Die Terranauten 037 - Sternenlegende
Boden und den in einer Ecke des engen Raumes zusammengekrümmten Körper.
»Whity …!« brach Greeny hervor. Sie war tot, das sah Rollo auf den ersten Blick. Er war zu spät gekommen …
Whity, die immer so ruhig und still gewesen war. Sie hatte die Hoffnungslosigkeit nicht länger ertragen können. Und für Greeny war damit das Letzte aus ihrem Leben verschwunden, was sie an dem Beschreiten eines ähnlichen Auswegs gehindert hatte. Zwischen den Zwillingen hatte schon immer etwas Besonders existiert, ein Band, das sie auch nach der Lobotomie verband. Wahrscheinlich, dachte Rollo, kann ein Außenstehender das nie ganz begreifen. Greeny und Whity, das waren zwar immer zwei verschiedene Menschen mit zwei verschiedenen Charakteren gewesen, aber sie hatten auch eine Einheit gebildet. Aus. Vorbei.
Erst jetzt begriff Rollo wirklich, was Narda damit gemeint hatte, als sie sagte, daß sie alle schon tot wären, es nur noch nicht begriffen hätten.
*
»Sie wollten mich sprechen?« fragte Mal Bakrit rhetorisch und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
Der Mann, der gerade sein Büro betreten hatte, war abgemagert, und die Einheitskleidung der Internierten, die auch er trug, war ihm inzwischen mindestens eine Nummer zu groß. Sein Gesicht jedoch war voll, und er machte einen fast väterlichen Eindruck. Nur der unergründliche Ausdruck seiner dunklen Augen schien nicht in dieses Bild zu passen.
Bakrit kannte diesen Mann, und er konnte sich auch vorstellen, was er von ihm wollte.
»Das ist richtig«, entgegnete Mashram Eschrit und nahm unaufgefordert Platz. »Wieso haben Sie sich nicht an die Absprachen gehalten?«
Bakrit lachte unecht. Er hatte mit seiner Vermutung genau ins Schwarze getroffen.
»Welche Abmachungen?« entgegnete er ironisch. »Ich kann mich an keine Abmachungen erinnern. Außerdem ist so etwas verboten – selbst für mich.«
Der ehemalige Logenmeister kniff die Augen zusammen. Seine Gedanken überschlugen sich fast. Er hatte einen Fehler gemacht, als er dem Lagerleiter vertraut hatte, das sah er jetzt ein. Er hatte schon damals ein ungutes Gefühl gehabt, es aber beiseite gedrängt.
Er mußte hier heraus, das Weitere würde sich finden. Er vertraute seinem Verstand. Noch immer war er ein Summacum, auch wenn es diese Kaste, wie einige Gerüchte behaupteten, inzwischen nicht mehr gab. Einer von einer Million. Die geistige Elite Terras. Seinen Verstand hatte ihm niemand nehmen können, den Verstand eines hochbegabten, psychologisch arbeitenden Summacums aus dem Rat von Zoe.
»Der Hinweis war in Ordnung«, sagte er ruhig. »Erinnern Sie sich noch an Ihre Zweifel? Und wenn Sie früher eingegriffen hätten, dann hätten Sie auch alle Ausbrecher fassen können. Statt dessen haben Sie nur mit Ihrer Macht gespielt.«
»Achten Sie auf das, was Sie sagen, Eschrit«, unterbrach ihn Bakrit eisig. »Ich weiß nichts von irgendwelchen Abmachungen. Sonst noch etwas? Ich habe zu tun.«
Der Internierte sah ihn stumm an, mit zusammengepreßten Lippen, dann erhob er sich langsam.
»Macht«, sagte er, »ist etwas, was schnell vergänglich ist. Ich habe nichts zu verlieren, Sie aber eine ganze Menge.«
Er drehte sich um, öffnete die Tür und trat hinaus. Wut erfüllte ihn, aber er wußte, daß er sich beherrschen mußte.
Nein, sagte er sich. Mit einem Ausbruch kam man hier nicht weit. Das junge Mädchen war den Wächtern zwar entkommen, inzwischen aber sicher irgendwo dort draußen umgekommen. Ausbruch und Flucht waren keine Alternative, zumindest nicht für ihn.
Wenn man etwas tun wollte, dann mußte man sich mit den Mächtigen arrangieren. Nur so gelangte man in die Position, seine wirklichen Interessen verfolgen zu können, nur so war es möglich, auch etwas für die Stummen Treiber und all die anderen Internierten zu unternehmen.
Mashram Eschrit war sich bewußt, daß er auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Ein Fehler, gut. Aber ein Fehler, aus dem man lernen konnte. Ein Mensch mit einem so ausgeprägten Verstand, wie er ihn besaß, gab nicht so einfach auf.
Es würde sich eine neue Gelegenheit ergeben, irgendwann, eine, die mehr Aussicht auf Erfolg bot. Und dann würde er zupacken …
*
Turg al Togman zuckte zusammen.
Etwas Fremdes streifte seinen Geist, und krampfartig schlossen sich seine Körperporen. Der beständige Fluß der Lebenskraft von Die-Alles-Schufen ließ abrupt nach. Der Wanderer benötigte einige lange Augenblicke, um zu seiner geistigen Einheit wiederzufinden. Rasch
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