Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit
den Labors zu erreichen und zu einer Unterhaltung bereit.«
»Wir haben Anweisung, Euch zu unserem Auftraggeber zu bringen. Wenn Ihr nicht freiwillig mitkommt …«
»Ja?« fragte Myriam angriffslustig. Ihre Lehrzeit als Treiberin war nicht immer friedlich verlaufen, und sie hatte sich oft genug in Situationen befunden, in denen sie sich ihrer Haut wehren mußte.
»Dann werden wir leider Gewalt anwenden müssen.«
Die Gestalten bewegten sich. Myriams Hand mit dem Laser flog hoch. Hauchfeine Lichtstrahlen zogen eine gleißende Bahn durch die Dunkelheit. Ein überraschter Fluch antwortete. Einer der Angreifer blieb auf dem Boden kniend zurück, während die anderen vorsprangen. Myriam ließ die Strahlen wandern und ging dabei rückwärts.
Die beiden Maskierten sprangen auseinander und drückten sich gegen das Brückengeländer.
»Bleibt, wo ihr seid«, drohte Myriam. »Der Laser ist erst gestern aufgeladen worden und hat noch für eine ganze Weile Energie.«
Die Männer antworteten nicht. Einer von ihnen ließ den Arm hochschnellen und warf sich gleichzeitig auf den Boden. Aus dem dünnen Rohr in seiner Hand schoß eine braune Wolke auf Myriam zu. Ihr blieb nichts anderes übrig, als die Luft anzuhalten und zu fliehen. Mit den letzten Atemreserven erreichte sie das andere Ende der Brücke und setzte den Laser in Betrieb, ohne zu wissen, ob der Weg frei war oder nicht. Genau in dem Moment, als ihre Lungen sich gequält zusammenkrampften und sie den Mund öffnete, um tief einzuatmen, flog die nächste Gaswolke auf sie zu. Die Wirkung war wie ein Hammerschlag. Sekundenlang stand Myriam steif aufgerichtet und spürte überdeutlich, wie die Gewalt über ihren Körper ihr entglitt. Dann stürzte sie besinnungslos auf Growan terGordens Kunstrasen.
*
»Ich finde es abstoßend, daß Frauen herumlaufen«, sagte die erste.
Myriam spürte einen scharfen, würgenden Schmerz an ihrem Hals. Erschrocken riß sie die Augen auf und rang nach Luft. Ein amüsiertes Lachen beantwortete ihre Reaktion.
»Na also!« sagte eine hohe Männerstimme direkt neben ihrem Ohr, obwohl sich niemand in ihrer Nähe befand. »Dann können wir uns ja endlich miteinander unterhalten. Wie du siehst, Myriam, hat es wenig Zweck, eine Einladung auszuschlagen, die von mir kommt.«
Myriam schwieg. Sie hatte Angst, war aber gleichzeitig wütend – eine schlechte Mischung in einer Situation, in der sie nur durch kühle Überlegung gewinnen konnte. Also schluckte sie die spöttische Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, herunter und musterte so unauffällig wie möglich ihre Umgebung.
Unsichtbare Magnetfesseln hielten sie in aufrechter Haltung mit ausgebreiteten Armen vor einer mannshohen Metallplatte. Mit einiger Mühe konnte sie Finger und Zehen bewegen und den Kopf eine Kleinigkeit nach vorne beugen, das war alles.
Ein scharf begrenzter Lichtkegel rahmte die Metallplatte ein und tauchte ihre Umgebung in Dunkelheit. Das einzige, was sie erkennen konnte, war die Silhouette von Kopf und Schultern eines Mannes, der auf einer Empore zu stehen schien.
»Schweigen bringt dich nicht weiter.« Die künstlich überhöhte Stimme verriet nichts über die Gefühle ihres Besitzers. »Am besten machst du dir gleich klar, daß du es dir leichter machst, wenn du auf all meine Fragen antwortest und gar nicht erst versuchst, mich hereinzulegen.«
»Soll ich etwa vor jemandem Angst haben, der zu feige ist, mir sein Gesicht zu zeigen?«
»Es gibt eine Art von Mut, mit dem man sich nur selber schadet. Genau das tust du jetzt. Statt mich zu beleidigen, solltest du lieber dankbar sein, daß du nicht weißt, wer ich bin – darin besteht deine Lebensversicherung. Wenn du mich zufriedenstellst, kannst du unbeschadet gehen, wohin du willst.«
»Welch verlockende Aussicht. Und was sind die Fragen?«
»Dein voller Name und deine Herkunft. Den Namen dessen, der dich auf Yggdrasil ansetzte und dir Mar-Estos in die Fänge trieb.«
Myriam lachte verzweifelt. Es war also ihr Schicksal, zur ersten Märtyrerin der Terranauten zu werden. Wenn es ihr jemand vorhergesagt hätte, hätte sie es geschmacklos gefunden. »Ist das alles?« brachte sie abgehackt heraus. »Dann hast du mir die falschen Fragen gestellt. Fragen, auf die ich nicht antworten kann. Ich habe keinen Auftraggeber. Ich wurde als Arbiter zur Biologin ausgebildet und hörte von dem Projekt des Biotroniks-Konzerns. Die Sache interessierte mich, und ich bot mich an. Growan terGorden war mit mir einverstanden
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