Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten
Psionische Energie freigeben.
Zeit hatte keine Bedeutung. Müdigkeit war weit entfernt. Eine psionische Brücke entstand, über die Energie in das Innere des Weltenbaums tropfte. Der Fluß war nicht mehr als ein Rinnsal, und doch war die Wirkung unübersehbar. Die Signale Yggdrasils wurden intensiver, und jede einzelne Information war ein Universum für sich, dessen innerer Aufbau sich jedem Verständnis entzog.
Es gelingt, Narda!
Außerhalb des Inneren Kosmos Yggdrasils war die Veränderung noch deutlicher zu erkennen.
In die gewaltige Krone des Weltenbaumes kam raschelnde, knisternde Bewegung. Zweige und Äste hoben und senkten sich. Blätter und Borsten wiegten sich in einem imaginären Wind. Über den versteinerten Stamm rannen kalte Funken eines Feuers, das nicht versengte.
»PSI-Aktivität steigt rasch«, meldete einer der Techno-Arbiter. Er kniff die Augen zusammen, stöhnte leise. Seinen Kollegen erging es nicht anders. Die psionischen Ströme verursachten Kopfschmerzen, die rasch zunahmen. Einer der Gardentreiber schrie auf und stürzte zu Boden. Die Leuchterscheinungen gewannen weiter an Intensität. Chan de Nouille hatte längst ihren individuellen Sarym-Schirm aktiviert. Fasziniert beobachtete sie die Veränderungen. Dann drehte sie sich um und gab einem ihrer Gardisten ein unauffälliges Zeichen. Der gab sich den Anschein, als nähme er eine Neujustierung an einem der PSI-Fokussierer vor. Mandorla stand nur wenige Meter entfernt. Der Gardist veränderte den Abstrahlwinkel des Fokussierers. Mandorla gab plötzlich einen erstickten Laut von sich und sank wie in Zeitlupe zu Boden. Im gleichen Augenblick wurden all die anderen Grauen aktiv, die nur auf diesen Moment gewartet hatten. Im Schutze ihrer Sarym-Schirme stürzten sie zu ihren Geräten, veränderten die Fokussierungswinkel, erhöhten schlagartig die Dichte der psionischen Energie, in deren Zentrum sich die beiden Terranautinnen und die Gardentreiber befanden.
Die Groß-Loge löste sich innerhalb eines Sekundenbruchteils auf. Die Körper Nardas und Nayalas bäumten sich auf und erschlafften dann.
Chan de Nouille lächelte.
»Alles wie geplant«, meldete einer ihrer Garden-Wissenschaftler. »Die Bewußtseine Nardas und Nayalas und die der Grauen Treiber sind im Innern Yggdrasils gefangen.«
»Gut.« Die Baumkrone bewegte sich noch immer. Weiterhin glühten Funken am Stamm entlang.
»Ich glaube«, sagte die Große Graue langsam, »wir können mit den Experimenten zur Erzeugung eines Raum-Zeit-Stroboskops beginnen.«
*
Region GERM, Ruinen von Osnabrück, 22. September 2503, 10.12h Standardzeit
Als David erwachte, fiel sein Blick auf eine niedrige Decke, roh behauene Steine und herabbröckelnden Mörtel. Die Luft war stickig und feucht. Von rechts her bewegte sich ein Schatten in sein Gesichtsfeld: ein hochgewachsener, breit gebauter Mann, ein bärtiges Gesicht, entschlossene Züge, dunkle Augen.
»Wer … wer sind Sie?«
Irgendwo in seiner Nähe stöhnte jemand. David wollte sich umblicken, stellte dabei jedoch fest, daß er gefesselt war.
»Sind Sie überrascht?« Die Stimme war voll und kühl.
»Allerdings. Ich komme im Auftrag des Konzils.«
Der athletisch gebaute Mann lachte kurz. »Was Sie nicht sagen! Darauf wäre ich allein wahrscheinlich nie gekommen.« Die Fluoreszenzzellen in den Wänden emittierten einen nur matten Schein. Andere Schatten bewegten sich davor und kontrollierten die Anzeigen von einigen wenigen Instrumenten.
»Ich verlange, sofort freigelassen zu werden!« meldete sich eine scharfe Stimme, Queen Cynthiana. Irgendwo links von David. Der Mann lachte erneut und kümmerte sich nicht weiter um die Gardistin. Die sah die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen ein und schwieg.
»Sie haben sich verbessert, nicht wahr, David terGorden?« Die Stimme klang noch immer unbeteiligt. »Von einem Terranauten und unbarmherzigen Gegner des Konzils zum Generalmanag. Sie haben sogar Ihre eigenen Garden.« Ein anerkennendes Nicken. »Wirklich, eine erstaunliche Karriere.«
»Ich bin nicht gekommen, um Sie in eine Falle zu locken«, sagte David. Sein Hals war eine, ausgetrocknete Wüste. »Ich bin, gekommen, um den Krieg der Kasten zu verhindern. Ich habe ein Kooperationsangebot des Konzils zu unterbreiten.«
Seine innere Betäubung löste sich allmählich auf. Jetzt konnte David deutlich die warnenden Gedanken Asen-Gers vernehmen. Er ist gefährlich, David. Paß auf!
Eine Gedankensondierung versagte. Der Mann hatte
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