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Die Terranauten 034 - Der Renegat

Die Terranauten 034 - Der Renegat

Titel: Die Terranauten 034 - Der Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roberts
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sahen wie sie selbst. Auf einen einfachen Nenner gebracht – sie verstanden den Sinn des aquanischen Besuchs auf Tamerlan eigentlich gar nicht.
    Fedor Temudschin beteiligte sich an dem Gespräch nur höchst selten. Was sollte er auch sagen? Argan Pronk wußte aus eigener Erfahrung, daß Fedor trotz seiner Präsidentenwürde kaum Einfluß auf den Gang der Dinge hatte. Die Konzerne übten die Macht und die Herrschaft aus. Wie auf nahezu allen anderen Kolonialplaneten auch spielte der nominelle Regierungschef nur die Rolle eines Repräsentanten. Er war nichts als ein Zugeständnis an die Adresse der Planetenbevölkerung, denen vorgegaukelt wurde, daß sie durch ihre Wahl maßgeblich an den Entscheidungsprozessen beteiligt war. Viele Bürger jedoch, die meisten vermutlich, hatten das Spiel längst durchschaut. Auf der Erde, wo die Kaste der Relax durch Brot und Spiele bei Laune gehalten wurde, hielt sich die Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen in engen Grenzen. Auf den Siedlungswelten sah es allerdings etwas anders aus. Hier mußte jeder für seinen Lebensunterhalt und für sein Wohlbefinden hart arbeiten. Niemand bekam etwas geschenkt und hatte deshalb Grund, die Augen vor den Realitäten einfach zu verschließen. Auf den Kolonialplaneten sah man die Dinge so, wie sie wirklich waren. Deshalb gärte es überall.
    Und auch auf Tamerlan gärte es, gärte es schon seit Jahren. Bei seinen Gesprächen in Ultima Thule hatte Fedor Temudschin daraus überhaupt keinen Hehl gemacht. Die offizielle Konferenz zwischen Aquanern und den tamerlanischen Konzernvertretern war jedoch wahrlich nicht das richtige Gremium, um dieses Thema auch nur kurz zu streifen.
    Die Besprechungen endeten schließlich – mit keinem Ergebnis. Man hatte sich lediglich geeinigt, am Nachmittag nochmals zusammenzutreffen. Nach Standardzeit gerechnet bedeutete das soviel wie morgen, denn der Tamerlan-Tag hatte nicht vierundzwanzig, sondern zweiundfünfzig Stunden.
    Für Argan Pronk begann das eigentliche Gespräch allerdings erst jetzt.
    Fedor Temudschin nahm ihn zur Seite, nicht heimlich oder gar verschwörerisch, sondern ganz offen.
    »Sie wollen doch noch nicht ins Hotel zurückkehren, alter Freund, was?« fragte er so laut, daß es durchaus jeder hören konnte, der in der Nähe stand. »Bleiben Sie noch etwas hier, damit wir ein bißchen privat plaudern können.«
    Argan Pronk ging sofort auf ihn ein. Er grinste breit. »Ich wüßte schon ein interessantes Thema. Was halten Sie von der schönen Laja aus der Grönland-Bar?«
    Der Präsident lachte. »Nicht so laut«, sagte er und legte einen Finger auf den Mund. »Wollen Sie meinen guten Ruf zerstören?«
    Pronk fiel in das Lachen ein und hoffte dabei, daß es ungezwungen und natürlich klang. In jedem Fall wollte er den Eindruck vermeiden, er und Temudschin wollten vertrauliche Gespräche führen, die nicht für fremde Ohren bestimmt waren. Und er lag wohl völlig richtig, wenn er davon ausging, daß der Präsident genauso dachte.
    Die anderen Mitglieder der aquanischen Delegation gingen. Und auch die tamerlanischen Konferenzteilnehmer verabschiedeten sich. Allerdings nicht ohne eindeutige Blicke, die erkennen ließen, daß sie sich bei dem bevorstehenden Dialog zwischen Temudschin und Pronk doch etwas dachten. Immerhin war die Position des Präsidenten nicht so untergeordnet, als daß jemand den Versuch unternommen hätte, Einwände zu erheben.
    »Machen wir einen kleinen Spaziergang«, schlug Fedor Temudschin vor. »Mein Palast besitzt einen sehr schönen Park.«
    Argan Pronk nickte. Er glaubte zu verstehen, was hinter dem Vorschlag seines Gastgebers steckte. Im Freien war man vor ungebetenen Lauschern halbwegs sicher.
    Der Park war wirklich sehr schön. Sorgsam angelegte und sehr gepflegte Kieswege führten zwischen hohen Bäumen und bunten Blumenbeeten hindurch. Pronk hätte gar nicht gedacht, daß ein so kühler, ja, kalter Planet wie Tamerlan eine solche Blumenpracht entfalten konnte.
    »So, mein Freund«, sagte Fedor Temudschin schließlich, als sie einen ziemlich versteckt liegenden Weg entlangschlenderten, »jetzt sind wir endlich unter uns. Sie können den Maulkorb abnehmen.«
    Argan Pronk blickte ihn von der Seite an. »Sie glauben, daß ich bisher einen Knoten in der Zunge gehabt habe?«
    »Davon bin ich überzeugt«, nickte Temudschin: »Ich war sogar schon davon überzeugt, als Ihr Schiff noch weit von Tamerlan entfernt war.«
    »Sie haben ein gutes Gespür, Fedor«, sagte Pronk.

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