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Die Terranauten 042 - Der Sammler

Die Terranauten 042 - Der Sammler

Titel: Die Terranauten 042 - Der Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Münzer
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aufzulösen, bis nur noch der innere Kern ihres Wesens übrigblieb.
    Lyda, die Terranautin.
    Lege das ab … Es ist nicht schlimm.
    Lyda, die Narianerin. Lyda, die Frau. Lyda, der Mensch.
    Vergiß es.
    Schließlich: Lyda Mar, die unverwechselbare Einheit, die Persönlichkeit, der Name.
    Befreie dich davon.
    Schicht um Schicht, Muster um Muster. Alles erlosch.
    Und zurück blieb Teilhabe.
    Teilhabe an allem Lebendigen. Eine vollkommene Übereinstimmung mit einer Grundschwingung des Universums, die allem organischen Leben gemein war.
    Lyda/Nicht-Lyda, die nun eine Seerosenqualle war, spürte, wie ihre Tentakel in einem sinnverwirrenden und doch so selbstverständlichen Rhythmus durch das salzige Wasser des schmalen Kanals wirbelten und ihren Körper mit ständig zunehmender Geschwindigkeit vorwärts trieben, immer weiter nach Süden, auf dem kürzesten Weg zum Südkontinent, der das Ziel jener Wesen war, die auf ihrem Blatt reisten. Lyda/Nicht-Lyda sträubte sich nicht dagegen, daß andere Wesen die Richtung bestimmten, in die sie sich bewegte. Sie lebte ohnehin nur, um ihre einfachen physischen Bedürfnisse zu erfüllen, Ableger zu haben und schließlich, bei ihrem Erlöschen, wieder in den Kreislauf zurückzukehren, aus dem sie für eine kurze/unendliche Spanne auf die Ebene individueller Existenz hinaufgehoben worden war.
    Lyda/Nicht-Lyda vergaß den Rhythmus der Tentakel und machte sich daran, Nahrung und Süßwasser für die Wesen oben auf ihrem Blatt zu produzieren.
    Feine Schlitze an der Unterseite ihres Blattkörpers öffneten sich. Frisches, wunderbar salziges Wasser wurde angesaugt und durch ein System von Kapillaren durch das fleischige Blatt geleitet. Hauchzarte Membranen hielten das Salz zurück, während das Wasser hindurchdiffundierte und langsam immer höher stieg. Je salzärmer das Wasser wurde, desto stärker reicherte es sich zugleich mit jenem grünen Farbstoff an, der zusätzlich zum sarymschen Äquivalent des Chlorophylls die satte grüne Tönung aller Pflanzen des Nordkontinents hervorrief und der auch in den Körpersystemen der Gummitiere vorhanden war.
    An bestimmten Stellen der Blattoberseite mündeten ganze Kapillarenbündel. Grün eingefärbtes Süßwasser perlte aus großen Poren, sammelte sich in flachen Vertiefungen und bildete Pfützen. Die Nahrung …
    Lyda/Nicht-Lyda konzentrierte sich auf die Kolonien abgestorbener Zellen inmitten der lebendigen Substanz des Blattes. Das umliegende Gewebe veränderte sich, preßte das nun funktionslose Zellmaterial zu bräunlichen Klumpen zusammen und stieß es aus. Manna.
    Als auch diese Aufgabe vollbracht war, kehrte der Traumhaken mit einem Strom sanfter Impulse den Vorgang um, der Lydas Ich aufgelöst und sie für wenige Minuten zu einer vollständigen Verschmelzung mit der Seerosenqualle hatte gelangen lassen.
    Lyda/Nicht-Lyda.
    Lyda Mar.
    Lyda, der Mensch. Lyda, die Frau. Lyda, die Narianerin.
    Lyda, die Terranautin.
    Der Übergang von einer Persönlichkeit zur anderen vollzog sich so mühelos, daß Lyda ihn kaum als Veränderung wahrnahm. Das alles war doch so einfach, so selbstverständlich, daß man überhaupt nicht darüber nachdenken mußte!
    »Alles okay, Lyda?« erkundigte sich Damon Credock.
    Lyda antwortete nur mit einem Lächeln. Sie hatte jetzt keine Lust zu sprechen.
    Vollständig gelöst und entspannt sah sie den beiden Traumhaken nach, die nun, nachdem sie ihre Haken aus Lydas Körper und dem der Seerosenqualle zurückgezogen hatten, mit eleganten Wellenbewegungen davonstrebten.
    Nach einer Weile stand Lyda auf -Damon Credock hatte sie offenbar während des Befalls durch den Traumhaken auf die Blattoberfläche gebettet – und schritt langsam hinüber zu einer der Pfützen, um von dem sauberen grünen Wasser zu trinken.
    Aber als sie sich über die Pfütze beugte, stiegen ihr plötzlich Tränen in die Augen.
    Damon Credock betrachtete sie voller Mitgefühl, weil er glaubte, daß Lyda vom Spiegelbild ihres durch den Fluoreszenzschimmel zerfressenen Gesichts zum Weinen gebracht worden sei. Doch darin hatte er sich getäuscht.
    Lyda weinte, weil sie sich mit einem Mal an ihren ersten Traumhaken-Kontakt erinnerte. Damals hatte sie sich bereitwillig den Visionen hingegeben, und es hatte keinerlei Schwierigkeiten gegeben.
    Die Schwierigkeiten waren erst bei den späteren Versuchen aufgetaucht, ihre offensichtlich vorhandenen Mittlerfähigkeiten bewußt einzusetzen. Bei all diesen Versuchen hatte Lyda sich so stark verkrampft, daß der

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