Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten

Graugardisten begleiten ihn.«
    Er hat also einen Aufpasser mit auf den Weg bekommen.
    David wird sich nicht so ohne weiteres übertölpeln lassen, Narda. Keine Angst.
    Warum haben wir keinen Kontakt zu ihm?
    Es sind die PSI-Fokussierer. Sie schirmen das Heilige Tal ab.
    Die beiden Drachenhexen erhoben sich. »Es wäre besser für Sie, Sie zögen sich etwas zurück«, sagte Nayala sanft, und die Große Graue nickte. »Möglicherweise kommt es zu psionischen Reflexionen.«
    Vielleicht, sandte Narda aus, als ihr plötzlich eine Idee kam, können wir während der Fokussierung einen klareren Gedanken Nouilles empfangen …
    Vielleicht …
    Im Zentralfokussierer, einem großen, trichterförmigen Gerät, dessen Abstrahlkegel exakt auf Yggdrasil ausgerichtet worden war, waren zwei Liegen untergebracht worden, auf denen es sich Narda und Nayala nun bequem machten. Die Grauen Treiber erhoben sich jetzt ebenfalls, berührten sich an den Händen und schufen so eine Groß-Loge, die von den beiden Drachenhexen kontrolliert wurde. Das damit zur Verfügung stehende psionische Reservoir war beträchtlich, gegen die einstigen Kräfte des Weltenbaums jedoch ein Nichts. Es war fragwürdig, ob die konzentrierten Energien ausreichten, um Yggdrasil so weit psionisch zu nähren, daß der Versteinerungsprozeß teilweise zurückgedrängt werden konnte. Hinzu kam ein weiteres Problem. Niemand wußte wirklich, was eigentlich zur Versteinerung geführt hatte. Die Parallelen zum versteinerten Pflanzenkonglomerat in der unterirdischen Knospen-Anlage auf dem Südkontinent Saryms, den energieabsorbierenden Kosmischen Sporen und dem ebenfalls versteinerten Weltenbaum auf der Oberfläche Rorquals waren nur rudimentäre Hinweise. Ein Schluß lag nahe: Offenbar setzte der Versteinerungsprozeß durch eine Absorption entropiebeschleunigender Energie ein. Aber was folgte daraus? Wenn dieser Prozeß nun umgekehrt wurde, wenn die Versteinerung rückgängig gemacht wurde … Wurde dann die absorbierte Kaiserkraft wieder frei? Und wenn ja … Um welche Mengen handelte es sich dabei? Möglicherweise reichten sie aus, um die Erde auseinanderbrechen zu lassen. Narda und Nayala hatten dieses Problem wiederholt diskutiert und waren doch immer wieder zum gleichen Ergebnis gekommen. Yggdrasil, die Misteln und die Informationen, die David möglicherweise von diesem Weltenbaum erhalten konnte – er war ja gewissermaßen Sohn Yggdrasils –, waren zu wichtig, als daß man eine Chance zur Wiederbelebung ungenutzt lassen konnte.
    Narda und Nayala konzentrierten sich und verschmolzen ihre beiden Egos. Das Psychokollektiv war damit vollstabil. Das psionische Reservoir der durch die Grauen Treiber gebildeten Großloge war wie ein strahlendes Leuchtfeuer in grauschwarzer Nacht.
    Die Suche nach einem Zugang ins Innere des Weltenbaums begann von neuem. Das Doppelego hatte inzwischen jedoch genügend Erfahrungen gesammelt, um rasch eine Spalte finden zu können. Waren im psionischen Draußen Yggdrasils Turbulenzen zu spüren, so war im Innern alles ruhig und still und friedlich.
    Weiter!
    Tiefer hinein in die unbekannten Regionen, in den Makrokosmos eines uralten Geschöpfes, das – wenn die Legenden der Knospen des Baumes der Tatsache entsprachen, und daran zweifelte niemand mehr – den Anfang der Zeit erlebt hatte. Und noch weitaus mehr. Die Evolution der Weltenbäume hatte irgendwo und irgendwann im Prä-Kosmos seinen Anfang genommen. Die Genetiksporen der Uralten hatten die Katastrophe, den Kollaps dieses Voruniversums, überstanden, und aus diesen Sporen waren nach dem Urknall alle pflanzlichen Wesenheiten entstanden, auch die Weltenbäume – und die Waffe der Uralten. In dieser Langen Reihe, die – ein phantastischer, kaum vorstellbarer Gedanke – möglicherweise das gesamte Universum umspannte, waren die Weltenbäume die bewußten Komponenten.
    Schwach … Gefahr nimmt zu …
    Das Doppelego verharrte. Zum ersten Mal war es gelungen, ein wenig mehr als einen Rudimentärkontakt herzustellen. Die Impulse waren kaum verständlich, wie ein fernes Flüstern, dessen Bedeutung man größtenteils nur vermuten konnte. Die diffusen Signale waren noch immer da, aber nun entzogen sie sich vollkommen dem Verständnis des Psychokollektivs. Trotz ihrer Kraftlosigkeit waren sie von einer nicht zu überblickenden Komplexität. Wie konnte David trotz dieser Unüberschaubarkeit eine Zwei-Wege-Kommunikation bewerkstelligen?
    Narda, jetzt die Gardentreiber. Das Reservoir anzapfen.