Die Terranauten 041 - Der grüne Planet
sah sie auffordernd an. Lyda erhob sich ebenfalls, und sie spürte dabei die Blicke der drei anderen Terranauten fast körperlich.
Was hatte Ransih mit seiner Erklärung gemeint? Sie sind keine Mittler …, hallte es in ihr wieder. Plötzlich erinnerte sie sich daran, daß sie als einzige an Bord des Kurierschiffes Kontakt mit dem Eigenbewußtsein des Suchers hatte aufnehmen können.
Bedeutete das, daß sie eine zusätzliche Begabung hatte, außer ihrer Treiberkraft, eine Fähigkeit, von der sie bisher noch nichts geahnt hatte und die nicht von der Anti-Strahlung Norvos eliminiert wurde?
Hatte sie das Talent zur Mittlerin …?
*
Boten die von den Traumhaken vermittelten Visionen eine Möglichkeit, um herauszufinden, wer die besondere Befähigung zum Mittler besaß? Lyda hatte eindeutig anders reagiert als ihre Gefährten, was Prime, Vangralen und Oh zu beunruhigen schien. Ransih war ein Mittler, und er hatte ähnlich auf den von den Libellenähnlichen induzierten Traum reagiert wie sie selbst. Aber er war offensichtlich nicht ganz richtig im Kopf. Konnte auch ein geistig Normaler zum Mittler werden? Oder war damit, wie bei Ransih, ein Intelligenzschwund verbunden?
Lyda fröstelte und brachte plötzlich ein gewisses Maß an Verständnis dafür auf, daß ihr die anderen Terranauten ein wenig zu mißtrauen schienen. Wurde sie ebenso wie Ransih …?
Andererseits spürte sie immer noch die Leere in sich, dort, wo die Treiberfähigkeiten ihren Ursprung hatten. Da war nichts, gar nichts. Nicht die geringste Andeutung einer zurückgekehrten oder einer neuen, bisher unbekannten PSI-Kraft. Hatte sich Ransih geirrt? Hatte er die modifizierte Art ihrer Reaktion einfach falsch eingeschätzt?
Irgendwie war Lyda gleichzeitig von dem Gedanken, ebenfalls Kontakt mit dem Leben von Sarym aufnehmen zu können, fasziniert und abgestoßen. Es war alles so unsagbar fremd … Setzte sie aber die Nüchternheit ihres Verstandes ein, dann mußte sie sich eingestehen, daß ihre möglicherweise vorhandene Begabung zur Mittlerin etwas ganz entscheidend vereinfachen konnte: die Kontaktaufnahme mit dem Sucher des zurückkehrenden Kurierschiffes. Dann nämlich war es nicht mehr notwendig, daß ein anderer Mittler aus ihrem Gedächtnis das nötige Kontaktmuster entnahm, was zeitraubend und nicht unkompliziert war. Sie konnte dann die gebildete Loge selbst leiten.
Ihr war klar, daß das alles nicht viel mehr als Spekulationen waren. Klarheit konnte sie erst gewinnen, wenn sie das Dorf der Surinen erreichten, zu dem Ransih sie führte, und dort mit einem geistig Gesunden sprechen konnten, der mehr von diesen Dingen verstand.
Nicht nur sie fieberte diesem Augenblick entgegen. Auch Prime, Vangralen und Oh konnten es kaum noch erwarten, endlich in der Siedlung einzutreffen.
Gegen Abend dieses Tages hatte sich Suzanne Oh offenbar dazu entschlossen, sich diesmal Onnegart Vangralen zuzuwenden. Lyda gestand sich nicht das Recht zu, die Schwarzhaarige zu verurteilen. Sie wußte nur zu genau, daß für Suzanne völlig andere Moralbegriffe galten als für sie. Sie war auf Naria aufgewachsen, einer fast schon puritanisch zu nennenden Welt mit einer entsprechenden Moral und Ethik. Ihre Erziehung hatte andere Prinzipien zur Grundlage gehabt als die von Suzanne. Dennoch vermochte sie die Tatsache zu akzeptieren, daß es auch in Fragen der Sexualität andere Verhaltensweisen gab, als sie gewohnt war – und die deswegen nicht schlechter sein mußten. Lyda akzeptierte und tolerierte Suzanne so, wie sie war; aber das war etwas ganz anderes, als die Moralvorstellungen der Schwarzhaarigen zu übernehmen.
Das, was sie im Dorf der Surinen erwartete, entschied über ihr weiteres Schicksal – so oder so. Lyda hoffte nur, daß es in dieser Siedlung wirklich jemanden gab, mit dem man sprechen konnte. Hoffentlich war der Geisteszustand von Derb Ransih eine Ausnahme …
*
Als sie am nächsten Morgen erwachten, erwartete sie eine Überraschung, auf die Oh, Prime und Mar erschrocken, der stämmige Vangralen belustigt reagierten.
In den vergangenen zwei Tagen war ihre Kleidung durch den ständigen Kontakt mit der Vegetation Saryms und damit mit seinem gespeicherten Wasser längst grün geworden. Sie hatte es zur Kenntnis genommen; richtig bewußt geworden waren ihnen die Zusammenhänge aber nicht. Selbst an das grüne Antlitz ihres Führers hatten sie sich inzwischen gewöhnt, obwohl es sie bei ihrer ersten Begegnung so irritiert hatte.
Lyda rieb
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