Die Terranauten 043 - Zuchtstation der Supertreiber
über sie hinweg und stieß dabei einen krächzenden Schrei aus. Suzanne zuckte zusammen. Dann sahen sie, daß es nur ein Vogel war, der genauso aussah wie der, der eine Zeitlang ihre Überfahrt über den Ozean begleitet hatte.
»Seltsam«, murmelte Herib und folgte dem gefiederten Geschöpf mit den Blicken. »Ich frage mich nur, wie sich ein Vogel hierher verirren konnte …«
Der Vogel ließ sich auf einem der leuchtenden Steine nieder, legte seine Schwingen an und rührte sich nicht mehr. Fast im gleichen Augenblick ertönte von weitem ein heller, fast im Ultraschallbereich liegender Schrei. Einen Sekundenbruchteil später durchlief ein noch stärkeres Beben den Boden unter ihnen. Von den Wänden rieselte Erde.
Der Mittler bewegte sich langsam und vorsichtig auf die gegenüberliegende Tunnelöffnung zu. Suzanne folgte ihm widerwillig. Herib zögerte kurz, dann griff er nach einem der leuchtenden Steine, hielt ihn weit von sich gestreckt und schritt vorsichtig in den dunklen Gang hinein. Das blaue Leuchten hinter ihnen wurde rasch schwächer, aber das Licht des Steines reichte aus, um sich in dem Tunnel orientieren zu können.
Alles blieb still, der helle Schrei wiederholte sich nicht. Ab und zu hörten sie Flattern hinter sich; der Vogel folgte ihnen. Suzanne wunderte sich über die Anhänglichkeit des Tieres und fragte sich, ob er so eng wie die Traumhaken mit der Ökosphäre von Sarym verbunden war. In ihm einen Roboter zu vermuten, war ein zu abwegiger Gedanke, als daß sie darauf gekommen wäre.
Sie marschierten eine Viertelstunde, ohne daß der Boden erneut wankte. Suzanne bekam furchtbaren Durst, und bisher waren sie nicht auf Wasser gestoßen.
»Ich …«
Aschan Herib blieb im selben Augenblick stehen, da sich der Tunnel jäh erweiterte und sie ohne Übergang in eine weitere Grotte traten. Das Licht des Steins reichte nicht weit, aber sie konnten erkennen, daß dicht vor ihnen ein dunkles Hindernis aufragte, ein Felsen vielleicht, den sie umgehen mußten.
Der Vogel, der ihnen beharrlich gefolgt war, breitete seine Flügel aus und flatterte ihnen voraus. Nur undeutlich sahen sie, wie sich das Geschöpf auf dem Hindernis niederließ.
Und im gleichen Augenblick ertönte der helle Schrei erneut, diesmal aber viel näher. Das, was dort vor ihnen von der Finsternis eingehüllt wurde, war kein Felsen. Es bewegte sich. Und plötzlich wurde der bläuliche Schimmer von einem glitzernden Augenring reflektiert.
»Ein Tier, ein riesiger Maulwurf«, flüsterte Herib. Jetzt wußten sie, wer die Tunnel geschaffen hatte …
Der lebende Berg erhob sich und stieß wieder den hellen Schrei aus.
Suzanne wirbelte herum und rannte in den Gang zurück, durch den sie eben gekommen waren. Aschan Herib zögerte ebenfalls nicht, als er sah, daß sich der Maulwurf anschickte, ihnen zu folgen. Der Vogel flatterte hastig hinterher und schwirrte über die in panischer Angst fliehende Suzanne hinweg. Irgend etwas am Verhalten dieses gefiederten Begleiters stimmte nicht, spürte der Mittler deutlich. Aber sie hatten jetzt keine Zeit, sich weiter damit zu beschäftigen.
»Die Seitengänge!« rief Herib. »Sie sind enger. Vielleicht kann uns der Maulwurf da nicht folgen.«
Der Boden unter den Füßen schien jetzt auf- und abzuspringen. Aschan und Suzanne hatten Mühe, auf den Beinen zu bleiben. In den Ohren des Mittlers dröhnten die Schreie des maulwurfähnlichen Geschöpfes. Noch immer hielt er den leuchtenden Stein weit von sich gestreckt, aber das Licht reichte einfach nicht aus, um eine Vorausorientierung um mehr als einige Meter zu ermöglichen.
Herib konnte schemenhaft erkennen, wie sich Suzanne in einen der vielen Seitengänge warf und weiter davonstürmte. Die Angst vor dem sie verfolgenden Geschöpf, das in ihnen offenbar einen Leckerbissen vermutete, überwog die Furcht, in einen verborgenen Abgrund zu stürzen.
Der Mittler hatte die Tunnelöffnung jetzt ebenfalls erreicht, warf einen raschen Blick zurück und folgte dann der jungen Frau. Dieser Gang war klein, viel kleiner als der, durch den sie die Grotte mit dem schlafenden Riesen erreicht hatten. Heribs Atem ging keuchend, und er verfluchte die Schwäche in seinen Gliedern, die noch von der Krankheit herrührte.
Hinter ihnen brach plötzlich das Chaos los. Durch die Tunnelwände lief ein ohrenbetäubendes Knirschen.
»Der Gang stürzt ein!« schrie Aschan und erhöhte sein Tempo. Seine Lungen schmerzten, aber er wußte, daß er jetzt nicht innehalten durfte,
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