oberhaupt dieses Stammes, wie?« fragte er. »Bemerkenswert! Dein Bruder hat mir viel von dir erzählt. Dein Job muß ziemlich schwer sein. Und ich vermute, man braucht dazu jede Menge Geschick, nicht wahr?«
    »Nun, äh …«, erwiderte Glurk verblüfft. »Kommt drauf an …«
    »Tja, an Führungsgeschick mangelt es dir bestimmt nicht. Da bin ich ganz sicher. Faszinierend! Und dann die ungeheure Last der Verantwortung, die auf deinen Schultern ruht. Hast du eine besondere Ausbildung hinter dir?«
    »Äh, nein«, gestand Glurk. »Vater starb. Daraufhin gab mir jemand seinen Speer und sagte: ›Jetzt bist du der Anführer.‹«
    »Im Ernst? Diese Sache sollten wir später ausführlich erörtern.« Brocando drehte sich halb um. »Und das ist Pismire, nicht wahr? Oh, richte dich ruhig wieder auf. Philosophen brauchen sich nicht zu verbeugen. Ausgezeichnet. Und wen haben wir hier? General Baneus Catrix, nehme ich an.«
    General! dachte Snibril.
    Bane nickte.
    »Wie viele Jahre sind verstrichen, Euer Majestät?« fragte er.
    »Fünf, glaube ich«, antwortete der König. »Das heißt, sechs.«
    »Ihr kennt euch?« erkundigte sich Snibril.
    »Ja«, bestätigte Brocando. »Die Dumii schickten immer wieder Heere zu uns und bestanden höflich darauf, daß wir uns als freiwillige Untertanen des Gebieters dem Reich hinzugesellten. Wir wiesen

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