Die Terranauten 034 - Der Renegat
Kennen Sie einen Mann namens Edison Tontor?«
»Ich wüßte im Augenblick nicht …«
»Tontor ist der General-Manag des Con-Ton-Konzerns. Ich zweifle nicht daran, daß er ganz genau weiß, wer Ihr angeblicher Centurio Anja Lidice in Wirklichkeit ist. Wahrscheinlich hat er sie jetzt bereits entlarvt und einsperren lassen. Nein, Argan, Tamerlan ist für eine erfolgreiche Revolution nach Ihrem Vorbild noch nicht reif. Sie werden sich damit abfinden müssen, unverrichteter Dinge wieder nach Aqua zurückzufliegen. Wenn man Sie überhaupt zurückfliegen läßt!«
»Sie machen mir wenig Hoffnung, Fedor«, sagte Argan Pronk seufzend.
Fedor Temudschin zuckte mit den Schultern. »Ich bin Realist, mein Freund, sonst gar nichts!«
Argan Pronk wußte nicht, was er daraufhin noch sagen sollte.
*
Llewellyn 709 kam sich vor wie ein winziges Staubkorn am Meeresstrand.
Die gigantische Leere des Weltraums, die ihn von allen Seiten einschloß, ließ ihm wieder einmal deutlich werden, wie klein und unbedeutend ein Mensch doch war. Ein Gefühl unendlicher Einsamkeit ergriff Besitz von ihm. Selbst er, ein Mann, der einen großen Teil seines Lebens in den gähnenden Abgründen zwischen den Sternen zugebracht hatte, konnte sich nicht dagegen wehren.
Roglan Alessandr, jünger als er und bei weitem nicht so erfahren, empfand den Flug in seiner Raumkapsel natürlich als noch schrecklicher. Ihn trieb das absolute Alleinsein, das Losgelöstsein von jedem festen Bezugspunkt, fast in den Wahnsinn. Und auch die Tatsache, daß der Planet Tamerlan wie ein riesenhafter Ball unter der Kapsel schwebte, änderte daran kaum etwas.
Wieder sprach der kleine Funkempfänger in Llewellyns »fliegenden Sarg« an.
»Bist du noch da, Llewellyn?«
Die Stimme des kleinen Terranauten klang gehetzt, hektisch, von Panik erfüllt.
Es war dem Riemenmann gar nicht recht, daß Alessandr zum wiederholten Mal einen Funkruf von sich gab. Die Reichweite der Kapselgeräte war zwar nicht groß, aber man konnte schließlich nie wissen. Vielleicht schnappte doch irgendein Empfänger etwas auf. Dennoch konnte er nicht ernstlich ärgerlich auf seinen Kameraden sein. Roglan der Große, gegenwärtig ganz klein, brauchte ganz einfach in gewissen Abständen eine Bestätigung dafür, daß er nicht der einzige lebende Mensch im Universum war.
»Ja, Großer«, gab er deswegen beruhigend zurück, »ich bin noch da. Zufrieden?«
»J … ja!«
Verlorengehen konnten sich die beiden Terranauten tatsächlich nicht. Vor dem Start von der TASCA hatte Llewellyn die beiden Kapseln aneinandergekoppelt. Das war notwendig gewesen, wenn sie zusammenbleiben wollten. Zwei Kapseln so synchron zu steuern, daß sie gemeinsam am gleichen Zielpunkt auf der Oberfläche eines Planeten ankamen, war ein Ding der Unmöglichkeit. Letzten Endes würden in einem solchen Fall Hunderte von Kilometern die beiden Kapseln voneinander trennen.
Langsam kam Tamerlan näher.
Zu langsam für Llewellyns Geschmack. Die Unruhe, was mit der Treiberloge, Mandorla und den Aquanern geschah, fraß in ihm. Es drängte ihn danach, aktiv zu werden, wenn er auch jetzt noch keine Ahnung hatte, wie diese Aktivität aussehen sollte.
Aber auch ansonsten war Eile geboten. Irgendwann würden die Grauen auf Tamerlan merken, daß mit ihren Kollegen in der TASCA etwas nicht stimmte. Die Gardisten lagen narkotisiert und gefesselt im Ruheraum der Treiberloge und konnten auf mögliche Funkanrufe von Tamerlan nicht reagieren.
Llewellyn gab einen neuerlichen Photonenstoß ab, um den Kurs der Kapseln zu korrigieren und die Geschwindigkeit zu erhöhen. Trotzdem würde es noch eine ganze Weile dauern, bis das Eintauchmanöver in die Atmosphäre bevorstand.
*
»Nun, meine Liebe, spüren Sie etwas?«
Mandorla schlug die Augen auf und blickte in das Gesicht der Queen Hanka. Langsam richtete sie sich von der Pneumoliege auf, die in einem klinisch sauberen Klinikraum stand.
»Nein, ich spüre nichts«, antwortete sie.
Das entsprach voll und ganz der Wahrheit. Sie fühlte sich geistig und körperlich absolut auf der Höhe. Das war ein gutes Zeichen. Ihre stillen Befürchtungen, daß, man sie nach der Narkotisierung einem Psychoverhör auf Hypnobasis unterziehen würde, hatten sich zum Glück nicht bewahrheitet. Wäre dem so gewesen, würde sie sich jetzt völlig ausgelaugt fühlen. Anscheinend hatten ihr die Grauen Mediziner wirklich nur ein paar Elektroden in die Schädeldecke gepflanzt, die die simple Aufgabe eines
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