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Die Terranauten 042 - Der Sammler

Die Terranauten 042 - Der Sammler

Titel: Die Terranauten 042 - Der Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Münzer
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noch einmal zu erleben, die sich bereits vor langer Zeit abgespielt hatte. Vage Erinnerungsfetzen huschten durch ihr Bewußtsein.
    Eine goldene Knospe …
    Eine ockerfarbene Knospe mit goldenen Einsprengseln …
    Die Erinnerungsfetzen verblaßten immer mehr, versanken im tiefschwarzen Meer von Lydas Unterbewußtsein. Lyda schüttelte die letzten Reste des hypnotischen Bannes ab und versuchte, sich wieder in der Wirklichkeit zu orientieren.
    Die Seerosenqualle hatte die merkwürdige Pflanze längst passiert. Endlos erstreckte sich das graue Watt rings um den schmalen Kanal, auf dem die kleine Expedition dem Meer zustrebte.
    Lyda riß sich zusammen und konzentrierte sich auf das, was Damon Credock jetzt sagte.
    »Traumhaken! Da – direkt über dir!«
    Und er hatte recht.
    Nur wenige Zentimeter über den Köpfen der drei Menschen, die immer noch dicht nebeneinander an der organischen Reling standen, schwebten zwei dieser ungewöhnlichen Wesen. Die etwa fünfzehn Zentimeter langen Tiere standen jedoch nicht ruhig in der Luft, sondern bewegten sich ständig auf und ab. Das lag an den drei Flügelpaaren, die ihre knorrigen, mit einer chitinähnlichen Masse gepanzerten Körper trugen. Das hintere Flügelpaar schlug stets im Gegentakt zu den beiden vorderen Flügelpaaren, so daß der Auftrieb von Schlag zu Schlag wechselte. Darum bewegten sich die Traumhaken beim Vorwärtsflug stets in langgestreckten Wellenlinien.
    Einer der beiden Traumhaken ließ sich plötzlich absacken und landete auf der Oberkante des aufgewölbten Blattrandes. Sofort schlug er seine aus dem Kopfteil ragenden Haken in das Gewebe der Pflanze.
    Aus eigener Erfahrung wußte Lyda, daß dieser so aggressiv wirkende Vorgang für das befallene Lebewesen – sei es nun Pflanze, Tier oder Mensch – fast völlig schmerzlos war. Das Eindringen der Haken war kaum zu spüren, und auch der meist etwa fünf Minuten dauernde Kontakt brachte keine negativen Begleiterscheinungen mit sich. Während dieser Zeit saugte der Traumhaken für ihn lebenswichtige Nährstoffe aus dem Organismus seines jeweiligen Wirtes. Trotzdem war er kein Schmarotzer, sondern eher so etwas wie ein Kurzzeit-Symbiont, denn er gab seinem Wirt im Austausch für die Nährstoffe Träume und Visionen.
    Nun, jedenfalls versuchte er das, dachte Lyda. Bei den meisten der nach Sarym deportierten Menschen hat er ja keinen Erfolg damit – nur bei den Mittlern.
    Nur bei uns Mittlern …
    Lyda fragte sich, was die befallene Seerosenqualle wohl in diesem Moment für Visionen erleben mochte. Von Traumhaken befallene Mittler fühlten sich beispielsweise als Teil des Öko-Systems von Sarym, glaubten für einige Minuten, selber Schwammbäume oder Gummitiere zu sein.
    Ob die Seerosenqualle vielleicht gerade jetzt, während dieses Befalls, davon träumte, ein Mensch zu sein?
    Nein, überlegte Lyda. Dieser Gedanke war denn doch zu phantastisch.
    Aber was für phantastische, eigentlich völlig unglaubliche Erlebnisse hatten sie und die drei anderen Terranauten nicht schon auf Sarym gehabt? Das Phantastische war hier Realität, war ganz alltäglich.
    Menschen, die träumen, Seerosenquallen zu sein. Seerosenquallen, die träumen, Menschen zu sein. Wenn das eine möglich war, warum dann nicht auch das andere?
    Lyda wandte sich zögernd zu Damon Credock um.
    »Damon …«
    Der Mittler, der immer noch fasziniert den Traumhaken beobachtete, der sich auf der organischen Reling der Seerosenqualle festgekrallt hatte, hörte nur mit halbem Ohr zu. »Ja?«
    »Mir ist da eine Idee …«
    Bevor Lyda Mar diesen Satz vollenden konnte, ließ sich der zweite Traumhaken fallen.
    Und landete genau in Lydas Nacken.
     
    *
     
    Diesmal war alles ganz anders als bei den vorangegangenen Kontakten mit den Pflanzen und Tieren Saryms. Auf unbegreifliche Weise schien der Traumhaken zu wissen, wie groß Lydas Schwierigkeiten waren, in Rapport mit der Ökologie des grünen Planeten zu kommen und eine vollständige, widerspruchslose Verschmelzung zu erreichen.
    Die Impulse, die der Traumhaken in Lydas Geist abstrahlte, waren auf subtile Weise modifiziert. Die anderen Traumhaken hatten versucht, den Rapport sofort, ohne jede Eingewöhnungszeit, zu erzielen – und bei den anderen Mittlern mußte diese direkte Methode auch funktioniert haben.
    Nicht so bei Lyda, die ihre PSI-. Fähigkeiten seit jeher unbewußt abgelehnt, ja, verabscheut hatte.
    Und darum …
    Behutsam ging der Traumhaken daran, Schicht um Schicht von Lydas Persönlichkeit

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