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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ihnen allen. Ich erinnere mich an euren Sieg, und ich erinnere mich an eure Niederlage. Ich erinnere mich an triumphierende Moule, und ich erinnere mich daran, wie ihr euren Erfolg feiert. Beides ist für mich Wirklichkeit. Beides ist für mich real und Teil der gleichen Vergangenheit. Die anderen Schlauen erinnern sich an den Faden der Geschichte, aber ich erinnere mich auch an die nie gesponnenen Fäden. Für mich sind alle Möglichkeiten und Alternativen Realität. Ich existiere in ihnen.«
    »Warum?« hauchte Bane.
    »Jemand muß so leben wie ich. Um die zahllosen Realitäten real werden zu lassen.«
    Culaina schritt durch die Schatten, und ihre Gestalt schien sich aufzulösen.
    Ihre Stimme kam von einem fernen Ort. »Nichts geschieht von ganz allein. Historische Strukturen bilden sich nicht von selbst – sie werden geformt, von Personen und Entscheidungen. Von vielen anderen Dingen. Nichts ist zu klein, um in völliger Bedeutungslosigkeit zu verharren. Alles kann Veränderung bewirken.«
    Die Stimme verklang. Nach einer Weile stand Bane auf und starrte unbeholfen in die Dunkelheit.
    »Sie ist fort.«
    »Ich frage mich, ob sie jemals ganz an einem Ort sein kann«, sagte Pismire. »Was tun wir jetzt?«
    »Ich lege mich aufs Ohr«, erwiderte Glurk. »Ich weiß nicht, wie's euch geht, aber ich bin müde – immerhin haben wir einen anstrengenden Tag hinter uns.«
    Bane erwachte mehrmals und glaubte, irgendwo in weiter Ferne dumpfes Grollen und Schreie zu hören. Doch wenn er sich darauf konzentrierte, wurde es vollkommen still.
    Pismire träumte. Von Haaren, die sich unter den Böen eines orkanartigen Winds duckten; von zehntausend Augen, die grün, rot und weiß glänzten; von Culaina, deren Haar einem Banner gleich wogte, die durch eine laute Finsternis wanderte und alles erlebte, nicht nur Vergangenes und Zukünftiges, sondern auch Mögliches und Denkbares.
    Glurk träumte ebenfalls, von geschmeidigen Körpern, die durchs Gebüsch eilten. Der Teppich schien lebendig zu werden. Ein ähnlicher Vorgang wurde von etwas ausgelöst, das in einen Becher fiel: Wellen entstanden, dehnten sich immer weiter aus. In tiefen Höhlen schlafende Geschöpfe erwachten und knurrten. Glurk sah Fingerhut weit jenseits von Firnisholm: eine gewaltige silberne Kuppel. Er sah heißes Glühen, während die Schlauen Lack bei Firnisholm gewannen und ihn in Kesseln schmolzen.
    In seinem Traum glitt er wie ein Phantom durch den Haarwald, bis er zur Endlosen Ebene gelangte. Ganz plötzlich endete der Teppich, und flache Grenzenlosigkeit folgte. Vergeblich hielt er nach Haaren Ausschau, sah nur Staubbälle, die im ewigen Wind dahinrollten. Am letzten Haar stand Culaina mit wehendem Umhang.
    Ruckartig richtete sich Glurk auf.
    Der Morgen hatte begonnen. Gelbes Licht glänzte auf die Lichtung herab, und in diesem Schein wirkten die Haare wie Bronze. Brocando schlief noch. Pismire und Bane sprachen leise miteinander.
    Ein Blick genügte.
    »Es waren keine gewöhnlichen Träume«, sagte der Schamane. »Nein, von normalen Träumen kann wohl kaum die Rede sein. Die Schlaue lebt alle ihre Existenzen gleichzeitig, und wir empfingen Echos …«
    »Ich habe gesehen, wie Culaina den Teppich durchstreifte«, meinte Glurk. »Und auch Snibril ist mir aufgefallen.«
    »Mir zeigten die Bilder die Gebiete des Kaminlands und das Feuer am Himmel«, fügte Pismire hinzu.
    »Überall wimmelte es von Geschöpfen aller Art«, murmelte Glurk.
    Brocando drehte sich um und öffnete die Augen. Eine Zeitlang hörte er den Gefährten zu, dann nickte er. »Ich befand mich wieder im Hochtorland, in einer kuppelförmigen Höhle. Sie enthielt einen Thron aus Bronze, und darauf saß ein Vortgorner mit gelbem Bart und einer Krone auf dem Kopf. Zwei Moule standen vor ihm, und ich schwöre: Einer von ihnen war Gormaleesch. Sie lachten und griffen nach der Krone, doch der Vortgorner rührte sich nicht, stützte das Kinn auf die Hand und schwieg.«
    »Das muß König Stagbat gewesen sein«, vermutete Glurk. »Ich habe die Gespräche der vortgornischen Wachen belauscht. Die Moule erschienen, nachdem der Schreckliche Scheuerer in der Nähe zugeschlagen hatte, und sie behaupteten, er sei eine Dumii-Waffe. Sie boten sich als Verbündete an, und inzwischen sind sie zu den Herren des Hochtorlands geworden.«
    »Den Schrecklichen Scheuerer kann man nicht beherrschen«, sagte Pismire. »Um noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen: Er ist ein natürliches Phänomen.«
    »Die Moule

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