Die Terranauten 006 - Das Psi-Inferno
sagte der Mann, der im Gang aufgetaucht war, und lachte verhalten.
David blickte über die Schulter des Riesen, der Nolan hieß, auf einen schlanken, athletisch gebauten Mann mittlerer Größe. Er zog ein Band vom Kopf, das seine Haare im Nacken zusammengehalten hatte, und trat neugierig näher.
»Wer seid Ihr?« fragte David verzweifelt. »Kennt Ihr mich? Ich bin David terGorden!«
»Ah!« Der Mann lächelte irgendwie verständnisvoll. »Ich kenne Euch nicht, Herr, und ich lege auch keinen Wert darauf. Ich nehme an, Ihr gehört zu Valdecs engerem Stab, und deshalb wird es mir besondere Freude machen, Euch sterben zu sehen. Ihr braucht Euch nicht aufzuregen. Es wird ganz schnell und schmerzlos geschehen. Wir quälen unsere Gefangenen nicht mehr als nötig.«
Er hob eine verkrüppelte Hand, an der alle Finger fehlten, und strich sich die langen schwarzen Haarsträhnen hinter die Ohren. Er hatte dunkelbraune, große Augen und ein narbiges, gnadenloses Gesicht.
»Bring ihn mit!« sagte er zu Nolan. »Aber geh sanft mit ihm um. Er ist keine rauhe Behandlung gewöhnt!«
David biß die Zähne zusammen. Sollte er jetzt um sein Leben bitten? Er schluckte hinunter, was er sagen wollte.
Als der Schwarzhaarige schon einige Schritte entfernt war, wandte er noch einmal den Kopf zurück.
»Ihr fragtet nach meinem Namen«, sagte er höflich. »Ich bin Brak Shakram. Es ist immer angenehm zu wissen, durch wen man stirbt, nicht?«
*
Kristan Percott steuerte seinen Gleiter geschickt über die Ortungstürme des Palastes hinweg. Die suchenden Strahlen, die jeden Ankömmling dem Alarmcomputer meldeten, verfehlten sein kleines Schiff knapp und schwenkten durch den leeren Nachthimmel.
Percott lächelte vergnügt. Es war eine Befriedigung für ihn festzustellen, daß das menschliche Gehirn doch leistungsfähiger war als ein Elektronengehirn. Immerhin verfügte er als Summacum und Logenmeister der Grauen Treiber, der PSI-Begabten im Dienst der Garde, über einen beachtlichen Intelligenzquotienten, den er auch auszunutzen verstand. Die Logen der Garde wurden in der Regel von Frauen, den Matern, geführt. Man legte in der Garde Wert darauf, alle führenden Positionen mit Frauen zu besetzen. Percott war als Protegé der Großen Grauen eine Ausnahme.
Mit summenden Bremsdüsen setzte der Gleiter auf der runden Liftscheibe auf, die zu den Parkkabinen hinuntersank. Schon nach den ersten Metern drang das entfernte Stimmengewirr eines rauschenden Festes an seine Ohren. Offenbar gab Chan de Nouille wieder eine Gesellschaft.
Percott stieg aus der Maschine und stellte sich auf die schräg nach oben laufende Fließrampe, die durch einen Empfangsraum in den Festsaal führte. Die beleuchteten regenbogenfarbigen Wände zeichneten ein leuchtendes Muster auf den Boden, das sich im Takt, der Musik veränderte. Einige Tanzpaare folgten taumelnd dem verwirrenden Rhythmus, aber der Großteil der Gäste hatte sich auf den Sitzgruppen oder in kleinen Nischen niedergelassen.
Der Logenmeister blickte diskret zur Seite. Er hatte für Ausschweifungen, gleich welcher Art, kein Verständnis. Mißbilligend sog er die drogen- und parfümgeschwängerte Luft ein und bahnte sich zwischen einigen Sesseln hindurch einen Weg zum Thron der Gastgeberin, der auf einer Empore am anderen Ende des Saales aufgestellt war.
Chan de Nouille lag bequem ausgestreckt auf einem purpurfarbenen Ruhelager und trank aus einem hohen Goldpokal. Einen Schritt hinter ihr stand ein blondhaariger Jüngling mit geschminktem, geistlosem Gesicht, der ihr eine Schale mit Gebäck hinhielt.
Als der Logenmeister näher trat, richtete Chan sich lebhaft auf. Ein durchsichtiges Gewand aus schillernd roter Seide schmiegte sich weich an ihren makellosen Körper.
»Ah, Kristan!« rief sie erfreut. »Ich habe schon auf Euch gewartet. Wann seid Ihr gekommen? Eure Ankunft wurde mir nicht gemeldet!«
Percott lachte geschmeichelt.
»Ich habe mir die Freiheit genommen, Eure Erkennungsanlage zu umgehen. Wie Ihr seht, sind Eure Sicherheitsvorkehrungen nicht so ausgezeichnet, wie Ihr glaubt. Aber wer ist das da? Täusche ich mich, oder war bei meinem letzten Besuch nicht ein schwarzhaariger junger Mann Euer persönlicher Betreuer?«
Chan de Nouille warf dem Jüngling einen spöttischen Blick zu.
»Ganz recht!« meinte sie bedeutungsvoll. »Aber er war mir eine Kleinigkeit zu klug und aufsässig. Er wurde einer kleinen Operation unterzogen und bewährt sich jetzt in den Reihen meiner Arbeiter. Man
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