Die Terranauten 034 - Der Renegat
der abgelegene, menschenleere Nordkontinent Tamerlans bot sich in dieser Beziehung geradezu ideal als Experimentierfeld an. Ja, Edison Tontor mochte durchaus recht haben, wenn er Kaiser verdächtigte.
»Ach, hören Sie doch auf mit Ihren Unterstellungen, General-Manag«, verteidigte sich Oscar Szultz. »Wer sagt uns eigentlich, daß nicht Con-Ton hinter dem Geschehnis in der Eiswüste steckt?«
Tontor lächelte. »Ein ziemlich billiger Trick, Manag! Con-Ton beschäftigt sich seit jeher ausschließlich mit der Energieversorgung, nicht mit Bomben!«
Das Streitgespräch ging noch weiter, aber es kam natürlich nichts dabei heraus. Wer etwas zu verbergen hatte, ließ sich nichts von seinen Geheimnissen anmerken.
Schließlich kam Queen Hanka in den Konferenzraum zurück. Wie es ihre Art war, hielt sie sich nicht lange mit einer Vorrede auf.
»Ich spiele Ihnen jetzt die Aufzeichnung eines Visiogesprächs vor, meine Herren«, sagte sie. »Dieses Gespräch wurde mit der Zentrale eines Raumschiffs geführt, das sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt Tamerlan nähert. Ich möchte Sie bitten, mir mitzuteilen, ob Sie eine der gezeigten Personen kennen. Das gilt besonders für Sie, Präsident Temudschin.«
»Für mich?« wunderte sich der Angesprochene.
Augenblicke später hatte die Graue das große Holo-Gerät an der Stirnwand des Konferenzraums aktiviert. Die Erscheinung eines breitschultrigen Mannes mit etwas groben Gesichtszügen zeigte sich auf dem Holo-Kissen.
Der Mann kam Fedor Temudschin in der Tat irgendwie bekannt vor. Aber es fiel ihm im Augenblick nicht ein, wo er ihn schon mal gesehen hatte. Vielleicht wußte er es wieder, wenn er den Mann reden hörte. Dazu ließ es die Queen jedoch nicht kommen. Sie hielt das Bild an, bevor ein einziges Wort gesprochen wurde.
»Nun, Präsident Temudschin – kennen Sie diesen Mann?« Erwartungsvoll blickte sie ihn an.
Temudschin runzelte die Stirn. »Ja, ich glaube, ich kenne ihn. Wenn ich seine Stimme hören könnte …«
Hanka lächelte ironisch. »Das wollte ich vermeiden. Wenn der Mann seinen Namen sagt, dürften Sie kaum noch unvoreingenommen sein, Herr Präsident.«
Wieder einmal stellte Fedor Temudschin fest, daß er echte Haßgefühle gegenüber der Queen entwickelte. Das Weib hatte eine Art an sich, die ihm höchst zuwider war. Hatte er es eigentlich nötig, sich von ihr abkanzeln zu lassen wie ein grasgrüner Humo?
»Tut mir leid«, sagte er kurz. »Ich weiß es nicht.«
»Versuchen Sie, sich zu erinnern«, blieb Hanka beharrlich. »Denken Sie mal an das Große Fest in Ultima Thule!«
Ultima Thule …
Der Name der grönländischen Stadt ließ sofort Assoziationen in Fedor Temudschins Bewußtsein entstehen. Natürlich, jetzt hatte er den Mann auf dem Holo-Kissen wieder ganz deutlich vor sich.
»Er heißt Pronk oder Pronk«, sagte er. »Ein Siedlerführer von der Welt Aqua, wenn ich mich recht entsinne.«
Die Queen nickte. »Kennen Sie diesen Pronk näher?«
Temudschin zuckte mit den Schultern. »Was heißt schon näher. Wir haben im Bodn-Hotel ein paarmal zusammengesessen und gemeinsame Probleme der Kolonialplaneten besprochen.«
Wieder zeigte Hanka ihr ironisches Lächeln. »Sicher waren Sie stets einer Meinung, nicht wahr?«
»Damit könnten Sie durchaus recht haben, Cosmoral!« gab Temudschin zurück. Er gab sich keine Mühe, das Anzügliche in seiner Stimme zu verschleiern.
Die Queen wandte sich von ihm ab und ließ das Bild weiterlaufen. Mit Ton jetzt.
»Die Unterredung mit dem aquanischen Schiff ist für die Herren vielleicht recht interessant«, meinte sie und lehnte sich in ihrem Pneumosessel zurück.
Temudschin und die Konzernbeauftragten verfolgten das Gespräch in der Tat sehr aufmerksam. Das traf besonders auf Edison Tontor zu. Als Hanka schließlich abschaltete, verschränkte er die Arme vor der Brust und blickte die Queen vieldeutig an.
»Nun, Cosmoral, was sagen Sie zu Ihrer Kollegin Anja Lidice?«
»Die Centurio ist mir zwar nie begegnet, aber ich habe keinen Anlaß, am Wahrheitsgehalt ihrer Worte zu zweifeln.«
Tontor nahm jetzt Oscar Szultz ins optische Visier. »Sie kennen diese Anja Lidice auch nicht, Manag?«
»Wie sollte ich?« begehrte der Kaiser-Mann auf. »Ich war noch nie auf dem Planeten Aqua.«
»Und auf der Erde waren Sie beide offensichtlich seit Jahren auch nicht mehr«, stellte Tontor fest. »Sonst wüßten Sie wohl, daß Centurio Anja Lidice tatsächlich jemand ganz anderes ist.«
»Und wer?« fragte Hanka
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