Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
stürmten Gestalten zwischen den Haaren hervor. Praktisch von einem Augenblick zum anderen sahen sich die Moule einem neuen Gegner gegenüber.
    Die Deftmenen und Munrungs hatten eine überaus wirkungsvolle Kampfmethode entwickelt. Die größeren Munrungs standen hinter den kleinen Deftmenen und kämpften über sie hinweg. Kein Feind konnte auf zwei verschiedenen Ebenen Widerstand leisten.
    Die Auseinandersetzung dauerte nicht lange.
    Nach einigen Minuten flohen die überlebenden Moule, und einige Deftmenen folgten ihnen.
    Und dann war es vorbei. Diese Realität, so selten wie eine weiße Perle auf einem schwarzen Strand, wurde zur dominierenden Wirklichkeit. Weil eine Person, die wählen konnte, eine Wahl traf.
    Der Ofenmeister Athan, Oberhaupt dieser Schlauen-Gruppe, sah entsetzt auf, als ein weißes Roß durch die Reihen der Retter trabte. Jemand saß auf dem Rücken des Pferds.
    »Wie ist das möglich?« entfuhr es Athan. »Wir hätten sterben sollen! Wir alle!«
    »Wolltet ihr sterben?« fragte Snibril.
    »Ob wir es wollten? Das spielt dabei überhaupt keine Rolle.« Athan ließ seinen Hammer fallen. Irgendwo im Haarwald ertönte der Schrei eines Mouls.
    »Ihr habt den Lauf der Ereignisse verändert«, fuhr der Ofenmeister fort. »Und bestimmt ergeben sich daraus schreckliche Folgen …«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Snibril. »Nichts muß geschehen. Man kann Dinge passieren lassen , aber das ist etwas ganz anderes. Wir ziehen nach Wehr. Mit ›wir‹ meine ich Munrungs, Deftmenen und einige Flüchtlinge, die wir unterwegs aufgelesen haben. Was haltet ihr davon, uns zu begleiten?«
    Athan wirkte sowohl empört als auch verärgert. » Wir ? Du erwartest von uns Schlauen , daß wir kämpfen?«
    »Eben habt ihr gekämpft.«
    »Ja«, gestand Athan, »weil wir wußten, daß wir keine andere Möglichkeit hatten.«
    »Dann schlage ich vor, ihr kämpft noch einmal, und zwar mit der Absicht, den Sieg zu erringen«, sagte Snibril. Er drehte sich um, als ein Munrung mit einem Schlauen in den Armen näher trat.
    »Unser Geridan ist tot, und auch ein Deftmene«, berichtete der Neuankömmling. »Darüber hinaus gehört ein Schlauer zu den Opfern. Aber diese junge Frau hier lebt noch …«
    »Das ist Derna«, sagte Athan. »Meine … Tochter. Eigentlich sollte sie tot sein. In gewisser Weise … muß sie tot sein …«
    »Wir haben Medizin«, erwiderte Snibril ruhig. »Aber wir können Derna auch begraben, wenn du möchtest.«
    Er richtete einen erwartungsvollen Blick auf den erbleichenden Ofenmeister.
    »Nein«, hauchte Athan.
    »Gut.« Snibril lächelte dünn. »Wir hätten ohnehin versucht, deine Tochter vor dem Tod zu bewahren. Nachdem wir sie mit unseren Arzneien behandelt haben, wirst du uns begleiten.«
    »Aber ich … weiß gar nicht … was die Zukunft bringt«, stotterte der Schlaue. »Ich erinnere mich nicht!«
    »Ganz einfach: Ihr habt euch uns angeschlossen und seid ebenfalls nach Wehr gezogen«, behauptete Snibril. » Ich erinnere mich nicht daran, was geschehen wird! «
    »Ihr habt uns begleitet«, wiederholte Glurks Bruder.
    Erleichterung glättete Athans Züge. Plötzlich wirkte er so glücklich wie ein Kind, das ein neues Spielzeug erhalten hatte. »Tatsächlich?« fragte er.
    »Warum nicht?« erwiderte Snibril. »Es dürfte besser sein als der Tod.«
    »Aber … so denken Thunorgs«, sagte Athan. »Die Zukunft ist die Zukunft und nicht …« Er unterbrach sich verwirrt. »Glaubst du etwa, daß die Zukunft noch nicht, äh, feststeht? Hält sie verschiedene Möglichkeiten bereit?«
    »Ja«, bestätigte Snibril, »und man kann zwischen ihnen wählen.«
    »Aber das Schicksal …«
    »Oh, das Schicksal kann man maßgeblich beeinflussen, wenn man sich ein wenig Mühe gibt«, sagte der Munrung. »Das weiß ich aus eigener Erfahrung.«
    Er hob den Kopf, als er ein seltsames Geräusch hörte. Es war so leise, daß es nur die Aufmerksamkeit eines Jägers weckte, der selbst die leisesten Geräusche bemerken mußte, wenn er am Leben bleiben wollte. Für ein oder zwei Sekunden glaubte er, eine weiße Gestalt in der Dunkelheit zu erkennen. Die Erscheinung lächelte kurz und verschwand.
    Man bestattete Geridan im Haarwald, zusammen mit dem deftmenischen Adligen Parleon, Sohn von Leondo, getötet von einem Snarg. Auch den gefallenen Schlauen legte man dort zu letzten Ruhe.
    Die übrigen Schlauen drängten sich zusammen, und Snibril hörte das Brummen ihrer Streitgespräche. Er wußte, wie sich die Gemeinschaft

Weitere Kostenlose Bücher