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Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Titel: Die Terranauten 055 - Das Wrack-System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Roland
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des Raumers an. Langsam gelang es den Pflanzen, die Hülle des Ringo mit ihren tentakelähnlichen Extremitäten einzudrücken, nachdem sie deren Festigkeit durch den Schleim auflösten.
    Dime Mow bestrich die Pflanzen mit einem Laserstrahl. Sie verschmorten und verbreiteten einen scheußlichen Gestank. Überall am Ringo blieben verkohlte Reste kleben. Vorsichtig wagten sich die drei Terranauten zur Einstiegsluke. Auf der Zentralebene sah es aus wie in einer Tropfsteinhöhle. Zerlaufenes Transparentprotop hing in grotesken Fädengewirren und Fladen auf die Computer und den Boden herab. Es bestand kein Zweifel daran, daß der Kleinraumer undicht und navigationsunfähig war. Während Dime Mow mit finsterer Miene Funktionsprüfungen der Steuerkontrollen vornahm, bettete Winchinata den Logenmeister auf eine ausklappbare Pritsche und jagte ihm mit einer Injektionspistole ein kreislaufstärkendes Mittel unter die Haut. Die Entzündung schmerzte so stark, daß er nicht auf dem Rücken liegen konnte. Er befand sich ständig am Rand zur Bewußtlosigkeit.
    »Mit dem Ding fliegen wir nicht mal mehr bis zum nächsten Misthaufen, ob halbintelligent oder nicht«, gab Dime Mow bekannt. »Die Kontrollen sind defekt. Aber wir können die GARIBALDI rufen. Die Funkgeräte und die Außenbordantenne sind unbeschädigt geblieben.«
    »Dann beeilen wir uns lieber damit.« Winchinata stand mit sorgenvoller Miene über den Logenmeister gebeugt. »Sein Zustand gefällt mir überhaupt nicht. Jemand muß ihn abholen.« Sie richtete sich auf. »Schau mal dort«, fügte sie unvermittelt hinzu. Dime Mow kam herüber und spähte mit ihr durch eine noch durchsichtige Fläche der Kuppel. Im leichten Wind tanzte eine größere Menge faustgroßer Samenkapseln über die Ödnis nach Norden. Sie flogen quer zur Windrichtung. Zur Fortbewegung dienten ihnen Auswüchse mit langen Wimpern, die mal flatterten, mal wie Kolibriflügel schwirrten. Die offenbar federleichten Kapseln gewannen rasch an Höhe und verschwanden außer Sicht. »Nach allem, was wir bis jetzt hier erlebt haben«, sagte Winchinata, »kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, daß gerade Kuriere aufgebrochen sind.«
    Dime Mow kratzte sich an seinem feisten Kinn. »Ich befürchte, damit hast du verdammt recht«, meinte er gedehnt. »Und deswegen wird’s mir auch immer mulmiger zumute. Es scheint, als ob die planetare Pflanzenwelt für Besucher nicht viel übrig hat.«
     
    *
     
    Dutch Schultz sieht sich im Spiegel der Toilette auf das Waschbecken zugehen. Er beginnt, sich die Hände zu waschen. GEGENAUFNAHME. Neben seiner Schulter öffnet jemand im Hintergrund die Tür zur Toilette des Palace Chop House. Dutch Schultz hebt den Blick und sieht den Killer in der Tür stehen. SCHNITT. Der Killer feuert aus seinem alten .45er Armeerevolver, ehe Dutch Schultz seine Waffe aus der Schulterhalfter reißen kann. SCHNITT. Auf dem Rückenteil von Dutch Schultz’ sonst makelloser Weste entsteht über der Leber ein Blutfleck.
    Die Holo-Kugel erlosch. Der Nachspann der molekularenergetisch überspielten Darstellung interessierte Ngk-guk nicht mehr. Er lautete lediglich: LEBENDIGE VERGANGENHEIT. Lehrmaterial Nr. K 764-3419 aus der Reihe Große Verbrecher des 20. Jh. In dieser Szene des Händewaschens und Gefälltwerdens erblickte er den Schlüssel zum komplexen mega-metaphysischen Existenzrätsel der intelligenten Zweibeiner. In anderen Aufzeichnungen sah man behaarte Zweibeiner an Gewässern ihre Früchte waschen. Hier mußte ein tiefer Zusammenhang bestehen. Lebenserhaltung und Lebensverlust mußten sich um den rituellen Akt des Händewaschens drehen. Das ungeheure Rätsel der Zweibeiner-Lebensform faszinierte Ngk-guk bis zur Besessenheit. Im molekülkinetischen Umformer hatte er sich sogar eine Weste und einen Revolver hergestellt, um sich in die labyrinthischen Verästelungen dieser geheimnisvollen xenomorphen Symbolik einfühlen zu können.
    Er erhob sich aus seiner Sitzschale und durchquerte sein im Infrarotbereich beleuchtetes Privatquartier. Drei kurze, stämmige Beine bewegten seinen schmalen, sichelförmigen Leib – einer Schote nicht unähnlich – im Watschelgang. Die obere Hälfte des Körpers kleideten die graue Weste und die Schulterhalfter mit dem Revolver. Die Fingerchen an seinen kurzen, im Vergleich zu den Beinen allerdings extrem dünnen Armen hatte er in die Westentaschen gehakt. Sein Kopf glich dem eines Seepferdchens.
    Zeit über Zeit verstrich, ohne daß er trotz aller Studien

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