Die Teppichvölker: Roman (German Edition)
finden immer unsere schwachen Punkte«, brummte Glurk. Er sah zum schweigenden Bane hinüber.
»Und was hast du geträumt?« fragte er.
» Ich … ich …« Der General schien erst jetzt richtig wach zu werden. »Von nichts. Ich habe traumlos geschlafen.«
Culaina war verschwunden. Im Gegensatz zu den Ponen.
»Sie finden dies alles interessant«, sagte Glurk. »Es gefiel ihnen, für die Vortgorner zu arbeiten. Manchmal kamen Leute und lasen ihnen Geschichten vor und so. Es muß ziemlich schwer sein, ein Gehirn zu haben und auf Hände verzichten zu müssen.«
»Wir sollten jetzt den Weg nach Wehr fortsetzen«, ließ sich Bane vernehmen. »Ich schätze, in dieser Hinsicht bleibt uns kaum eine Wahl.«
»Oh, es stehen viele Möglichkeiten zur Wahl«, sagte Pismire. »Es ist nur … Wir müssen entscheiden, nach Wehr zu reisen.«
Glurk sattelte Langzunge. »Sicher stehen uns interessante Erlebnisse bevor«, teilte er dem Ponen mit. Es klang nicht sehr begeistert.
Bane sah sich noch einmal auf der Lichtung mit dem Zuckerwürfel um.
»Sie ist hier … irgendwo.«
»Irgendwo und überall«, meinte Pismire. »Überall dort, wo es eine Entscheidung zu treffen gilt.«
Banes Blick reichte in die Ferne. »Wie mag es sein, über alle möglichen Geschehnisse Bescheid zu wissen?« fragte er.
»Schrecklich«, antwortete der Schamane. »Komm jetzt! Bane? Es wird Zeit …«
S nibril leitete die Suche nach dem Sturm. Sie kletterten zwischen den Trümmern des Palastes herum. Sie wagten sich erneut in die Finsternis von Unterlage und riefen dort die Namen der Vermißten. Glurk und die anderen blieben auch weiterhin verschwunden.
Pismire hätte in diesem Zusammenhang vermutlich auf folgendes hingewiesen: Manchmal war es besser, nichts zu finden.
Es bedeutete, daß man nach wie vor hoffen konnte.
Schließlich entdeckten sie die Spuren auf einer fernen Lichtung: Viele Geschöpfe schienen sich an diesem Ort aufgehalten zu haben. Snibril gewann den Eindruck, daß sich dort jemand im Gebüsch verborgen hatte, aber er war nicht ganz sicher, denn durch den Sturm war Staub aufgewirbelt worden, der nun überall eine mehr oder weniger dicke Schicht bildete. Wie dem auch sei: Die noch erkennbaren Spuren führten nach Süden.
Die Munrungs halfen Brocandos Volk dabei, einigermaßen Ordnung zu schaffen, und dabei stellte sich heraus: Der Felsen beziehungsweise Schotterbrocken, auf dem Wagnis ruhte, hatte seine Position verändert und sich ein wenig zur Seite geneigt. Dennoch herrschte so etwas wie vorsichtige Zuversicht bei den Zwergen. Wenn der Schreckliche Scheuerer noch einmal zuschlug, mochte von der Stadt überhaupt nichts mehr übrigbleiben, aber ihre Bewohner kannten jetzt den Weg in die Unterlage, die ihnen Schutz bot vor dem Chaos im Teppich.
Snibril dachte darüber nach, als er auf Rolands Rücken durch den Haarwald ritt und nach weiteren Spuren Ausschau hielt.
Wir können uns jederzeit in die Unterlage zurückziehen, überlegte er. Wir können damit aufhören, Leute zu sein, indem wir blind durch die Dunkelheit stapfen.
Die Deftmenen glauben, kein Feind sei zu groß, als daß man nicht gegen ihn kämpfen könne, aber den Scheuerer haben wir noch nicht einmal gesehen.
Die Dumii denken ganz anders. Sie stehen auf folgendem Standpunkt: Wenn ein Feind zu groß ist, dann suche man sich einen kleineren.
Vielleicht hat Pismire recht. Den Schrecklichen Scheuerer können wir nicht aufhalten. Aber wir sind in der Lage, unsere Furcht vor ihm zu besiegen.
»Ich reite nach Wehr«, teilte er an jenem Abend dem Stamm mit. Die Munrungs starrten ihn erschrocken an. Glurk war nach wie vor das Stammesoberhaupt – vorausgesetzt, er lebte noch. Wenn nicht … Dann mußte Snibril die entsprechenden Pflichten wahrnehmen, denn Glurks Kinder waren noch sehr jung. Niemand wollte erneut den Anführer verlieren.
»Du darfst uns nicht verlassen«, sagte Dodor Plint, Schuhmacher des Stammes. »Du trägst die Verantwortung für uns alle.«
»Wehr ist wichtig«, erwiderte Snibril. »Ohne das Reich wären wir einfach nur Jäger.«
Die Munrungs wechselten erstaunte Blicke.
»Wir sind einfach nur Jäger«, meinte Plint.
»Ja, aber wenigstens wissen wir das«, entgegnete Glurks Bruder. »Außerdem: Inzwischen geht's bei uns viel kultivierter zu.«
»Das stimmt«, pflichtete ihm Kruli Wulf bei, der fast so alt war wie Pismire. »Als Kind habe ich häufig gesehen, wie die Leute mit Keulen und Knüppeln aufeinander einschlugen. Heute ist
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