Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns
Chavelli. An unbekanntes Fahrzeug. Iden …«
»Mater Pernath spricht«, unterbrach die Graue. »ID-Impuls empfangen?«
Einen Moment herrschte Stille. »Identifizierung positiv«, erwiderte Chavelli dann hastig. »Können wir Ihnen helfen, Mater?«
Die Graue schaltete jenen Teil des Communers ab, der automatisch ihren persönlichen Kode abgestrahlt hatte, und entgegnete abweisend: »Danke, Hauptmann, aber das ist nicht nötig. Ich möchte allein gelassen werden.«
»Aber vielleicht sind die Entflo …«
»Ich sagte nein, Hauptmann«, schnitt ihm Pernath das Wort ab. »Noch etwas?«
»Nein, natürlich nicht!« quäkte es aus dem Communer. »Ich höre und gehorche, Mater.«
»Dann verschwinden Sie!« fauchte die Graue.
Befriedigt sah sie zu, wie die Triebwerke des Panzergleiters aufflammten und den stählernen Diskus zurück zur Ruinenstadt schießen ließen.
Sie stoppte ihr Fahrzeug, schaltete die Kontrollen aus und öffnete die Tür.
Die Luft war kühl und frisch, roch angenehm nach Laub und feuchter Erde.
Pernath blickte sich um.
Alles war menschenleer. Mit nachdenklicher Miene überflog sie den weiteren Verlauf der halb zugewachsenen Allee, die in der Ferne eine Biegung beschrieb, mit ihren Blicken. Irgendwo dort hinten lagen mehrere Villen vermögender Servis oder Manags. Kleine, luxuriös ausgestattete Gebäude, die von ihren Besitzern nur sporadisch genutzt wurden.
Sie wußte, hier würde sie die Einsamkeit und Ruhe finden, die sie dringend benötigte, um ihre aufgewirbelten Gedanken zu klären.
Langsam spazierte sie in die Nacht hinein. Der Muschelkörper des Magnetgleiters verschwand hinter ihr in der Dunkelheit.
Dann hörte sie das Rascheln und wußte in der gleichen Sekunde, daß jetzt geschehen würde, worauf sie gehofft hatte.
*
Ein Geräusch weckte den Riemenmann.
Schlaftrunken öffnete er die Augen, blinzelte in den weichen Schimmer der kleinen Wandlampe, die das Wohnzimmer der Villa nur ungenügend erhellte.
Vor ihm stand Angila Fraim.
Bis auf ein kurzes, metallen schimmerndes Höschen war die Treiberin unbekleidet. Von ihrem Gesicht waren nur die dunklen, forschenden Augen zu erkennen, die den Glanz der Wandlampe widerspiegelten.
Llewellyn 709 rang seine Verwirrung nieder.
Unbewußt hatte er etwas Derartiges die ganze Zeit erwartet. In seinem Mund war ein bitterer Geschmack, und die Verzweiflung, die ihn plötzlich überschwemmte, ließ seine Finger leicht zittern.
Sie ist schön! flüsterte eine Stimme in ihm. Wunderschön. Und sie mag dich. Gib es zu, dir geht es nicht anders! Gib es zu!
Die Verzweiflung verwandelte sich in hilflosen Zorn.
Der Riemenmann setzte sich auf, vermied es, ihre Brüste anzustarren. Er räusperte sich.
»Ich habe es befürchtet«, flüsterte Angila. Sie wirkte enttäuscht – aber nicht entmutigt. »Du weichst mir aus, Llewellyn. Du weichst mir immer aus.«
Der Riemenmann biß sich auf die Lippen. »Zieh dich an, Angila«, verlangte er rauh und bemühte sich, seiner Stimme einen energischen Klang zu geben. »Du bist ein nettes Mädchen, und unter anderen Umständen …« Er brach ab. Was er sagte, klang falsch und holprig. Sobald er die Worte ausgesprochen hatte, schien sich ihr Sinn zu verändern.
»Du weißt, daß es keinen Sinn hat, Angila!« brach es aus ihm hervor und diesmal war der Zorn, der ihn beherrschte, deutlich zu verstehen. »Niemand kann etwas daran ändern. Ich bin ein Monstrum, kein normaler Mann. Es würde dich töten, Angila, dich und mich.«
Das Mädchen hockte sich auf den Boden und umschlang ihre Beine mit ihren nackten Armen. Der Kupferton ihres Haares wirkte in diesem Moment wie eine feurige Flammenlohe.
»Ich bin eine Treiberin, Llewellyn«, erinnerte sie ihn sanft. »Vielleicht gelingt es mir, die PSI-Strahlung mit meinen Kräften zu absorbieren. Llewellyn, es tut mir weh, dich nicht berühren zu dürfen. Ich …«
»Hör auf!« schrie der Riemenmann. »Es ist sinnlos, verstehst du das nicht? Ich bin ein lebender PSI-Sender. Nur die Riemen verhindern, daß ich die Menschen in meiner Nähe umbringe oder verrückt mache. Du hast ein Ungeheuer vor dir Angila, eine lebende Bombe, einen Krüppel.«
Die Verbitterung ließ ihn zittern.
»Es ist unmöglich«, flüsterte er. »Geh, zieh dich an, und laß mich allein, Angila. Wir dürfen uns nicht gegenseitig quälen. Ich hasse es, ich verabscheue mich selbst dafür, aber du mußt gehen, Angila, du mußt!«
Schweigend stand das Mädchen auf, ging langsam zur Tür und
Weitere Kostenlose Bücher