Die Terranauten 069 - Die Bio-Invasion
Standardtage am maranynschen Langtag aktiv.
»Ich weiß nicht, was los ist!« rief sie. »Aber wir sollten schleunigst sehen, daß wir davonkommen.«
Michel nickte und verzog schmerzhaft das Gesicht. Dann, ohne Übergang, veränderte sich der Blick aus seinen Augen. Er wurde leer, war nun nach innen gerichtet.
»Michel? Michel!«
Mit einem kräftigen Ruck löste er sich von ihrem Griff, keuchte und rannte in die Dunkelheit davon.
Fania gab einen spitzen Schrei von sich und wollte ihm nachstürzen, als sie in drei glühende Augenpaare blickte.
Vor ihr, im hohen Gras des Weidelandes, kauerte ein beinahe zwei Meter großer Blaukäfer. Seine Beißkiefer rasselten, aber er machte keine Anstalten, sie anzugreifen.
Sein Blick war … hypnotisch. Langsam sank Fania auf die Knie und kippte dann vornüber. Ihre Muskeln versteiften sich in jäher Katatonie.
Die winzigen Ableger der Kosmischen Sporen breiteten sich von ihren Lungen im ganzen Körper aus. Dies, so stellten sie fest, war eine Lebensform, in der die Barriere nahezu nicht existent war.
Eine Stunde später wuchs an der Stelle, an der Fania Tham gelegen hatte, ein schlanker, vollkommen grüner Baum in die Höhe. Nach einer weiteren Stunde lösten sich die knotenartigen Verdickungen am oberen Ende und spien einen weiteren Strom von Veränderungssporen in die Winde von Maranyn.
Flora und Fauna des siebten Mondes von Rotriese gehorchten den Befehlen der Ableger der Kosmischen Sporen. Der Metamorphoseprozeß mußte weitergetragen werden. Die Gefahr war groß. Vorsorge war nötig. Und den Kosmischen Sporen oblag die Aufgabe, diese Vorsorge zu treffen.
Langtag-, langnacht- und ganzaktive Tiere und Wanderpflanzen – teilweise natürliche Feinde – näherten sich Ashram.
*
Tarley LeMaire hieb mit der Faust auf den Tisch.
»Eins steht fest: So geht das nicht weiter. Gerade in der jetzigen Zeit brauchen wir eine starke Autorität. Es wird zu Auflösungserscheinungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kommen. Zu Plünderungen. Zu Straßenkämpfen. Diese Demonstration da draußen ist nur ein harmloses Vorgeplänkel. In ein paar Tagen, wenn die Langnacht in Doriaman beginnt, wird es richtig losgehen. Wir haben keine Emotioblocker mehr.«
»Was schlagen Sie vor?« unterbrach Leon Gulager von ASK den Redeschwall des IWF-Manags.
»Ich sagte es schon, als wir von der Unterredung mit unserer verehrten Hochkommissarin zurückkehrten«, meinte LeMaire scharf. Er erhob sich und durchmaß das Büro im obersten Stock des IWF-Verwaltungsgebäudes mit langen, eiligen Schritten. An der breiten Fensterfront blieb er stehen und schaute auf die Straßen und Häuserreihen Doriamans hinunter. Das Verwaltungsgebäude lag in der Nordwestregion von Doriaman. In der Ferne war der Demonstrationszug im Zentrum der Hauptstadt von Maranyn zu erkennen. Abrupt drehte sich LeMaire wieder um und musterte Gulager, Levorstad und Tilvern. Die junge Servis lächelte kalt.
»Wir müssen Marina Wristesh beseitigen«, sagte er fest. »Wir haben keine andere Wahl.«
»Wobei nur ein Problem zu berücksichtigen ist«, wandte Gulager leise ein. »Die Planetenpolizei und ihre persönliche Leibwache, die zudem über sieben weitere Metaträumer verfügt. Mit diesen Biestern ist nicht zu spaßen.«
»Es gibt Fachleute für diesen Job!« schnappte LeMaire. »Leute, die ihr Handwerk verstehen. Und unsere eigenen Sicherheitsabteilungen sind ebenfalls entsprechend geschult.« Er kehrte zum Tisch zurück und ließ seine Faust erneut auf die Mahagonifläche niedersausen.
»Teufel auch. Ich möchte bloß wissen, mit was Marina die obersten Ränge der Planetenpolizei in der Hand hat. Wenn wir das wüßten …«
»… und wenn unsere Garden nicht ins Nichts verschwunden wären«, setzte Levorstad seufzend hinzu. »Solche ›Wenns‹ helfen uns nicht viel, Tarley.«
»Da ist übrigens noch ein weiterer Punkt«, sagte Tilvern leise. »Marina Wristesh ist zwar traumzeitsüchtig und vollkommen von ihrem Metaträumer abhängig, was zu einer schizophrenieähnlichen Zweiteilung ihres Bewußtseins geführt hat – aber sie ist dennoch intelligent, klug und scharfsinnig. Wir dürfen nicht den Fehler machen und sie unterschätzen.«
LeMaire kniff die Augen zusammen. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Das liegt doch auf der Hand: Warum ist die Hochkommissarin so absolut sicher, daß die Garden nicht zurückkehren und ihr wieder die Rolle zuweisen, die sie bis vor einem Jahr gespielt hat, die einer Marionette
Weitere Kostenlose Bücher