Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns
fragte sie eindringlich. »Gibt es wirklich keinen Zweifel an Ihrer Entscheidung?«
Stumm und ernst schüttelte der Konzernerbe den Kopf.
Die Queen wirkte mit einemmal alt. Etwas wie Trauer glomm in ihren Augen, aber vielleicht war dies auch nur eine Täuschung.
Wortlos drehte sich die Graue herum und verließ die Zelle. Hinter ihr schloß sich schnarrend die Tür.
David saß da, hörte dem ewigen Summen im Innern des Energiesatelliten zu und dachte verwundert über die Queen Mandorla nach.
*
Tout gab Sardina Giccomo einen stummen Wink.
Die Treiberin nickte ihm zu und verschwand dann in dem dichten Unterholz am Rande der alten Allee, auf die sie kurz nach dem Verlassen der Villa gestoßen waren.
Tout bemühte sich, die Blockade um seine Gedanken aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die schmale Gestalt vor ihm nicht aus den Augen zu lassen.
Eine Graue! dachte er verwundert. Und dazu eine Mater. Was will sie hier? Haben die Garden von unserer Anwesenheit erfahren?
Er erstarrte, als die Graue plötzlich zusammenfuhr.
Hatte sie Sardina entdeckt?
Tout hielt den Atem an und huschte gebückt weiter. Hoffentlich hatten sie Erfolg. Es mußte ihnen gelingen, die Graue so rasch zu überwältigen, daß sie keine Zeit mehr fand, sich mit den Gleitern der Garde über der Ruinenstadt in Verbindung zu setzen.
Nur noch ein Dutzend Schritte trennten ihn von der Grauen.
In diesem Moment löste sich Sardina aus dem Unterholz und war mit einem Satz auf der Straße. Die Graue stieß einen Laut des Entsetzens aus.
Ishmail Tout handelte sofort.
Mit allen Kräften, die ihm zur Verfügung standen, drang er in das Bewußtsein der Grauen ein. Sie war eine Mater, aber sie hatte ihre Aufmerksamkeit auf Sardina konzentriert, und Touts plötzlicher psionischer Angriff überraschte sie völlig.
Der Treiber war verwirrt über den geringen Widerstand, der ihm entgegenschlug. Er hatte mit einem erbitterten Kampf gerechnet, aber fast erleichtert gab sie seinem Drängen nach.
Hört auf, sendete die Graue. Es ist gut. Hört auf.
Sardina ergriff die Mater am Arm. »Sie wissen, wer wir sind?« fragte sie laut.
Die Graue nickte. »Sie gehören zu den entflohenen Treibern, nach denen meine Leute suchen. Ich bin die Mater Pernath. Ich selbst habe den Einsatz in der Ruinenstadt geleitet.«
Argwohn keimte in Tout auf. »Warum geben Sie so schnell auf, Pernath?« fragte er mißtrauisch. »Irgend etwas stimmt nicht mit Ihnen!«
Die Mater lächelte blaß. Langsam löste sie den Communer von ihrem Handgelenk und warf ihn fast achtlos in die Büsche. Sie blickte Tout starr an. »Ich ergebe mich, Treiber«, erklärte sie mit unsicherer Stimme. »Ich weiß, was Sie wollen. Sie suchen eine Möglichkeit zur Flucht. Ich werde Sie Ihnen verschaffen.«
Touts Verwirrung wuchs. Noch immer witterte er eine Falle und schielte immer wieder nervös zu den fernen Gleitern, die ruhelos ihre Kreise über den Ruinen zogen.
Die Mater spürte seinen Argwohn. »Sie können mir vertrauen, Treiber«, sagte sie ernst. »Prüfen Sie nach, ob ich Sie täuschen will oder nicht! Ich öffne meinen Geist. Blicken Sie hinein.«
Tout konzentrierte sich. Ihr Bewußtsein lag wehrlos vor ihm, und er erkannte, daß sie es ehrlich meinte – selbst ohne den leichten psionischen Druck, den er trotzdem noch auf sie ausübte.
*
Der Tag brach an.
Durch die geschlossenen Fenster drangen die aufgeregten Stimmen der Vögel, die den Sonnenaufgang wie jeden Morgen mit einer Erleichterung begrüßten, als hätten sie erwartet, immer in ewiger Nacht leben zu müssen.
Der Riemenmann ging unruhig in dem Zimmer auf und ab und kaute nachdenklich an einem Proteinfladen. Er schmeckte leicht nach Pfefferminz und vertrieb den üblen Geschmack auf seiner Zunge.
Angila saß schweigend am Tisch und verzehrte konzentriert ihr Frühstück. Gläser mit Fruchtsäften standen auf der kostbaren Tischplatte, die im Licht der Sonne zu schimmern begann, daneben Bot, eine Schale mit Obst und ein Teller Proteinfladen.
Die Treiber hatten alles in der Kühltruhe im Keller gefunden und im Mikrowellenherd aufgetaut.
Der Riemenmann riß seinen Blick von Angila los, schluckte den letzten Bissen hinunter und trat vor die Mater Pernath, die klein und elend in einem Sessel saß und wartete.
Sie sieht krank aus, dachte Llewellyn 709 besorgt. Sehr krank.
Laut sagte er: »Auf einem Energiesatelliten also!«
Die Mater nickte kaum merklich. »ES-50«, murmelte sie. »Die Queen Mandorla hat es mir
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