Die Terranauten 033 - Der Kampf um Aqua
noch unter Wasser ist«, sagte er. »Fühlst du dich noch kräftig genug, um ein paar Tauchversuche zu starten?«
»Sicher«, antwortete Urs Ursus.
Er ließ dem Wort sofort die Tat folgen, holte tief Luft und verschwand unter der Wasseroberfläche.
Länger als eine Minute blieb er unten. Dann tauchte er mehrere Körperlängen neben Gunther V. wieder auf.
»Und?« rief dieser. »Hast du die Pforten des Paradieses gefunden?«
»Noch nicht!«
Urs hyperventilierte ein paarmal und ließ sich anschließend wieder nach unten sinken. Diesmal hielt er es sehr lange unter Wasser aus, so lange, daß Gunther V. schon das Schlimmste zu befürchten begann. Endlich hörte er die Stimme des Freundes wieder – aus einer Entfernung, die es ihm unmöglich machte, den Freund bei den herrschenden Lichtverhältnissen zu sehen.
»Hierher, Gunther!«
Gunther V. schwamm in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war. Dann tauchte der Freund, gerade von einem Wellenberg in die Höhe getragen, wieder in seinem Blickfeld auf.
»Die Spitze der Kuppel befindet sich genau unter mir«, gab er bekannt.
»Tief?«
»Keine drei Meter!«
Diese Auskunft überraschte Gunther. Natürlich, die Gefängniskubikel hingen ganz unten an der Basis der Kuppel. Und diese verjüngte sich nach oben hin. Trotzdem hatte er vorhin beim Auftauchen das Gefühl gehabt, sich viel, viel tiefer unter der Oberfläche befunden zu haben. Aber wenn Urs es sagte, würde es wohl stimmen.
»Was tun wir?« fragte Urs.
Gunther V. antwortete nicht. Er trat Wasser und blickte zum Nachthimmel empor, an dem drei Monde standen wie Fanale des Todes. Er kannte die Umlaufzyklen der Satelliten ebensowenig wie die des Planeten selbst. Deshalb konnte er in keiner Weise beurteilen, wann die Flut zurückwich und die Kuppel Middlehavens aus dem Wasser auftauchte. Das konnte morgen schon der Fall sein – oder aber erst in ein paar Wochen, je nachdem wie sich die Anziehungskraft der Monde auf diese Region auswirkte.
»Gunther!«
»Ja?«
»Was tun wir?« wiederholte Urs seine drängende Frage. Er erwartete anscheinend ein Rezept, das alle Probleme mit einem Schlag löste. Leider konnte ihm Gunther damit nicht dienen.
»Wir warten«, sagte er deshalb nur.
»Worauf? Daß die Flut weicht?«
»Genau!«
»Und dann?«
»Dann setzen wir uns auf die Kuppel und lassen uns von den Grauen pflücken wie zwei Misteln vom Baume Yggdrasil.«
Urs gab ein unwilliges Grunzen von sich. »Mir ist nicht nach Scherzen zumute!«
Gunther klatschte mit der rechten Hand ins Wasser.
»Verdammt noch mal, glaubst du vielleicht, ich finde die Situation besonders erbaulich? Aber was sollen wir denn wirklich machen? Der Zeitpunkt, zu dem die Kubikelwand nachgab, war höchst unglücklich. Wenn Middlehaven beim Bruch des Protops an der Oberfläche gewesen wäre, hätten wir eine Chance gehabt, zu fliehen und uns irgendwo zu verstecken. Aber jetzt?«
Gunther V. schwieg. Er wußte nicht, was er noch sagen sollte. Tatsächlich konnten sie wirklich nur warten. Warten darauf, daß sie ertranken, an Unterkühlung starben oder von einem Schlangenhai gefressen wurden.
Hübsche Aussichten, dachte er, wirklich!
Wenig später stellte sich heraus, daß es noch ein vierte Möglichkeit gab, den Tod zu finden.
Gänzlich unerwartet geisterte plötzlich Licht über die wildbewegte Wasseroberfläche.
Scheinwerferlicht!
Die Grauen! schoß es Gunther V. durch den Kopf.
Sie hatten ihre Flucht also bemerkt und anscheinend einen Unterwasser-Gleiter in Marsch gesetzt, um die entsprungenen Gefangenen wieder einzukassieren. Auf diese Maßnahme war Gunther eigentlich nicht vorbereitet. Er hatte ziemlich fest damit gerechnet, daß man sie ihrem Schicksal überlassen würde, da sie praktisch keine Chance hatten, mit dem Leben davonzukommen. Nun aber waren die Grauen doch da.
Noch wußten sie nicht, wo sie die Flüchtlinge zu suchen hatten. Der Lichtkegel des Scheinwerfers tastete über die Wellen, erfaßte sie aber noch nicht. Jetzt kam er gefährlich nahe.
»Runter!« rief Gunther V. halblaut.
Er wartete die Antwort von Urs Ursus nicht ab, sondern nahm gleich den Kopf unter Wasser und tauchte. Zeit, viel Luft in die Lungen zu pumpen, hatte er nicht gefunden. Deshalb konnte er nur kurze Zeit unten bleiben. Er machte ein paar kräftige Schwimmstöße, um sich von seiner letzten Position ein gutes Stück zu entfernen. Dann zwang ihn die Atemnot, wieder nach oben zu kommen.
Als sein Kopf die Wasseroberfläche durchstieß, knallte
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